Entsorgung auf der Deponie: 15.000 Tonnen Rückbauschutt aus AKW nach Sachsen

Drei Deponien in Sachsen könnten große Mengen schwach radioaktiven Schutt aus dem Rückbau stillgelegter Atomkraftwerke aufnehmen. Der Freistaat könnte „Müllimportland“ werden, befürchten die Grünen. Es geht um 15.000 Tonnen, Atomkraftgegner kritisieren die Entsorgung auf konventionellen Deponien als „fahrlässig“.

Anti Atom Camp: Atommüllentsorgung

Anti Atom Camp: Atommüllentsorgung

Auf sächsischen Deponien können bis 2017 insgesamt 15 000 Tonnen Bauschutt aus dem Abriss von Atomkraftwerken abgelagert werden. Die entsprechenden Freigaben dafür lägen vor. So geht es aus einer Antwort des Umweltministeriums auf eine Anfrage der Grünen im Landtag Sachsen hervor.

Es handelt sich um drei Deponien: Cröbern (Landkreis Leipzig), Wetro (Landkreis Bautzen) und Grumbach (bei Dresden). Auf beiden erstgenannten Halden wurden seit 2012 jeweils bis zu 1000 Tonnen Schutt pro Jahr und Atomkraftwerk entsorgt. In Grumbach gilt die Freigabe für dieses und nächstes Jahr. Dort hatte es kürzlich Anwohner-Proteste gegeben, als die Anlieferung von Bauschutt aus dem niedersächsischen AKW Stade bekannt geworden war.

Das Umweltministerium Sachsen spielt die Gefahr herunter und gibt die Verantwortung an die Halden-Betreiber ab: diese würden entscheiden, wieviel Tonnen Atommüll sie annehmen. Zudem handle es sich um „freigemessenen“ Schutt, der so gering strahlt, dass er nicht mehr kontrolliert werden müsse. In Grumbach will der Deponiebetreiber dank der Proteste statt der geplanten 2.000 Tonnen nur noch die bereits vertraglich vereinbarten 700 Tonnen annehmen. Den Schutt aus Stade ist der Betreiber EON in Niedersachsen nicht losgeworden: Auch dort hatte es in der Umgebnung von einer Deponie Proteste gegeben, die dann zu einem Einlagerungsstopp führten.

Sachsen müsse seinen Ruf als „williges Müllimportland“ loswerden, forderte die rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Eva Jähnigen. Ansonsten drohe der Freistaat über Jahre hinweg ein Ziel von AKW-Bauschutt zu werden. Das Ministerium will sich nun dafür einsetzen, dass „der Schutt von stillgelegten Atomkraftwerken künftig im jeweiligen Ursprungs-Bundesland entsorgt wird“. Aber: Nicht, weil er etwa gefährlich ist, sondern „um lange Transportwege zu vermeiden“, erklärte ein Sprecher.

Atomkraftgegner weisen auf unkalkulierbare Risiken hin und sehen die Gefahr von dauerhafter Niedrigstrahlung verharmlost:

„Das Risiko durch geringe aber langwirkende radioaktive Strahlung ist weltweit hoch umstritten“, so Jan Becker von contrAtom. „Immer wieder wird von kritischen Wissenschaftlern eine Herabsetzung der Grenzwerte gefordert. Nur durch eine Änderung dieser Grenzwerte dürfen die AKW-Betreiber seit 2001 ihren Schutt in großem Stil als ‚freigemessen‘ kostengünstig entsorgen. Sie müssen nur das Material so lange mit nicht-strahlendem vermischen, bis die Grenzen eingehalten werden. Statt einer Endlagerung kommt die Strahlung wieder in den Stoffkreislauf – und landet in Straßen, Sportplatzbelegen oder das Metall in Alltagsgegenständen. Das ist verantwortungslos.“

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Quelle (Auszug): mz-web.de, 01.10.2014