Atommülldesaster: weitere 18 rostige Fässer im AKW Brunsbüttel gefunden

In den Kavernen unter dem stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel frisst sich Rost durch Fässer, in denen schwach radioaktiver Atommüll lagert. Jahrzehnte wurde der Müll nicht überwacht. Nun muss Betreiber Vattenfall vermelden, dass mindestens jedes vierte Fass in der untersuchten Lagerkammer inakzeptable Schäden aufweist. Atomkraftgegner fordern ein schlüssiges Konzept gegen das Atommülldesaster.

AKW Brunsbüttel: Kaverneninspektion - Fass F1385 F1365; Bild: Vattenfall

AKW Brunsbüttel: Kaverneninspektion - Fass F1385 F1365; Bild: Vattenfall

In einer Kaverne des stillgelegten Atomkraftwerks Brunsbüttel sind 18 von 70 Fässern mit schwach radioaktivem Abfall von Rost befallen. Die Korrosionserscheinungen seien teils so stark, dass die Fasswand durchdrungen sei. Allerdings ist erst eine von sechs Kammern mit einem speziellen und extra nachgerüsteten Kamerasystem untersucht worden. Insgesamt lagern dort 631 Stahlfässer mit schwachradioaktivem Müll aus dem AKW-Betrieb: Verdampferkonzentrate, Filterharze und Mischabfälle aus dem Leistungsbetrieb des Reaktors. In den kommenden Monaten würden die Kavernen 1 bis 3 auf die Überprüfung vorbereitet werden, ab Juni soll die mnächste Inspektion starten. Die Kavernen 5 und 6 folgen laut Betreiber Vattenfall später.

Die Kavernen seien zwar „sicher“, meint schleswig-holsteins Umweltminister Habeck (Grüne). Doch ein Teil der Fässer sei „nicht mehr sicher handhabbar“. Nun müsse eine spezielle Bergungseinrichtung entwickelt werden, um eine radioaktive Freisetzung des Inventars zu verhindern. Habeck spricht von einem „systematischen“ Problem, Vattenfall erklärte dagegen, das Ergebnis der Inspektion liege „im Rahmen der Erwartungen“ und „die Wände der Kaverne seien in gutem Zustand“. Vattenfalls Ziel sei es, die Kavernen leer zu räumen und den Inhalt der Fässer in endlagerfähige Konrad-Gusscontainer umzufüllen, so Manager Pieter Wasmuth. Es gebe allerdings beim Hersteller GNS (Gesellschaft für Nuklear-Service) einen Auftragsstau, jetzt soll ein Kontingent an Gusscontainern, die ursprünglich für Krümmel gedacht waren, für Brunsbüttel verwendet werden.

Die Kavernen und die Fässer waren nie für eine so lange Aufbewahrung gedacht. Schon in den 1990er Jahren sollten sie aus den Kavernen unter dem AKW Brunsbüttel herausgeräumt werden. Doch das Ziel der Atommüllbehälter, Schacht Konrad, wird nach derzeitigen Planungen nicht vor 2021 in Betrieb gehen können. Im Gegenteil zweifeln Kritiker seit Jahren an der grundsätzlichen Eigung des ehemaligen Eisenerzbergwerks als Langzeit-Endlager für Atommüll.

Die nun wieder lauter werdenden Forderungen nach einer schnelleren Inbetriebnahme von Schacht Konrad sind insofern verfehlt, als dass es um etwas ganz anderes gehen muss: Die grundsätzliche Erarbeitung eines neuen Konzepts zum Umgang mit dem radioaktiven Müll. In dutzenden Zwischenlagern in ganz Deutschland lagern Unmengen von radioaktivem Abfall, für den es bis heute keine sichere Entsorgungslösung gibt. Als erster Schritt muss die Produktion von immer neuem Müll beendet – alle Atomanlagen also stillgelegt werden.

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Quellen (Auszug): spiegel.de, vattenfall.de, dpa; 19.02.2014