AKW Biblis soll für Jahrzehnte zugemauert werden

RWE plant das Atomkraftwerk Biblis für Jahrzehnte zuzumauern und nicht abzubauen. „Sicherer Einschluss“ ist diese Entsorgungsvariante, die das Problem auf die nächsten Generationen abwälzt. Atomkraftgegner werfen dem Konzern Versagen vor.

Der Energiekonzern RWE erwägt, das stillgelegte Atomkraftwerk Biblis in Südhessen für mehrere Jahrzehnte zu versiegeln und erst danach mit dem eigentlichen Rückbau anzufangen. Vorstandsmitglied Gerd Jäger sagte am Montagabend vor Journalisten, der Energiekonzern wolle innerhalb der kommenden Monate entscheiden, in welcher Form der Rückbau des Atomkraftwerks in Biblis vonstattengeht. „Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung“, sagte das für die Unternehmenssparte RWE Power zuständige Vorstandsmitglied anlässlich der 64. Kraftwerksgespräche am Standort Biblis.

„Sicherer Einschluss“ bedeutet, dass nach der Entnahme der Brennelemente aus dem Reaktor die stark strahlenden Anlagenteileund Großkomponenten (Reaktordruckbehälter, Dampferzeuger) versiegelt werden und über Jahrzehnte vor dem eigentlichen Rückbau an Strahlung verlieren sollen. Im Gegensatz wird bei einem direkten Rückbau nach Erteilung der Stilllegungsgenehmigung mit der Abriss des Meilers bis zur „Grünen Wiese“ begonnen.

Atomkraftgegner sind über diese Verzögerungstaktik empört.

„Es darf nicht sein, dass jetzt in Deutschland Atomruinen für die Ewigkeit bleiben. RWE zieht sich mit deratigen Plänen aus der Verantwortung – und hinterlässt den folgenden Generationen ihren Müllberg. Offenbar mangelt es RWE an Kapital, so sollen die enormen Kosten für die endgültige Beseitigung der zwei Reaktoren umgangen werden“, so Jan Becker von contrAtom. „Grundsätzlich muss die Sicherheit aller Beteiligten an erster Stelle stehen – und deshalb muss der Abbau des Reaktors mit dem Entfernen der Brennstäbe sofort begonnen werden.“

Verbaut, verschweißt, vergessen. Wie lange dieser „sichere EInschluss dauern kann, zeigt das Atomkraftwerk THTR-300 in Hamm-Uentrop. Der Meiler war nur etwa ein Jahr in Betrieb, wurde am 20.04.1988 endgültig stillgelegt. Frühestens 2027 kann der Reaktor aufgemeißelt und abgerissen werden – wenn es bis dahin ein Endlager gibt. Der stillgelegte Prototyp kostet noch immer 6,5 Millionen Euro im Jahr. Eine abschließende Regelung zur Finanzierung des Rückbaus und die Entsorgung sind ungeklärt.

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Quelle (Auszug): fr-online.de, taz.de, de.wikipedia.org; 22.11.2011