Entsorgungsmisere im AKW Brunsbüttel: Weitere Rostfässer im Keller gefunden

Bei Untersuchungen in den unterirdischen Depots des Atomkraftwerks Brunsbüttel hat der Betreiber Vattenfall erneut teilweise erheblich beschädigte, rostige Fässer gefunden. Auch Strahlung wurde gemessen, weil Atommüll ausgetreten ist. Die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein ist alarmiert. Atomkraftgegner fordern ein umfassendes neues und sicheres Lagerkonzept und die Stilllegung der Atomanlagen.

AKW Brunsbüttel: Nicht geschlossener Deckel eines Atommüllfasses, Bild: Vattenfall

AKW Brunsbüttel: Nicht geschlossener Deckel eines Atommüllfasses, Bild: Vattenfall

Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne) spricht von einem „desaströsen Zustand“, in dem sich die Fässer mit schwach- und mittelaktiven Atomabfällen in den Kavernen des abgeschalteten AKW befinden. Sie seien durchgerostet und beginnen sich aufzulösen. Erstmals ist offenbar auch Atommüll ausgetreten.

Gestern hatte Betreiber Vattenfall bei der von der Atomaufsicht angeordneten Untersuchung mit einer Spezialkamera zehn weitere Fässer gefunden, die teilweise so stark beschädigt sind, dass Flüssigkeit ausgetreten ist. Neben Korrosion und Lackschäden seien auch Ablaufspuren und Ablagerungen am Fassmantel festgestellt worden und der Deckel eines Fasses sei nicht fest mit dem Spannring verbunden. Laut Energiewendeminister Habeck ist am Kavernenboden eine breiige Masse mit dem radioaktiven Stoff Cäsium 137 festgestellt worden.

Unter dem Meiler an der Elbe befinden sich sechs Betonkeller, in denen seit den 80er Jahren Atomfässer mit Müll aus dem AKW-Betrieb eingelagert wurde. Bis heute sind es insgesamt 631 Fässer, von denen zahlreiche geborgen und neu verpackt werden müssen. Dafür muss Betreiber Vattenfall allerdings erst eine Spezialtechnik entwickeln – das heisst, nicht ein Fass konnte bereits geborgen werden.

Im Februar hatte Vattenfall eine Technik vorgestellt, mit der die großteils intakten Fässer aus den Kavernen gehoben werden können. Dieses Verfahren ist aber nicht geeignet, um ausgelaufenen Atomüll zu bergen, meint Habeck – und fordert nun schnelles Handeln.

Im März 2012 war ein erstes rostiges Fass gefunden worden und sorgte für Schlagzeilen. Vattenfall hatte die Informationen monatelang zurückgehalten. Auch in anderen AKW wurden daraufhin Untersuchungen gemacht – und Rostfässer gefunden.

Atomkraftgegner fordern erneut ein umfassendes neues Konzept für die Lagerung von Atommüll. Weil es auch für den schwach- und mittelaktiven Atommüll keine Endlagerlösung gibt, müssen die Behälter viel länger als damals geplant in den Zwischenlagern bleiben. Dafür sind die Fässer nicht gemacht, wie die Funde in Brunsbüttel belegen. Ursprünglich wollten die Betreiber all diesen Müll in das Endlager Konrad bei Salzgitter bringen, doch die technischen Probleme und Zweifel an einer Eignung des alten Eisenerzbergwerks für eine sichere Langzeitlagerung wachsen.

„In Brunsbüttel offenbart sich die Entsorgungsmisere der Atomindustrie“, so Jan Becker von contrAtom. „Es gibt kein sicheres Endlager, auch für schwach- und mittelaktiven Müll nicht. Als Konsequenz aus diesem Desaster fordern wir die Bundesregierung auf, den Weiterbetrieb aller Atomanlagen sofort zu verbieten, um anschließend ein umfassendes Sicherheitskonzept für den bestehenden Atomüllberg zu erarbeiten. Es ist keine Lösung, täglich mehr Müll zu produzieren.“

  • Rostige Atommüllfässer “passieren” in jedem Zwischenlager
    2. März 2014 – Bundesweit lagern nach einer Statistik der Uni Hannover 20.000 Stahlblechfässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll in Atommeilern. Was in Brunsbüttel rostet, dürfte in anderen AKW auch rosten. Das könne in jedem Zwischenlager “passieren” meint ein Experte. Atomkraftgegner prangern die Umstände an und weisen auf ein Entsorgungsdilemma hin.
  • Atommülldesaster: weitere 18 rostige Fässer im AKW Brunsbüttel gefunden
    22. Februar 2014 – In den Kavernen unter dem stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel frisst sich Rost durch Fässer, in denen schwach radioaktiver Atommüll lagert. Jahrzehnte wurde der Müll nicht überwacht. Nun muss Betreiber Vattenfall vermelden, dass mindestens jedes vierte Fass in der untersuchten Lagerkammer inakzeptable Schäden aufweist. Atomkraftgegner fordern ein schlüssiges Konzept gegen das Atommülldesaster.
  • Verantwortungslose Atommülllagerung: Fässer verrotten in Kavernen
    20. März 2012 – Dass in der russischen Steppe Atommüll in Fässern langsam vor sich hinrottet, ist bekannt. Auch in der Asse wurde so ein Umweltkatastrophe provoziert. Nach den Entdeckungen im Kavernen-Lager im AKW Brunsbüttel und dem Fund von defekten Fässern in Neckarwestheim ist bekannt geworden, dass auch unter dem AKW Krümmel strahlende Fässer lagern. Ihr Zustand ist unbekannt. Der aktuelle Atommüllskandal reiht sich nahtlos an den verantwortungslosen Umgang mit den Stoffen in der Vergangenheit.
  • Verrostete Atommüllfässer im AKW Brunsbüttel
    8. März 2012 – Im stillgelegten Atomkraftwerk Brunsbüttel lagert Atommüll in verrosteten, teils bereits zersetzten Fässern. Der Konzern Vattenfall wusste offenbar seit Dezember 2011 davon, hielt die Information aber zurück.

Quelle (Auszug): Atomaufsicht SH, dpa, handelsblatt.de, vattenfall.de, ndr.de; 20./21.8.2014