Neuer Ärger um finnisches AKW

Erneut gibt es Ärger auf der europäischen „Prestige-Baustelle“ der Atomindustrie: der EPR wird nun mit Netzanschluss in 2016 angekündigt. Sieben Jahre später seit dem ursprünglichen Zeitplan von 2009 und 11 Jahre nach dem Baubeginn des AKW, das 2005 die „Renaissance der Atomenergie“ für Europa einläuten sollte. Trotz dessen wird weiter an den Plänen eines vierten Blocks am Standort gearbeitet.

Nachdem monatelang ein neuer Betriebstermin lieber gar nicht erst genannt wurde, wird die Stromerzeugung nun offiziell ein weiteres Mal verschoben: „Wahrscheinlich erst 2016“ und damit sieben Jahre später als geplant, sagte eine Sprecherin des Betreiberkonzerns TVO am Montag. TVO meint, die für den Bau verantwortlichen Firmen Siemens und Areva würden mit der Planung der Automatisierungstechnik hinterherhinken. Der finnischen Atomaufsicht würde noch kein Entwurf dazu vorliegen. Das deutsch-französische Konsortiom weist allerdings jede Schuld von sich. Es geht nun mehr um Schadensersatz in Milliardenhöhe, u.a. für entgangenen Gewinn aus Stromverkauf.

Parallel überschlagen sich auch die Kosten weiter. Luc Oursel, Präsident des französischen Nuklearkonzerns Areva bezifferte im Dezember die Kosten auf mindestens 8,5 Milliarden Euro. Das sind fast dreimal so viel wie ursprünglich geplant, denn das Kraftwerk wurde zum Festpreis von drei Milliarden Euro angeboten. Siemens verdient an dem Bau des Druckwasserreaktors praktisch nichts mehr und musste bereits dreistellige Millionenbeträge auf das Projekt abschreiben.

Trotz der Finanzmisere plant Finnland am Standort Olkiluoto einen vierten Reaktorblock. TVO hatte im März 2012 die französische Areva-Gruppe, die amerikanisch-japanische GE Hitachi Nuclear Energy, die Korea Hydro and Nuclear Power, die japanische Mitsubishi Heavy Industries und die japanische Toshiba eingeladen, Angebote zum Bau eines vierten Meilers zu unterbreiten. Alle fünf Lieferanten hätten die Angebote fristgerecht eingereicht, schreibt nuklearforum.ch. Es beginne nun die Angebotsprüfungs- und Verhandlungsphase, so die TVO. Der Antrag für eine Baugenehmigung solle bis Mitte 2015 einreichen werde.

Die finnische Regierung hatte 2010 den Bau von zwei Reaktoren genehmigt: einen in Olkiluoto und einen in Pyhäjoki. Am zweiten Projekt wollte sich auch der deutsche Konzern E.On beteiligen. Wegen völlig unklarer Finanzierung und Unsicherheiten zog sich der AKW-Betreiber neben anderen möglichen Investoren aber zurück. Somit ist ein AKW-Bau in Naturschutzgebiet von Pyhäjoki unwahrscheinlich geworden.

Atomkraftgegner kommentieren die Entwicklungen:

„Aus der Ferne betrachtet wird in Finnland sehr deutlich, dass es mit der Atomkraft in Europa zu Ende geht. Neue Meiler sind langfristig nicht mehr zu finanzieren und auch nicht gegen eine Mehrheit der Bevölkerung durchzusetzen. Aus Prestige- und Machtgründen halten einzelne Politiker und Teile der Wirtschaft an der Dinosauriertechnik fest, die wenigen Großkonzernen Gewinne bescheren soll – dessen Risiko und Altlasten aber auf dem Rücken der Gesellschaft abgeladen wird. Das funktioniert so nicht mehr.“

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    24. Oktober 2012 – Der Energiekonzern E.ON will aus dem in Finnland geplanten Atomkraft-Projekt Fennovoima aussteigen. Das Fennovoima Konsortium teilte heute Morgen mit, dass E.ON seinen Anteil von 34 Prozent verkaufen will. Finnische Umweltschützer begrüßen den Ausstieg und sehen darin den Anfang vom Ende des Projekts.
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Quellen: handelsblatt.com, 11.02.2013 / nuklearforum.ch,05.02.2013