Neues Atommülllager für Biblis

Die Atommüll-Misere offenbart sich am Standort Biblis: die vorhandenen Kapazitäten zur Lagerung von Strahlenschrott reichen nicht aus, Betreiber RWE hat den Bau einer zweiten Halle beantragt. Wie lange der Mül dort lagert ist ungewiss, den eine Entsorgungslösung gibt es nicht. Die AKW-Betreiber versuchen unterdessen, den Druck auf Gorleben und Schacht Konrad zu erhöhen.

Schacht Konrad

Zufahrt zum Schacht Konrad

Am Mittwoch hatte RWE ein zweites Zwischenlager für atomare Abfälle beantragt. Man benötige es beim Rückbau, ist die offizielle Begründung. Neben der Lagerung der verbrauchten Brennelemente sollen in dem Zwischenlager auch die beim Betrieb und beim Rückbau der beiden Kraftwerksblöcke anfallenden radioaktiven Abfälle vorübergehende aufbewahrt werden. Nach Angaben des Ministeriums kann es sich dabei um Bauschutt und Metalle handeln. Laut „hr-online.de“ soll das Gebäude eine Lagerkapazität von 5.500 Kubikmetern haben. Die Inbetriebnahme ist nicht vor 2014 zu erwarten.

Der Betreiber argumentiert mit der verzögerten Inbetriebnahme von Schacht Konrad, das alle schwach- und mittelaktiven Abfälle ausfnehmen soll. Zur Zeit soll das bereits genehmigte aber höchst umstrittene Lager bei Salzgitter offiziell nicht vor 2019 zur Aufnahme von Atommüll bereit sein. Seit Jahren kommt es zu Verzögerungen, Sicherheitsmängel wie ein Langzeitsicherheitsnachweis sind nicht ausgeräumt.

In der ersten Lagerhalle werden Castor-Behälter mit abgebrannten Brennelementen gelagert, die dort auf den Abtransport in ein Endlager warten. Die Suche nach dem geeigneten Ort soll nach offiziellen Bekundungen der Bundesregierung völlig neu aufgerollt werden. Kritiker sehen eine Durchsetzung von Gorleben.

Atomkraftgegner sehen das Atommüll-Desaster am Beispiel Biblis bestätigt:

„Der Müll wird ohne Perspektive von einem Zwischenlager ins Nächste gebracht oder die Lagergenehmigung pauschal verlängert, weil niemand eine Lösung hat“, so Jan Becker von contrAtom. „Damit verkommen die vielen Zwischenlager in ganz Deutschland zu de-facto Endlagern. Wir fordern sofort mit der Produktion von immer neuem Atommüll aufzuhören – und alle Atomanlagen stillzulegen!“

Auch E.ON und Vattenfall versuchen, Druck für eine schnellere Inbetriebnahme von Konrad und Gorleben aufzubauen: Vattenfall beantragt den Abbau von Brunsbüttel „unter Vorbehalt“, E.ON droht mit dem längeren Betrieb seiner Standotzwischenlager. Die Bundesregierung eröffnete kürzlich durch eine geplante Änderung im Atomgesetz einen weiteren Entsorgungsweg: Export ins Ausland.

„Wir warnen vor jeder Entscheidung zu Lasten der Sicherheit. Die Atomkonzerne versuchen mit allen Mitteln, die Entsorgungskosten zu drücken, und schrecken auch vor Erpressung nicht zurück.“

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Quellen (Auszug): rwe.de; hr-online.de; 16.01.2013