Duisburg & Braunschweig: Atommüllfirmen in der Defensive

Die Braunschweiger Firma Eckert & Ziegler will ihr Kompetenzzentrum für die Entsorgung von Strahlenmüll schließen. In Duisburg macht die GNS ihren Standort, an dem Atommüll verarbeitet wird, dicht. An beiden Standorten protestieren immer wieder Atomkraftgegner.

Demo in Braunschweig, Sept. 2013; Bild: publixviewing

Demo in Braunschweig, Sept. 2013; Bild: publixviewing

Zuletzt hatten eine Woche vor der Bundestagswahl etwa 2.000 Menschen die Atomfabrik in Braunschweig-Thune aus Protest mit einer Menschenkette umschlossen. Am Zaun des Geländes, das unweit von Schule und Kindergarten in einem Wohngebiet liegt, hatten Aktivisten der Bürgerinitiative Strahlenschutz (BISS) die deutschlandweite höchsten Strahlungswerte unter freiem Himmeln gemessen. Eckert & Ziegler verarbeitet schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus Medizin und Forschung und wollte verstärkt durch die Annahme von Atommüll aus dem havarierten Endlager Asse-2 und auch aus dem Abriss von Atomkraftwerken neue Geschäftfelder erschliessen. Das ist auch dank der Proteste von Atomkraftgegnern misslungen: die „Umsatz- und Ertragssteigerungen, die sich mit dem Ausweis eines eigenständigen Entsorgungssegments verbanden, haben sich in den letzten Jahren nicht erfüllt“, so Unternehmenssprecherin Karolin Riehle in der „tageszeitung“ (taz). Es handele sich um eine „wirtschaftliche Erwägungen“, man wolle nun „die Konsequenzen daraus zu ziehen und die tatsächlichen Expansions- und Hauptarbeitsfelder der Gruppe, die Herstellung von Medikamenten und medizintechnischen Geräten, bei der Berichterstattung in den Vordergrund zu rücken“.

Die Entsorgung von Atommüll ist für Thune allerdings nicht vom Tisch. Auch bleibt noch offen, ob die Pläne um den Asse- und AKW-Müll weiter verfolgt werden: DIe Firma will weiter pharmazeutische, medizin- und messtechnische Isotopenprodukte herstellen. Die Rücknahme von strahlendem Abfall und dessen Recycling werden „in die Produktionseinheiten integriert“, so Riehle in der taz. Auch der Bau einer neuen Halle für Strahlenmüll werde weiter verfolgt. Einer der wesentlichen Streitpunkte, auch vor Gericht. Zur Zeit prüft das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg den Fall.

„Praktisch ändert sich gar nichts“, fasst Thomas Huk, Vorsitzender der BISS zusammen. „Die wollen damit doch nur Druck aus dem Kessel nehmen.“ Schließlich werde weiterhin neben Schulen, Kindergärten und Wohnhäusern mit zahlreichen radioaktiven Stoffen hantiert.

In der (scheinbaren) Defensive ist die Atomlobby auch am Standort Duisburg-Wanheim, wo von der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) seit 1985 ebenfalls schwach- und mittelaktiver Atommüll konditioniert wird. Bis 2025 will die Firma, die auch wegen der Nähe zu Wohnbebauung und vieler Atomtransporte in der Kritik ist, ihren Standort schließen. Die Verarbeitung von Atommüll müsste bis 2022 eingestellt werden. Durch die „schrittweise Abschaltung deutscher Kernkraftwerke geht der Anfall an Betriebsabfällen, wie sie in der Betriebsstätte Duisburg der GNS verarbeitet werden, zurück“, begründete die GNS diese Überlegung. Parallel würden aber an den AKW neue Kapazitäten zur Verarbeitung der Rückbauabfälle geschaffen.

Das örtliche Antiatom-Bündnis Niederrhein reagiert auch hier zurückhaltend auf die Ankündigung: Man begrüße diese „Trendwende“ prinzipiell, sehe aber insbesondere die lange Zeit von nahezu 10 Jahren kritisch.

„Schön dass es diese Wendung gibt und dass die Politik und das Unternehmen auf unsere Bedenken endlich reagiert. Aber mehr als ein Licht am Ende des Tunnels ist dies nicht. Ein Ausstieg aus diesem Ausstieg ist noch auf Jahre jederzeit möglich“, so Michael Zerkübel vom Antiatom-Bündnis.

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Quellen (Auszug): taz.de, gns.de, xtranews.de; 12./13./19.12.2013