Skandal des Monats: RWE gewinnt Klage gegen Atomausstieg

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof gibt der Klage von RWE statt und erklärt das dreimonatige Abschalten der AKW Biblis nach der Atomkatastrophe von Fukushima für rechtswidrig. Auf das Land Hessen kommen nun Schadensersatzansprüche in dreistelliger Millionenhöhe zu – die der Steuerzahler tragen muss. Atomkraftgegner halten dieses Urteil für den „Skandal des Monats“. RWE hatte als einziger der vier AKW-Betreiber gegen das Moratorium geklagt, weil man „seinen Aktionären verpflichtet“ sei.

Atomanlagen stilllegen!

Atomanlagen stilllegen!

Die Anordnung der hessischen Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU) an den Energiekonzern RWE, Biblis vorläufig abzuschalten, haben die Richter des Verwaltungsgerichts in Kassel für rechtswidrig erklärt. Eine Revision dagegen ließen die Richter nicht zu. Puttrich prüft nun, ob sie dagegen Beschwerde einlegt, um doch eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu erzwingen, berichtet die „Frankfurter Rundschau“.

In der schriftlichen Urteilsbegründung hatten die Richter in Kassel die Argumentation der Landesregierung zerpflückt: Hessen könne sich nicht auf eine Weisung des Bundes berufen, da allein das Land für die Aufsicht über den Betrieb des AKW Biblis zuständig sei. Außerdem bemängeln die Richter, dass RWE nicht formell angehört worden sei, obwohl dies unentbehrlich gewesen wäre.

Anfang Juli letzten Jahres hatte der Hessische Verwaltungsgerichtshof die Klage auf Schadensersatz zugelassen. RWE erklärte in der mündlichen Verhandlung, dass durch die befristete Stilllegung der beiden Blöcke ein Schaden von insgesamt 187 Millionen Euro entstanden sei. Langfristige Liefervereinbarungen hätten nicht erfüllt werden können, ohne Strom zuzukaufen. Das Wiesbadener Umweltministerium zweifelte besonders im Falle von Biblis B einen Schaden an. Der Block habe sich in Revision befunden, als das Moratorium begann. Die Arbeiten hätten die befristete Stilllegung überdauert. Dies habe „rein technische Gründe“ gehabt. RWE widersprach dieser Darstellung. RWE hatte als einziger Betreiber gegen das Atommoratorium geklagt – auch wegen “aktienrechtlicher Verpflichtungen des Vorstands”, so RWE.

„Wir halten die Forderungen von RWE für ungeheuerlich und nehmen sie zum Anlass, die Stromkunden erneut aufzufordern, sich nicht länger das Geld aus der Tasche ziehen zu lassen und zu einem unabhängigen Ökostromanbieter zu wechseln“, schreibt die Kampagne „Atomausstieg selber machen“. Dieses Urteil sei der „Skandal des Monats“.

„Der Konzern spuckt den Opfern des Atomunfalls von Fukushima offen und schamlos ins Gesicht“, befindet Jan Becker von contrAtom. „Das Moratorium war ein (aus unserer Sicht) selbstverständlicher Reflex der deutschen Regierung auf die andauernde Katastrophe in Japan und den Druck aus der Bevölkerung. RWE wiederrum ist einzig am Konzerngewinn interessiert. Das ist inhuman – so wie der Weiterbetrieb der AKW überhaupt.“

httpv://www.youtube.com/watch?v=aUqangjLsWQ

  • AKW-Betreiber fordern 15 Milliarden für Atomausstieg
    13. Juni 2012 – Wegen des Atomausstiegs fordern Energieversorger wie Eon und RWE 15 Milliarden Euro Schadenersatz von der Bundesregierung. Atomkraftgegner verlangen im Gegenzug die Übernahme sämtlicher Entsorgungskosten durch die Konzerne – deren Höhe nicht mal abzuschätzen ist. Die Konzerne haben Schadensersatz an die Bevölkerung zu zahlen – nicht umgekehrt!
  • Aus für AKW Biblis: RWE darf Steuerzahler auf Schadensersatz verklagen
    5. Juli 2012 – Der Energiekonzern RWE hat im Streit um die Stilllegung seines Atomkraftwerks Biblis einen Etappensieg erzielt: Er darf gegen die Abschaltung des AKW Biblis klagen. Es geht um Schadensersatz, weil die Meiler stillgelegt werden mussten. Atomkraftgegner bezeichnen die Entscheidung als Perfidie, denn RWE hinterlässt tausende Tonnen Atommüll, für den es keine Lösung gibt. Tag für Tag setzt der Konzern den Steuerzahler einem GAU-Risiko durch den AKW-Betrieb in Emsland und Gundremmingen aus.
  • Niederlande: Laufzeitverlängerung für RWE-Meiler Borssele
    28. März 2013 – Das einzige Atomkraftwerk der Niederlande darf noch 20 weitere Jahre laufen. Besonders pikant: der deutsche Konzern RWE hält 30 Prozent am dem Meiler. Atomkraftgegner hatten mehr als 1.000 Unterschriften gesammelt und fordern nun als Antwort auf diese Geschäftspolitik RWE-Kunden auf, dem Atomkonzern die rote Karte zu zeigen.
  • RWE: Schlussstrich unter Pro-Atom-Kurs
    25. Oktober 2012 – Der deutsche Energiekonzern RWE lässt den aggressiven pro-Atom-Kurs von Ex-Chef Grossmann endgültig hinter sich. Der neue Chef Peter Terium beendet mit dem Verkauf der britischen Atomtochter Horizon, die der Konzern mit dem Rivalen Eon betreibt, die atomare Ära. Atomkraftgegner fordern die Stilllegung der letzten deutschen Reaktoren und ein Ende der Beteiligung an ausländischen AKW.

Quellen (Auszug): fr-online.de, atomausstieg-selber-machen.de; 30.03.2013