134.000 Unterschriften gegen Hermesbürgschaften

Die parlamentarische Sommerpause in Berlin nutzt die FDP dieses Jahr für eine sogenannte Deutschlandtour. Dabei stehen zum Teil auch Spitzenpolitiker/innen der Bevölkerung Rede und Antwort. In Heidelberg war gestern Entwicklungshilfeminister Niebel zu Gast und bekam über 134.000 Unterschriften gegen eine Exportbürgschaft zum Bau des brasilianischen AKWs Angra 3 überreicht.

„Wenn die Regierung den nach dem GAU in Fukushima beschlossenen Atomausstieg wirklich ernst meint, darf sie auch nicht länger das tödliche Atomrisiko exportieren“, so Fritz Mielert von campact. „Es ist schizophren, hierzulande aus der Atomkraft auszusteigen und gleichzeitig den Bau von Atomreaktoren in Brasilien, China, Indien, Finnland und Großbritannien mit Hermes-Bürgschaften zu fördern. Gleichzeitig sind viele der in Schwellenländern geplanten Meiler weit von westeuropäischen Sicherheitsstandards entfernt.“

02.08.2012: Übergabe von 134.000 Unterschriften an Entwicklungshilfeminister Niebel; Foto: Jens Volle / campact

02.08.2012: Übergabe von 134.000 Unterschriften an Entwicklungshilfeminister Niebel; Foto: Jens Volle / campact

Bisher hat die Bundesregierung lediglich eine Grundsatzzusage für eine 1,3-Milliarden-Bürgschaft erteilt – die eigentliche Bürgschaft steht noch aus. Diese Zusage wird im halbjährlichen Turnus verlängert, da sich die verantwortlichen Minister bisher um eine Entscheidung drücken. Der nächste Turnus endet am 22. September 2012. Dabei wäre ein Ausstieg aus der Finanzierung aufgrund der durch Fukushima geänderten Sicherheitseinschätzung problemlos möglich. Doch die Regierung hangelt sich von oberflächlichem Gutachten zu oberflächlichem Gutachten und zieht zu deren Bewertung noch nicht einmal den Sachverstand aus dem Umweltministerium hinzu.

Ein Gutachten im Auftrag der Umweltorganisation urgewald kam zu brisanten Ergebnissen. So erfolgte die Genehmigung von Angra 3 aufgrund einer fehlerhaften und unvollständigen Sicherheitsanalyse. Gleichzeitig sind die Faktoren, die bei Fukushima zur Katastrophe geführt haben, teilweise auch bei Angra 3 gegeben. Dazu gehören falsche Annahmen, ein ungeeigneter Standort und veraltete Technik.

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    6. März 2012 – Die Genehmigung des in Brasilien geplanten neuen Atomkraftwerkes Angra 3 erfolgte aufgrund einer fehlerhaften und unvollständigen Sicherheitsanalyse. Dies belegt eine aktuelle Studie, die Urgewald und Greenpeace heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz vorstellen. So wurde die technische Sicherheitsüberprüfung auf Grundlage von Daten eines nicht baugleichen Atomkraftwerkes erstellt.
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Quelle (Auszug): campact.de / Fritz Mielert; 02.08.2012