AREVA: Atomare Geschäfte laufen schlecht – neue AKW sind Milliardengräber

Dem französischem AKW-Ausrüster Areva bricht das Geschäft weg. Wartungsarbeiten im Heimatland und Neubauten von Atomkraftwerken im Ausland würden verschoben. Der Prestigemeiler EPR wird zum Milliardengrab. Atomkraftgegner kritisieren die Geschäftspraktiken des Konzerns.

25.07.2013 - Blockade in Lingen, Foto: Pay Numrich

25.07.2013 - Blockade in Lingen, Foto: Pay Numrich

Angesichts schwindender Aufträge musste der Konzern am Freitag einen Sparkurs bekannt geben, die Jahresprognose wurde korrigiert. Vor allem das Geschäft mit Nukleartechnik laufe schlecht, hieß es laut Reuters. Auch in Deutschland müssten Stellen gestrichen werden, bis Ende 2015 will der Konzern insgesamt 1.500 Arbeitsplätze einsparen. Im ersten Halbjahr soll der Verlust fast 700 Millionen Euro betragen, der Umsatz fiel um rund 12 Prozent. Statt wie bisher angekündigt von fünf Prozent geht Vorstandschef Luc Oursel nun von einem Umsatzminus von 10 Prozent aus. Im folgenden Jahr solle es dann aber wieder bergauf gehen.

Im finnischen Olkiluoto erlebt Areva mit seinem „Europäischen Druckwasserreaktor“ EPR seit Jahren ein Milliardendebakel. Eigentlich sollte dieser Reaktortyp dem Unternehmen zum weltweiten Durchbruch verhelfen, doch auf den wenigen Baustellen häufen sich die Pannen, die Zeitpläne müssen immer wieder korrigiert werden und die Kosten wachsen. Laut des Betreibers wird das Kraftwerk nicht vor 2016 ans Netz gehen. Geplant war 2014. Der Aufwand ist von 3 auf mehr als 8 Milliarden Euro gestiegen. Auf der vergleichbaren Baustelle im französischen Flamanvillebahnt sich ebenfalls ein fiannzielles Desaster an: Statt den anfangs veranschlagten 3,3 Milliarden Euro bezifferte der französische Energiekonzern EdF die Kosten Ende 2012 auf mindestens 8,5 Milliarden.

Schon in den letzten Jahren musste Areva immer wieder Verluste und Rückschläge einfahren. Das Unternehmen verschließt sich durch das Festhalten an der Dinosauriertechnologie Atomkraft der Zukunft. Zuletzt war ein AKW-Projekt in Tschechien gekippt worden, weil der Staat keine Subventionen für den Bau neuer AKW bereitstellen will. Auch in England ist ein Neubau hoch umstritten, weil er sich ohne staatliche Zuschüsse nicht rechnet.

AREVA engagiert sich weltweit in allen Bereichen der Atomindustrie: Auf die Geschäftsbereiche der Nukleartechnik entfielen im Jahr 2009 98 Prozent des Konzernumsatzes. Im Norden des westafrikanischen Niger fördert AREVA seit 1968 mehr als 100.000 Tonnen Uran. Der Konzern ist der größte Arbeitgeber im Land, die Uranmine die größte weltweit. Rund um die Städte Arlit und Akokan sollen sich mittlerweile ca. 35 Millionen Tonnen Abraum türmen, jährlich sollen einige 100.000 Tonnen hinzukommen. Die Arbeiter erhalten keine oder nur unzureichende Schutzausrüstung, das Trinwasser in der Region ist zum Teil erheblich radioaktiv belastetet. Eine Sandprobe aus der Nähe der Mine in Akokan enthielt 100-mal mehr radioaktive Stoffe als normaler Sand. In den Straßen von Akokan war die Strahlung 500-mal höher als normal. Von fünf Wasserproben lagen vier über den Richtwerten der Weltgesundheitsorganisation für Uran. AREVA bestreitet diese Tatsachen.

Etwa 30 Prozent des Umsatzes macht der Konzern mit der Urananreicherung und der Herstellung von Brennelementen. Etwa 20 Prozent entfallen auf Brennstoffaufarbeitung, Logistik und Rückbau. Aus der von AREVA betriebenen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague werden täglich 400 Kubikmeter radioaktives Abwasser genehmigt in den Ärmelkanal eingeleitet.

Im indischen Jaitapur will der französische Konzern Areva mitten im Erdbebengebiet das weltgrößte AKW bauen. Jaitapur liegt in einer seismologisch kritischen Zone der Kategorie IV. Das bedeutet, dass hier Erdbeben bis Stärke 7 auf der Richterskala für möglich gehalten werden. Gegner des Projekts werden schikaniert und verfolgt. AREVA hält trotz allen Bedenken an den Plänen, innerhalb des “Biodiversitätszentrums” sechs 1 650-Megawatt-Reaktoren zu bauen, fest. Ca. 40.000 Menschen sind in ihrer Lebensgrundlage betroffen.

Der Geschäftsbereich Erneuerbare Energien lag 2009 bei rund 2 Prozent des Konzernumsatzes. Aktuell trennt sich Areva von der Sonnenenergie-Sparte.

Atomkraftgegner kritisieren die Geschäftspraktiken des Konzerns:

„AREVA geht über Leichen: Gesundheitsgefahren werden zugunsten des Profits bewusst in Kauf genommen. Menschen werden vertrieben und ganze Landschaften zerstört. Die produzierten Brennstäbe sorgen für den reibungslosen Weiterbetrieb der AKW weltweit und die ‘Entsorgungs’anlagen verseuchen die Weltmeere. Unternehmen mit solcher kriminellen Energie gehören geächtet. Da AREVA auch in Deutschland Standorte hat, ist die Bundesregierung in der Verantwortung, den Geschäftspraktiken Einhalt zu gebieten“, so Jan Becker von contrAtom.

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Quelle (Auszug): tt.com/reuters; 02.08.2014