Endlagersuchgesetz zu mehr als 50% gescheitert – Weil droht mit Veto

Das Endlagersuchgesetz steht auf der Kippe: schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD) meint, die „Chance für ein Scheitern des Gesetzes ist größer als 50 Prozent“. Grund ist der Streit um die Castorbehälter aus England und Frankreich, die kein Bundesland haben will. Niedersachsens Ministerpräsident Weil will die Einlagerung in Unterweser verhindern.

Gorleben Endlager Standortauswahlgesetz

Gorleben Endlager Standortauswahlgesetz

Bundesumweltminister Altmaier war stolz auf seinen „überparteilichen Konsens“, mit dessen Hilfe die Suche nach einem Atommüllendlager ganz vor vorn und auf einer „weissen Landkarte“ beginnen sollte. Doch nun wollen die SPD-regierten Bundesländer dem Vorhaben nur zustimmen, wenn Altmaier drei konkrete Standorte benennt, an denen Castor-Behälter nach dem vereinbarten Aus für Gorleben künftig zwischengelagert werden. Eine Formulierung, „ein Teil der Castoren geht nach Brunsbüttel, ein Teil nach Philippsburg, und den Rest werden wir irgendwie lösen“ sei nicht zustimmungsfähig, so Albig, der die Position der SPD-Länder koordiniert. Die Unionsländer Hessen und Bayern lehnen eine Zwischenlagerung auf ihrem Gebiet kategorisch ab.

Wenigstens der Zeitplan sei aber in Gefahr, so Albig. „Wenn nicht endlich etwas passiert, wird das Endlagersuchgesetz nach der Bundestagswahl beschlossen und nicht vorher“, sagte der SPD-Politiker der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. In den vergangenen 6 Wochen habe die Bundesregierung keinerlei Bemühungen gezeigt, die Probleme zu lösen. Nach den Vorstellungen von Umweltminister Peter Altmaier (CDU) soll der Bundestag das Vorhaben Mitte Juni abnicken, Anfang Juli dann soll die Länderkammer die neue Suche nach einem Endlager beschließen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) stellte klar, dass kein Standort in Niedersachsen in Frage käme: „Dazu sage ich definitiv Nein“, betonte Weil am Rande der Bundesratssitzung zum neuen Atommüllendlager-Suchgesetz laut nwzonline.de. Eine Zwischenlagerung am niedersächsischen Atomkraftwerk Unterweser und weitere Castor-Transporte nach Gorleben dürfe es nicht geben, so Weil. Niedersachsen trage mit der Asse und Gorleben schon jetzt „einen weit überproportionalen Anteil der atomaren Last“, jetzt seien „andere Länder dran“.

Sollte es keine vorherige Festlegung auf bestimmte Zwischenlager für die Castoren geben, droht Weil mit einem Nein Niedersachsens in der Länderkammer zum geplanten Gesetz. Allerdings wolle er den historischen Kompromiss zum Endlager-Suchgesetz vom April zwischen Bund und Ländern „nicht scheitern lassen“, sondern sei im Prinzip bereit, „noch vor dem Sommer zuzustimmen“.

Anfang kommender Woche will sich Altmaier laut nwzonline.de mit den Vorstandsvorsitzenden der vier großen Energiekonzerne treffen, um über die Zwischenlagerfrage zu verhandeln. Seiner Ansicht nach sollten alle 26 im Ausland noch verbliebenen Castoren an einen einzigen Standort gebracht werden.

Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) meint hingegen, die Castoren-Frage müsse „ein politischer Vorgang“ sein, der „auf eine gesellschaftliche Mehrheit angewiesen“ sei. Schleswig-Holstein sei bereit, Teil einer größeren Verantwortungsgemeinschaft zu sein. Diese Bereitschaft „bricht sofort weg, sollten wir das Gefühl haben: Wir sind die Dummen“, so Habeck im Interview mit der „Zeit“. „Bei der Zwischenlagerungsfrage kann es nicht sein, dass ein Land alles trägt“.

Atomkraftgegner erneuern ihre Kritik an dem Gesetz:

„Im Affentempo wird das Gesetz durchgezogen, nicht einmal die Frage ist geklärt, wo die 26 Castoren aus La Hague und Sellafield, die nicht mehr nach Gorleben sollen, bleiben“, sagte der BI-Vorsitzende Martin Donat.

Mit einer Petition will die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg wesentliche Korrekturen des Endlagersuchgesetzes anmahnen. Die Petition wird am Montag während der Anhörung von Experten vor dem Umweltausschuss des Deutschen Bundestages überreicht. Über 6.000 Unterzeichner_innen fordern eine umfassende Debatte der Fehler, die in der Atommüllpolitik zu der Havarie der Asse II und dem Ausbau des Endlagerbergwerks in Gorleben geführt haben, und eine stärkere Beteiligung der Zivilgesellschaft bei dem angeblichen Neustart der Endlagesuche. Sie setzen sich ausdrücklich auch gegen Atommüllexporte und –importe ein.

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Quellen (Auszug): dpa, nwzonline.de, bi-luechow-dannenberg.de, spiegel.de, zeit.de; 07./08.06.2013