Endlagersuche: Schweiz wirft alle Zeitpläne über den Haufen

Die Schweiz hat alle Zeitpläne für die Errichtung von Atommülllagern in tiefen geologischen Schichten revidiert. 2030 sollte ein Lager für schwach- und mittelaktive Abfälle den Betrieb aufnehmen. Jetzt räumt das Bundesamt für Energie (BFE) ein, statt 2030 könne ein SMA-Lager frühestens 2050 in Betrieb gehen – eines für den besonders gefährlichen hochaktiven Abfall (HAW) gar erst 2060. Die Bürgerinitiative Umweltschutz-Lüchow-Dannenberg fordert, nun das deutsche Standortauswahlgesetz sofort zu revidieren.

AtommüllfässerDie praktische Verdoppelung der verschiedenen Fristen war dem Bundesamt dabei nicht einmal eine offizielle Pressemitteilung wert, sondern war diskret in einem Newsletter der Behörde versteckt, berichtet der Tagesanzeiger. Ein Fehler sei gewesen, von den sechs potentiellen Standorten nur ein Gebiet geologisch relativ gut erforscht zu haben.

„Die Parallelen zu Deutschland liegen auf der Hand: Die Inbetriebnahme des SMA-Lagers Schacht Konrads verteuert und verzögert sich immer mehr. Bei der Festlegung auf den Standort hat es nie einen Vergleich gegeben. Das Lager sollte ursprünglich 2013 den Betrieb aufnehmen, als neues Datum wird jetzt von der Betreiberfirma DBE 2022 genannt. Und geologisch relativ gut erforscht ist allein der Salzstock in Gorleben, mit dem Ergebnis, dass der – hoffentlich – endlich aufgegeben wird“, warnt die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).

Die Annahmen des Sachplans seien „zu optimistisch“ gewesen, „vor allem wegen der Komplexität und des Pioniercharakters des Verfahrens sowie der sinnvollen aber aufwändigen Mitwirkung der Kantone und Regionen“, räumt die Schweizer Behörde ein.

Das deutsche Standortauswahlgesetz (StandAG) operiert hingegen mit ähnlichen optimistischen Zeitplänen, bis 2031 soll das angeblich neue Suchverfahren abgeschlossen sein.

BI-Sprecher Wolfgang Ehmke: „Das ist mit Blick auf die revidierten Zeitpläne in der Schweiz entweder von vornherein haltlos oder ein Indiz dafür, dass am Ende des neuen Verfahrens der einzige bisher geologisch erkundete Standort, nämlich Gorleben als Endlager präsentiert wird.“

Die BI fordert von der Politik eine schonungslose Aufarbeitung und öffentliche Debatte des Atommülldilemmas und eine Neufassung des Gesetzes statt einer Alibi-Beteiligung von Umweltverbänden im Rahmen einer Kommission.

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Quelle: bi-luechow-dannenberg.de, 04.05.2014