Bundesrat lehnt strengere Regeln für AKW-Rückbau ab

Der Bundesrat hat einen Antrag abgelehnt, die Regeln für Rückbau von Atomkraftwerken zu verschärfen. Das Land Schleswig-Holstein hatte den Vorstoss gemacht, weil bislang abgeschaltete Anlagen für Jahrzehnte nicht rückgebaut werden müssen. Atomkraftgegner weisen auf weitere Risiken hin.

Nach Willen des Landes, in dem die AKW Brunsbüttel und Krümmel seit 2007 abgeschaltet sind und seit 2011 offiziell keine Betriebsgenehmigung mehr besitzen, sollten die Regeln im Atomgesetz für den Rückbau stillgelegter AKW strenger gefasst werden: Das geltende Recht enthalte keine expliziten Festlegungen, in welchem Zeitrahmen Betreiber Stilllegungsanträge stellen und eine Stilllegung abwickeln müssen. Daher sei es möglich, eine Anlage nicht abzubauen, sondern für viele Jahre in den sogenannten „sicheren Einschluss“ zu überführen.

Es liegt allein bei der Entscheidung des Betreibers, wie er verfährt: Nach dem Atomgesetz darf er entscheiden, ob es die Atomkraftwerke in 15 bis 20 Jahren bis zur grünen Wiese zurückbaut oder sie über mehrere Jahrzehnte einmauert und erst dann abreißt.

  • Zum Beispiel der Biblis-Betreiber RWE hatte Pläne, die beiden Meiler für Jahrzehnte zuzumauern.

„Sicherer Einschluss“ bedeutet, dass nach der Entnahme der Brennelemente aus dem Reaktor die stark strahlenden Anlagenteileund Großkomponenten (Reaktordruckbehälter, Dampferzeuger) versiegelt werden und über Jahrzehnte vor dem eigentlichen Rückbau an Strahlung verlieren sollen. Im Gegensatz wird bei einem direkten Rückbau nach Erteilung der Stilllegungsgenehmigung mit der Abriss des Meilers bis zur „Grünen Wiese“ begonnen.

  • Der „sichere Einschluss“ suggeriert Sicherheit, verschiebt aber das Entsorgungsproblem auf Folgegenerationen. Wer in Jahrzehnten die Kosten tragen wird, ist bei ungewisser wirtschaftlicher Situation der Energiekonzerne auch fraglich.

Verbaut, verschweißt, vergessen: Wie lange dieser “sichere EInschluss dauern kann, zeigt das Atomkraftwerk THTR-300 in Hamm-Uentrop. Der Meiler war nur etwa ein Jahr in Betrieb, wurde am 20.04.1988 endgültig stillgelegt. Frühestens 2027 kann der Reaktor aufgemeißelt und abgerissen werden – wenn es bis dahin ein Endlager gibt. Der stillgelegte Prototyp kostet noch immer 6,5 Millionen Euro im Jahr. Eine abschließende Regelung zur Finanzierung des Rückbaus und die Entsorgung sind ungeklärt.

Atomkraftgegner weisen zudem auf Risken hin, die beim Rückbau der AKW entstehen: hunderte Tonnen belasteter Schrott wird „freigemessen“ und als Wertstoff wieder in den Umlauf gebracht. Dabei müssen lediglich geltende Grenzwerte unterschritten werden – deren festgelegte Höhe allerdings höchst umstritten ist. Denn in der Medizin ist unklar, inwieweit schon geringe Strahlung Schädigungen im menschlichen Körper bzw. in Folgegenerationen hervorrufen kann.

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Quelle (Auszug): dpa, 14.12.2012