AKW Brunsbüttel: Über 100 beschädigte Atommüllfässer
Die Zahl der stark beschädigten Atommüll-Fässer im stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel steigt weiter: Mittlerweile musste Betreiber Vattenfall zugeben, dass fast jedes dritte Fass kaputt ist. Und die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen, es können also noch mehr werden. Atomkraftgegner warnen vor anderen Lagern, in denen ebenfalls Fässer verotten können und fordern von der Bundesregierung Konsequenzen.
In den unterirdischen Lagerräumen am AKW sind bisher 335 von 631 Fässer mit einer eigens dafür gebauten Spezialkammera inspiziert worden. In einer Zwischenbilanz muss Vattenfall nun zugeben, dass 102 „stark beschädigt“ sind. Das zuständige Umweltministerium in Kiel spricht von „wanddurchdringende Korrosion“, „Austritt des Fassinhalts“ oder „losen Deckeln“. Ende September waren noch 55 von bis dahin 251 untersuchten Atommüll-Fässern als kaputt eingestuft worden. Am heutigen Freitag setzt Vattenfall die Untersuchungen der insgesamt sechs Kavernen mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen fort, zwei Lagerräume stehen noch aus. Die Arbeiten sollen bis zum Jahresende abgeschlossen werden.
Im Anschluss soll die Bergung der Fässer beginnen. Das Umweltministerium forder „so schnell wie möglich“, damit sich der Zustand der Fässer nicht „weiter verschlechtert“. Doch wie genau vor allem die stark beschädigten Fässer aus der Kavernen transportiert werden sollen, ist bislang offen. Vattenfall habe zwar ein Konzept vorgelegt, dieses müsse aber erweitert werden nachdem am Boden einer Kaverne radioaktives Inventar, das aus Fässern ausgetreten ist, gefunden wurde.
Vattenfall betonte einmal mehr, „die Kavernen sind sicher, weder für das Personal noch für die Bevölkerung besteht Gefahr“. Zuletzt hatte der Konzern die Vorfälle heruntergespielt und mit Verweis auf das Bergungskonzept die Atommüll-Fässer mit einem „Getränkekasten“ verglichen, „wo man die Flaschen am Deckel nicht mehr anheben kann“.
Atomkraftgegner wiederholen ihre Forderung nach einer umfassenden Bestandsaufnahme über die Lagerorte von Atommüll, deren Beschaffenheit und Zustand des Inventars: Eine neue Debatte über den Umgang mit den radioaktiven Hinterlassenschaften muss geführt werden und die Verantwortung nicht den Betreibern der Atomkraftwerke überlassen werden. Denn die seien nur an kostengünstigen Lösungen interessiert – nicht an der größtmöglichen Sicherheit. In der Vergangenheit waren Rostfässer auch in anderen Zwischenlagern aufgetaucht, aktuell sind Defizite in der Überwachung im Abfalllager Gorleben bekannt geworden.
„Als Konsequenz aus diesem Entsorgungsdesaster fordern wir die Bundesregierung auf, den Weiterbetrieb aller Atomanlagen sofort zu verbieten, um anschließend ein umfassendes Sicherheitskonzept für den bestehenden Atomüllberg zu erarbeiten. Es ist keine Lösung, täglich mehr Müll zu produzieren“, so Jan Becker von contrAtom.
- Einlagerungsstopp in Gorleben
10. Oktober 2014 – Feuchte Stellen im Fasslager Gorleben und abgeplatzte Farbe an einigen Atommüllfässern machte Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel bei einem Besuch in Gorleben aus. Der Grünen-Politiker und die Betreiberfirma, die Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), vereinbarten daraufhin einen Einlagerungsstopp. Atomkraftgegner fordern eine genaue Inspektion der Atommüllgebinde.
- Entsorgungsmisere im AKW Brunsbüttel: Weitere Rostfässer im Keller gefunden
21. August 2014 – Bei Untersuchungen in den unterirdischen Depots des Atomkraftwerks Brunsbüttel hat der Betreiber Vattenfall erneut teilweise erheblich beschädigte, rostige Fässer gefunden. Auch Strahlung wurde gemessen, weil Atommüll ausgetreten ist. Die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein ist alarmiert. Atomkraftgegner fordern ein umfassendes neues und sicheres Lagerkonzept und die Stilllegung der Atomanlagen.
- Rostige Atommüllfässer “passieren” in jedem Zwischenlager
2. März 2014 – Bundesweit lagern nach einer Statistik der Uni Hannover 20.000 Stahlblechfässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll in Atommeilern. Was in Brunsbüttel rostet, dürfte in anderen AKW auch rosten. Das könne in jedem Zwischenlager “passieren” meint ein Experte. Atomkraftgegner prangern die Umstände an und weisen auf ein Entsorgungsdilemma hin.
- Atommülldesaster: weitere 18 rostige Fässer im AKW Brunsbüttel gefunden
22. Februar 2014 – In den Kavernen unter dem stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel frisst sich Rost durch Fässer, in denen schwach radioaktiver Atommüll lagert. Jahrzehnte wurde der Müll nicht überwacht. Nun muss Betreiber Vattenfall vermelden, dass mindestens jedes vierte Fass in der untersuchten Lagerkammer inakzeptable Schäden aufweist. Atomkraftgegner fordern ein schlüssiges Konzept gegen das Atommülldesaster.
- Verantwortungslose Atommülllagerung: Fässer verrotten in Kavernen
20. März 2012 – Dass in der russischen Steppe Atommüll in Fässern langsam vor sich hinrottet, ist bekannt. Auch in der Asse wurde so ein Umweltkatastrophe provoziert. Nach den Entdeckungen im Kavernen-Lager im AKW Brunsbüttel und dem Fund von defekten Fässern in Neckarwestheim ist bekannt geworden, dass auch unter dem AKW Krümmel strahlende Fässer lagern. Ihr Zustand ist unbekannt. Der aktuelle Atommüllskandal reiht sich nahtlos an den verantwortungslosen Umgang mit den Stoffen in der Vergangenheit.
- Verrostete Atommüllfässer im AKW Brunsbüttel
8. März 2012 – Im stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel lagert Atommüll in verrosteten, teils bereits zersetzten Fässern. Der Konzern Vattenfall wusste offenbar seit Dezember 2011 davon, hielt die Information aber zurück.
Quelle (Auszug): dpa, spiegel.de; 9./10.10.2014