Plutonium-Fracht erreicht AKW Grohnde nach Protest-Marathon

Der geheime Plutonium-Frachter hat unter dem Schutz einer ganzen Armada von Polizei sein erstes Etappenziel, den Hafen Nordenham, erreicht. Etwa 200 Atomkraftgegner waren auf der Weser „protestpaddeln“, am Ufer demonstrieren und versperrten die Ausfahrt der LKW mit einer Sitzblockade. Vor dem AKW Grohnde haben sich Aktivisten angekettet und in den Weg gesetzt. Nach Mitternacht erreichten die zwei Spezial-LKW das AKW.

Paddelprotest in Nordenham, 23.09.2012

Paddelprotest in Nordenham, 23.09.2012

Drei Polizeischiffe hatten die „Atlantic Osprey“ an der Grenze der deutschen Hoheitsgewässer, etwa 20 Meilen nördlich von Spiekeroog, empfangen und befanden sich seit 11.00 Uhr auf dem Weg Richtung Nordenham. Zwar ist auf dem „AIS-System“ das MOX-Schiff nicht zu erkennen, denn das Sicherheitssystem, der auf See vor Zusammenstössen schützen soll und zur Identifikation dient, war seit der Abfahrt in England am 19.09. abgeschaltet. Aber die zahlreichen Begleitboote der Polizei machten ein Aufspühren auf hoher See einfach.

Atomkraftgegner riefen zum Protest auf: schon am Samstag verharrten sie mit Mahnwachen am Anleger in Nordenham und vor dem AKW Grohnde.

„Zu diesem Transport ist alles gesagt: MOX ist gefährlich, das Schiff ist schrottreif und der Atomausstieg existiert am Ende nur auf dem Papier“, so Bernd Ebeling von contrAtom, der seit Samstag in Nordenham vor Ort war und die Mahnwache angemeldet hatte.

23.09.2012 - Protest gegen Plutonium-Schiff "Atlantic Osprey" in der Wesermündung; Bild: greenpeace

23.09.2012 - Protest gegen Plutonium-Schiff "Atlantic Osprey" in der Wesermündung; Bild: greenpeace

Gegen 14.00 Uhr wurden Kajaks zu Wasser gelassen und mit kräftiger Unterstützung von etwa 200 Demonstranten an Land „protest-gepaddelt“. Mit Ankunft des Schiffes gegen 16.30 Uhr blockierten 50 Atomkraftgegner mit einer Sitzblockade die Ausfahrt des Anlegers. Greenpeace empfing das Schiff mit mehreren Schlauchbooten in der Wesermündung und am Anleger: „Atomgeschäfte von EON stoppen!“. Ein Entern des Schiffes wurde durch die Polizei gestoppt, dennoch konnten sich Aktivisten auf den Bug des Schiffes setzen.

„Es ist zu befürchten, dass diese Brennstäbe aus Sellafield schadhaft sind“, sagt Heinz Smital. „Die Plutoniumfabrik ist geschlossen und für die Qualität der Brennelemente gibt es keine Gewähr. Was jetzt von dort kommt, ist der Kehricht einer schrotten Industrieanlage.“

  • Hinzu kommt: Für defekte Brennstäbe gibt es derzeit keine Entsorgungslösung. Die für hochradioaktiven Atommüll normalerweise genutzten Castorbehälter sind für schadhafte Brennelemente nicht zugelassen.
  • E.ON selbst rät vom Einsatz von MOX-Brennelementen ab: sie hätten eine Vielzahl von Nachteilen bei der Herstellung, im Reaktoreinsatz und danach bei der Entsorgung hätten. Sie seien teurer, schwieriger herzustellen, in der Handhabung und Lagerung komplizierter und bräuchten auch eine längere Verweildauer in Zwischenlagern nach dem Einsatz. Zudem würden sie von der IAEA stärker überwacht als herkömliche Uran-Brennelemente.

Die zwei Spezial-LKW mussten nach der Entladung ihre Fahrt über Autobahnen zum AKW Grohnde fortsetzten. Um 18:40 Uhr verließen die LKW das Schiff, nachdem eine Sitzblockade geräumt worden war. Gegen 19.15 Uhr fuhren die zwei silbernen LKW unter lauten Protestrufen vom Hafengelände. Nur wenige Kilometer weiter mussten sie wegen einer Ankettaktion stoppen.

Vor dem Reaktor in Grohnde, in dem die Plutonium-Brennelemente zum Einsatz kommen sollen, hatten sich an die 100 Atomkraftgegner versammelt und wollten die LKW nicht ohne Widerspruch durchfahren lassen. Auf einen mehrere Meter hohen Dreibein sitzt seit dem Nachmittag eine Atomkraftgegnerin, an ein Kinderbett haben sich zwei Aktivistinnen angekettet. Mehrere Trecker blockieren am Abend eine Straße. Ein massives Polizeiaufgebot stand bereit, insgesamt seien 1.300 Beamte im Einsatz gewesen.

Straßentransportverlauf Nordenham – AKW Grohnde (ca. 3 Std.):

  • 19.15 Uhr – Abfahrt Nordenham
  • 20.00 Uhr – Transport bei Brake auf der B211 Richtung Oldenburg
  • 21.00 Uhr – mit ca. 80km/h Rasthof Hasbruch Süd (A28, vor Delmenhorst) passiert
  • 22.00 Uhr – auf der A27 bei Walsrode
  • 23.25 Uhr – Wunstorf Kolenfeld, A2
  • 00.00 Uhr – in Begleitung von zwei Hubschraubers an Lauenau, A2, vorbei
  • 00.45 Uhr – beide LKW erreichen das AKW Grohnde. Die Blockade auf der Zufahrtsstraße wurde nicht geräumt, sondern umfahren.

„Heut ist nicht alle Tage, kommt wieder Mox, kommen wir alle wieder – keine Frage“, kündigen Atomkraftgegner nach den erfolgreichen Protesten an.

Denn in wenigen Wochen ist ein weiterer Transport mit MOX in das AKW Grohnde geplant. Gleicher Absender, gleicher Transportablauf gleiches Ziel, gleiches Risiko.

Atomkraftgegner warnen AKW-Betreiber E.ON: „Einmal mehr wird auf dem Rücken der Polizei und auf Kosten der Steuerzahler die verfehlte Energiepolitik eines einzelnen Atomkonzerns, der bewusst mit der Gesundheit der Bevölkerung spielt, ausgetragen. Das ist nicht hinnehmbar. Wir fordern das sofortige Verbot von MOX in deutschen Atomanlagen!“

[nggallery id=100]

httpv://www.youtube.com/watch?v=H_jZAu2Li3o

[nggallery id=99]

MOX-Transport, Seeweg von Workington /Sellafield - Nordenham, 19.-23.09.2012

MOX-Transport, Seeweg von Workington /Sellafield - Nordenham, 19.-23.09.2012

11.00 Uhr - Schiffsposition AO, Quelle: marinetraffic.com

11.00 Uhr - Schiffsposition AO, Polizeiboote eskortieren ab Grenze der deutschen Hoheitsgewässer. Quelle: marinetraffic.com

  • Gegen MOX: Mahnwachen in Nordenham und Grohnde
    22. September 2012 – Atomkraftgegner haben nun auch direkt am Anleger des MOX-Schiffes in Nordenham eine Mahnwache angemeldet. Die Aktivisten wollen bis nach Abfahrt der LKW verharren. Auch am AKW Grohnde, dem Bestimmungsort für die brisante Fracht, sammeln sich die Gegner.