Einlagerungsstopp in Gorleben
Feuchte Stellen im Fasslager Gorleben und abgeplatzte Farbe an einigen Atommüllfässern machte Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel bei einem Besuch in Gorleben aus. Der Grünen-Politiker und die Betreiberfirma, die Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), vereinbarten daraufhin einen Einlagerungsstopp. Atomkraftgegner fordern eine genaue Inspektion der Atommüllgebinde.
Der Einlagerungsstopp für das Abfalllager, in das zuletzt im Juli LKWs mit Atommüllfässern gerollt sind, solle solange gelten bis Prüfungen zur Ursache von Feuchtigkeit auf dem Hallenboden abgeschlossen seien, so Wenzel. Auch im benachbarten Zwischenlager für hochradioaktiven Müll, in dem über 100 Castorbehälter stehen, sei Feuchtigkeit gefunden worden die dort nicht hingehört: es gebe einen „konstruktionsbedingten Regeneintrag“. Über die Ursache wird spekuliert: es könnten „starke Regenfälle oder Kondenswasserbildung“ sein, heisst es aus dem Ministerium.
Kurt Herzog, ehemaliger Landtagsabgeordneter und Sprecher der Kreistagsfraktion der Sozial-Oekologischen-Liste.Wendland (SOLI) ist nicht überrascht: Man habe das Thema bereits vor einigen Monaten im Atomausschuss beantragt. „Dabei wurde deutlich, dass die Kontrollen im Fasslager völlig unzureichend sind“, so Herzog.
Atomkraftgegner fordern nun eine umfassende Inspektion der Lagerhallen. Vor allem das Abfalllager für schwach- und mittelaktiven Strahlenabfall müsse „genau untersucht“ werden. Dort sind die Fässer eng gestapelt. Auf Anfrage der SOLI war zugegeben worden, dass es lediglich Sichtkontrollen gäbe von Fässern, die auch sichtbar seien. Alle anderen „würden nach dem Motto behandelt, was ich nicht sehe, sieht genauso aus wie das, was ich sehe“, berichtet Herzog.
„Es ist nur eine Sichtkontrolle der ersten Reihen möglich, aber der Zustand der Fässer im Atomkraftwerk Brunsbüttel legt die Forderung nahe, dass die Bude richtig ausgeleuchtet wird“, fordert Wolfgang Ehmke, Sprecher der BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Ein Einlagerungsstopp reiche nicht aus.
Herzog fordert ein umgehend ein völlig neues Gesamtkonzept zu entwerfen für eine umfassende, zeitlich engmaschige Überwachung aller eingelagerten Fässer. Dabei müsse schon das Lagerkonzept so gestaltet werden, dass man auch an alle Fässer herankäme.
„Abgeplatzten Lack festzustellen ist schön und gut, aber es muss deutlich mehr geprüft werden, denn schließlich gibt es an diesen Fässern keine doppelten Böden, Deckel und Wandungen“, so Herzog. Auch die Prüfung weniger Referenzfässer sei unzureichend. Ein Fass sei eben nicht wie das andere und die chemische Aggressivität der Stoffe in den Fässern sehr unterschiedlich.
Mit einer Kampagne „Atomtransporte gesucht“ hatte die BI in den letzten Monaten auf die Transporte aufmerksam gemacht. Alle reden immer nur von Castoren, doch das Gorleben durch den Umschlag großer Mengen schwach- und mittelaktiven Atommülls weiter Drehkreuz der Atomindustrie bleibt, darüber wird geschwiegen.
Der Umweltminister kündigte an, sich stärker um die Sicherheit der Lager kümmern zu wollen: Wenn bereits „nach 30 Jahren Probleme bei der Aufbewahrung des Atommülls auftreten, ist die Sorge bezüglich der vor uns liegenden längeren Zeiträume nicht unbegründet“, so Wenzel. Es müsse gewährleistet sein, „dass die Lagerung zu jedem Zeitpunkt den Sicherheitsanforderungen entspricht“.
- Heute vor 30 Jahren: Erster Atommülltransport nach Gorleben
7. Oktober 2014 – Am 8. und 9. Oktober 1984 wurden aus dem Atomkraftwerk Stade die ersten Atommüllfässer in das Zwischenlager Gorleben gebracht. Es hieß damals zum ersten Mal “Ausnahmezustand im Wendland”, erinnert sich die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V. (BI) – und kündigt anlässlich neuer Castor-Drohungen weitere Proteste an.
Quellen (Auszug): taz.de, bi-luechow-dannenberg.de, PM SOLI; 9./10.10.2014