„Alles sicher!“ – Das Hochwasser und die Atomanlagen

Es sind Wassermassen, die es bisher so nicht gegeben hat: Die Bedrohung durch die Elbe sei „deutlich stärker“ als bislang angenommen. Heute um 14.00 Uhr meldet die Facebook-Seite „Hochwasser Niedersachsen“: Das Wasser fängt an ins Dorf Gorleben zu laufen. Die Sicherheit des AKW Krümmel baut auf den Deichbruch in der gegenüberliegenden Elbmarsch. Atomkraftgegner weisen auf die Risiken durch die Atomanlagen hin.

Atomkraft: Sicher ist nur das Risiko!

Atomkraft: Sicher ist nur das Risiko!

„Aufgrund der topographischen Lage des Transportbehälterlagers Gorleben ist eine Überflutung bei Hochwasser ausgeschlossen“, schreibt der Betreiber des Zwischenlagers Gorleben, die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) am 07.06.2013. Sollte das Wasser der ungefähr 2,5km entfernten Elbe wider Erwarten das Zwischenlager erreichen, so „sorgen nach wie vor die bis zu 120 Tonnen schweren CASTOR-Behälter für den sicheren Einschluss des radioaktiven Materials“. Das Lager liegt vier Meter höher als der Ort Gorleben, wir erwarten nicht, dass das Wasser bis zu uns kommt, ergänzt der Sprecher der GNS, Jürgen Auer.

Also: Entwarnung in Gorleben. Als weitere Atomanlage ist das Atomkraftwerk Krümmel von den Fluten betroffen. Das Anlagengelände liegt auf einem Höhenniveau von 8,50 Meter. Die AKW Brokdorf, Brunsbüttel (stillgelegt) und Stade (stillgelegt) sind vorerst nicht gefährdet, weil sich die Wassermassen wegen der immer breiter werdenden Elbe verteilen.

  • „Krümmel ist bestens für alle absehbaren Pegelstände gerüstet“, sagte Betreiber Vattenfall.

Schon am Donnerstag meldete der Betreiber des seit 2007 stillstehenden und seit 2011 offiziell stillgelegten Reaktors, das Kraftwerk sei auf das Hochwasser vorbereitet. Denn das AKW verfüge über einen umfassenden Hochwasserschutz und sei für alle absehbaren Pegelstände gerüstet. Bei der aktuellen Hochwasserlage sollen ab einem Niveau von 7,80 Meter erstmals in der Geschichte des Kraftwerks die Fluttore geschlossen werden. Steigt das Wasser auf 8,20 Meter, will die Betriebsmannschaft mobile Schutzwände hochfahren, um die Anlage abzuschotten. Bis zu einem Pegelstand von 9,70 Metern sei „die Sicherheit von Krümmel gewährleistet“, so Vattenfall. Dies sei höher als der gegenüberliegende Deich nach Niedersachsen, „so daß es keine Überflutung des Kraftwerksgeländes geben könne“.

Zu dem Ergebnis kommt auch die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) bei der Sicherheitsbewertung der AKW nach Fukushima („Stresstests“): „Fu?r das 10.000jährliche Hochwasser als Bemessungshochwasser beträgt der Wasserstand 9,63 mNN. Der gesicherte Anlagenbereich und die Umschließung des Kraftwerksgeländes sind bis +9,70mNN geschu?tzt (Gebäudeschutz). Dabei kommen auch temporäre Maßnahmen (Dammtafeln) zum Einsatz. Der Deich auf der gegenu?berliegenden Deichseite hat eine Höhe von 9,56 mNN. Damit sind eine Überflutung des Geländes und die Gefährdung vitaler Funktionen aus topographischen Gru?nden auszuschließen.“

  • Das Sicherheitskonzept ist also einfach: Bevor Krümmel absäuft, brechen die Deiche auf der gegenüberliegenden Seite und die Elbmarsch wird überflutet.

Trotz der Stilllegung ist die Anlage auf eine funktionierende Stromversorgung angewiesen: in dem Gebäude lagern noch hunderte hochradioaktive Brennelemente, die ständig gekühlt werden müssen. Fällt der Strom aus, müssen Notsysteme in Gang gesetzt werden.

Atomkraftgegner kritisieren die Annahmen, die den Sicherheitsbestimmungen zu Grunde liegen: Bei der Berechnung von möglichen Schadensereignissen würden Werte genommen, die mit der Realität nicht mehr vereinbar sind. So wird bereits jetzt im Bereich der Elbe das „Jahrhunderthochwasser“ von 2002 – die bis dahin höchsten Pegelstände der letzten Jahrzehnte – übertroffen. Auch zeige dieses Hochwasser erneut, dass die stillgelegten Reaktoren weiterhin ein erhebliches Risiko beherbergen. Nur durch das zeitnahe Räumen des Kernbrennstoffs kann die Gefahr von schweren Unfällen wenigstens gemindert werden.

  • Im Stresstest durchgefallen: 12 deutsche Atomkraftwerke mit Sicherheitslücken
    2. Oktober 2012 – “Die Sicherheitskultur muss verbessert werden”: Bei allen zwölf im “Stresstest” nach Fukushima geprüften deutschen AKW müssen die installierten Warnsysteme nachgebessert werden, fordert der Bericht der EU-Kommission. Zudem seien die Leitlinien für schwere Unfälle nicht umgesetzt. EU-weit schneiden alle 145 Reaktoren schlecht ab.
  • Hochwasser: Brokdorf ist nicht sicher
    10. Oktober 2011 – Die Deiche, die auch das Atomkraftwerk Brokdorf schützen sollen, sind laut der Schleswig-Holsteinischen Regierung nicht für starke Sturmfluten ausgelegt. Bei einem Deichbruch könnte der Reaktor überspült werden. Atomkraftgegner fordern die umgehende Stilllegung des Meilers.
  • Die Ergebnisse der RSK-Prüfung
    19. Mai 2011 – Die Ergebnisse der Sicherheitsüberprüfung der Reaktorsicherheitskommission im Detail. Kein deutscher Meiler erreicht in allen untersuchten Kategorien gute Werte!

Quellen (Auszug): gns.de, jungewelt.de, wendland-net.de, dpa, netzwerkit.de; greenpeace.de, Bericht der Reaktorsicherheitskommission (RSK); 06./07.08.2013