Atomkonzern Areva fährt Milliardenverlust ein

Auch AREVA kommt an Fukushima nicht vorbei: Tiefrote Zahlen für Europas größten Atomkonzern. Das französische Unternehmen hat einen Verlust von 2,4 Milliarden Euro in 2011 bekanntgegeben. Areva engagiert sich weltweit im Bau von AKW, Uranabbau, Herstellung von Brennstäben und Atommüllentsorgung. Atomkraftgegner kritisieren die Praktiken des Konzerns in allen Geschäftsfeldern.

Es war auch Fukushima, das dem Atomkonzern einen kräftigen Dämpfer verpasste. Auslöser war vor allem aber eine Wertberichtigung auf Uranminen-Projekte des 2007 gekauften Unternehmens UraMin in Höhe von knapp 1,5 Milliarden Euro. Weitere Abschreibungen in Höhe von rund 600 Millionen Euro mussten unter anderem in der Chemie- und Anreicherungssparte vorgenommen werden. Der Umsatz sank um 2,6 Prozent auf 8,9 Milliarden Euro. Rund eine Milliarde Euro kostete Areva der Ausstieg von Siemens aus dem ehemals gemeinsamen Unternehmen Areva NP. Der deutsche Industriekonzern musste Areva zwar wegen der abrupten Vertragsauflösung eine Strafe in Höhe 648 Millionen Euro zahlen, die Franzosen legten allerdings 1,68 Milliarden Euro für den Anteilsrückkauf hin. 2010 hatte Areva noch einen Gewinn von 883 Millionen Euro verbucht. Dies ging allerdings auf einen hohen Sondergewinn durch den Verkauf der Tochter Transmission & Distribution zurück.

  • Wie die deutschen Energiekonzerne macht auch AREVA den deutschen Atomausstieg verantwortlich für ein umfassendes Sparpaket, in dessen Folge in Deutschland bis zu 1.500 Stellen wegfallen sollen. Der Hauptsitz in Deutschland befindet sich in Erlangen bei Nürnberg. Weitere Standorte gibt es in Karlstein, Offenbach, Duisburg und Lingen.

AREVA engagiert sich weltweit in allen Bereichen der Atomindustrie: Auf die Geschäftsbereiche der Nukleartechnik entfielen im Jahr 2009 98 Prozent des Konzernumsatzes. Probleme bei AREVA sind allerdings nichts Neues: In Finnland hat sich das Unternehmen gemeinsam mit Siemens heftig verspekuliert. Der „Europäische Druckwasserreaktor“, der AREVA eigentlich den internationalen Durchbruch im Atomgeschäft bringen sollte, wird immer teurer und die Inbetriebnahme muss immer wieder verschoben werden. Allein hier muss AREVA Verluste in Höhe von 2,7 Milliarden Euro verzeichnen.

Auch Uranminen, die das Unternehmen erst 2007 erworben hatte, lieferten geringere Erträge als erwartet. AREVA erkundet und betreibt Uranabbau in Namibia und Südafrika. Auch im Norden des westafrikanischen Niger fördert AREVA seit 1968 mehr als 100.000 Tonnen Uran. Der Konzern ist der größte Arbeitgeber im Land, die Uranmine die größte weltweit. Rund um die Städte Arlit und Akokan sollen sich mittlerweile ca. 35 Millionen Tonnen Abraum türmen, jährlich sollen einige 100.000 Tonnen hinzukommen. Die Arbeiter erhalten keine oder nur unzureichende Schutzausrüstung, das Trinwasser in der Region ist zum Teil erheblich radioaktiv belastetet. Eine Sandprobe aus der Nähe der Mine in Akokan enthielt 100-mal mehr radioaktive Stoffe als normaler Sand. In den Straßen von Akokan war die Strahlung 500-mal höher als normal. Von fünf Wasserproben lagen vier über den Richtwerten der Weltgesundheitsorganisation für Uran. AREVA bestreitet diese Tatsachen.

Etwa 30 Prozent des Umsatzes macht der Konzern mit der Urananreicherung und der Herstellung von Brennelementen. Etwa 20 Prozent entfallen auf Brennstoffaufarbeitung, Logistik und Rückbau. Aus der von AREVA betriebenen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague werden täglich 400 Kubikmeter radioaktives Abwasser genehmigt in den Ärmelkanal eingeleitet.

  • Der Geschäftsbereich Erneuerbare Energien lag 2009 bei rund 2 Prozent des Konzernumsatzes.

Im indischen Jaitapur will der französische Konzern Areva mitten im Erdbebengebiet das weltgrößte AKW bauen. Jaitapur liegt in einer seismologisch kritischen Zone der Kategorie IV. Das bedeutet, dass hier Erdbeben bis Stärke 7 auf der Richterskala für möglich gehalten werden. Gegner des Projekts werden schikaniert und verfolgt. AREVA hält trotz allen Bedenken an den Plänen, innerhalb des „Biodiversitätszentrums“ sechs 1 650-Megawatt-Reaktoren zu bauen, fest. Ca. 40 000 Menschen sind in ihrer Lebensgrundlage betroffen.

Atomkraftgegner kritisieren die Geschäftspraktiken des Konzerns:

„AREVA geht über Leichen: Gesundheitsgefahren werden zugunsten des Profits bewusst in Kauf genommen. Menschen werden vertrieben und ganze Landschaften zerstört. Die produzierten Brennstäbe sorgen für den reibungslosen Weiterbetrieb der AKW weltweit und die ‚Entsorgungs’anlagen verseuchen die Weltmeere. Unternehmen mit solcher kriminellen Energie gehören geächtet. Da AREVA auch in Deutschland Standorte hat, ist die Bundesregierung in der Verantwortung, den Geschäftspraktiken Einhalt zu gebieten“, so Jan Becker von contrAtom.

  • Mit Atomkonzerne geht es bergab
    12. Dezember 2011 – Atomkraftgegner haben das Ende der Technologie lange voraus gesagt. Mit Fukushima geht es nun mit den großen Energiekonzernen steil bergab. Zwar sind viele Arbeitsplätze in Gefahr – das als Argument für einen Weiterbetrieb der Atomindustrie darf aber nicht geltend gemacht werden. Die Zeichen stehen auf Wandel, meinen Atomkraftgegner.
  • Atomausstieg? Die Wahrheit Teil 13: Uran für deutsche AKW zerstört Lebensgrundlagen
    6. Juli 2011 – Deutschland steigt aus. Bis 2022 sollen in einem Stufenplan alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden, das erste bereits 2015. Schwarz/gelb feiert das eigene Einknicken im Fortbestand der Atomenergie als Erfolg, rot/grün stimmt mit dem Argument “alternativlos” zu. Doch der Brennstoff für deutsche Atomkraftwerke zerstört in den Herkunftsländern die Zivilisation und Umwelt.
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    19. April 2011 – Die indische Polizei hat bei Protesten gegen den Bau eines Atomkraftwerks des französischen Konzerns Areva in Jaitapur an der Westküste einen 30-jährigen Demonstranten erschossen.
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    7. April 2011 – Die Staatsanwaltschaft wirft Ex-Mitarbeitern der Atomenergiefirmen AREVA und Siemens Schmiergeldzahlungen vor. Offenbar gab es ein umfangreiches System schwarzer Kassen. Nun wurde der AREVA-Firmensitz in Erlangen durchsucht.

Quellen (Auszug): suedkurier.de, handelsblatt.com; 04.03.2012