Entsorgung gescheitert: Für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll fehlt ein Konzept

Nicht nur für hoch-, auch für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll fehlt ein Entsorgungskonzept. Die Kapaziät des geplanten Endlagers Schacht Konrad reicht nicht aus, um allen Müll aufzunehmen. Die Inbetriebnahme rückt immer weiter in die Ferne. Atomkraftgegner fordern eine umfassende Atommüllbilanz.

08.03.2012: Korrodiertes Atommüllfass AKW Brunsbüttel; Bild: Atomaufsicht SH

08.03.2012: Korrodiertes Atommüllfass AKW Brunsbüttel; Bild: Atomaufsicht SH

Von rund 13.000 beladenen Atommüllbehälter befinden sich im Zwischenlager auf dem Gelände des Forschungszentrums Karlsruhe. Damit ist es das derzeit größte Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Deutschland. Geplant ist die Umlagerung in das Endlager Schacht Konrad bei Salzgitter – doch derzeit sind nur 194 zur Einlagerung in den Schacht Konrad zugelassen. Der Grund: in den neunziger Jahren sind schwach und mittel radioaktive Abfälle offenbar vor allem kostengünstig verpackt worden und entsprechen den heutigen Vorschriften nicht mehr.

Schacht Konrad ist für 303.000 Kubikmeter ausgelegt und genehmigt. Doch bis zum Jahr 2080 wurde aus dem Rückbau der Atomkraftwerke eine Einlagerungsmenge von 300.000 Kubikmetern errechnet. Nach Berechnungen von Fachleuten ist mit zusätzlichen Atommüllmengen zu rechnen: Durch die Rückholung von Abfällen aus der Schachtanlage Asse könnten mehr als 50.000 Kubikmeter anfallen. Weil „abgereichertes Uran“ aus der Anreicherungsanlage Gronau nicht mehr nach Russland transportiert wird, ist mit einer weiteren Steigerung der Müllmenge zu rechnen.

  • Die baden-württembergische Landesregierung schlägt Alarm: Es sei weder klar, ob das genehmigte Volumen im Schacht Konrad für die Lagerung aller Abfallmengen ausreicht noch ab wann er als Endlager genutzt werden kann, warnt der Umweltminister Untersteller (Grüne).

Je mehr sich der Betriebsbeginn von Konrad verschiebt, desto mehr zusätzliche Lagerfläche für Atommüll werde an den Kraftwerkstandorten für die auf 40 Jahre befristeten Zwischenlager gebraucht. Der Rückbau stilllgelegter Atomkraftwerke verschärft das Problem noch. Kürzlich beantragte Vattenfall den Bau einer zusätzlichen Halle am Standort Brunsbüttel.

Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Schleswig, das noch nicht rechtskräftig ist, stellt allerdings selbst den Betrieb der bestehenden Zwischenlager in Frage: der Schutz vor Terrorangriffen ist ungenügend berücksichtigt worden. Sollte das Urteil Rechtskraft erlangen, müsste es Auswirkungen auf alle Lager haben – aber nichts verändern, denn ein Abtransport des Müll ist derzeit nicht möglich.

„An allen Standorten atomarer Anlagen hat sich auch eine große Menge an mittel und schwach radioaktiven Abfällen angesammelt, der eigentlich abtransportiert werden soll, für den es aber keinen Ort gibt, wohin er abtransportiert werden kann“, fasst Untersteller Ende April das Problem zusammen. Und zieht das Fazit: „Der Ausbau von Schacht Konrad muss möglichst zügig und dabei rechtssicher vorangebracht werden“. Er fordert zudem, die Einlagerungsbedingungen zu überarbeiten, um den Müll aus Karlsruhe dort direkt einlagern zu können, und damit keine neue Verpackung nötig wird.

Atomkraftgegner fordern hingegen eine umfassende Atommüllbilanz und damit das Eingeständnis, dass die Entsorgung der atomaren Altlasten gescheitert ist. Unweigerlich müssten die Atomanlagen, die noch betrieben werden, sofort stillgelegt werden. Anschließend müsste eine öffentliche und transparente Debatte um den Verbleib der strahlenden Abfälle geführt werden. Bislang halten Bundesregierung und Industrie weiter an Schacht Konrad fest. Doch das Bergwerk ist hoch umstritten: es fehlt der Langzeitsicherheitsnachweis, dass über hunderte Jahre keine Radioaktiviät an die Biosphäre gelangen kann. Genau wie am Standort Gorleben fehlt das Eingeständnis der Politik, sich bei der Festlegung auf Schacht Konrad nicht am Interesse der „größt möglichen Sicherheit“ orientiert zu haben. Damit ist der Standort gesellschaftlich nicht durchsetzbar.

  • Experte: Atommüllendlager nicht vor 2050
    5. Juni 2014 – Das Gesetz verspricht die “Lösung” des Endlagerproblems mit einer Standortbenennung bis 2030 – doch selbst Experten glauben daran nicht. Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) rechnet frühestens im Jahr 2050 mit einem betriebsbereiten Atommüll-Endlager in Deutschland.
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Quellen (Auszug): faz.net, swp.de; 24./25.04.2014