Fehlende Entsorgung: Vorerst keine Bewilligungen mehr für AKW-Bauten und Laufzeitverlängerungen in USA

Auch Amerika hat ein Problem: es fehlt an einer Lösung für die Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen. Wegen Sicherheitsbedenken und mangelhafter Vorsorge befand die amerikanische Nuclear Regulatory Commission (NRC), vorerst keine Bewilligungsentscheide für neue Atomkraftwerke in den USA – einschliesslich derjenigen für Neubauten und Laufzeitverlängerungen – auszustellen.

Am 8. Juni 2012 befand der US Court of Appeals für den District of Columbia das NRC-Regelwerk für die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle verletzte die National Environmental Policy Act. Diese verlangt, dass entweder eine Umweltprüfung oder eine Umweltverträglichkeitserklärung für alle wichtigen Regierungstätigkeiten vorbereitet wird. In seinem Urteil kam das Bundesberufungsgericht zum dem Schluss, dass die Aktualisierung der sogenannten „Waste Confidence Decision“ von 2010, welche die Zwischenlagerung ausgedienter Brennelemente am AKW-Standort auch nachdem die Betriebsbewilligung der Anlage erloschen ist erlaubt, keine ausreichende Gewähr dafür leiste, dass „wenn nötig“ genügend Kapazitäten für die Tiefenlagerung hochaktiver Abfälle bereitstehen würden. Zudem habe die NRC die „zukünftigen Gefahren und Schlüsselauswirkungen“ einer Brennstofflagerung an Atomkraftwerksstandorten während potenziell über 60 Jahren nach Bewilligungsablauf nicht angemessen abgeklärt.

Die NRC hat nun die Ausstellung von Bewilligungen für 19 beantragte Reaktoren, die Laufzeitverlängerungen von zwölf Blöcken und eine Betriebsbewilligung solange gestoppt, bis sie alle möglichen Optionen zur Lösung der Abfallfrage in Betracht gezogen hat. Die Bewilligungsverfahren würden allerdings fortgesetzt.

  • Übersetzt: Bislang wurde bei der Lagerung von hochradiaoktivem Atrommüll in den USA schlampig gearbeitet und mangelhafte Vorsorge betrieben. Vier Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll wurden in den USA bereits stillgelegt, weil die Umweltanforderungen und Auflagen nicht eingehalten werden konnten.

Langfristig soll hochradioaktiver Atommüll in den USA in tiefen geologischen Formationen gelagert werden. Amerika steht nach der Aufgabe des Endlagerprojekts in Yukka Mountain aber wieder am Anfang einer Suche. Präsident Barack Obama hatte im Februar 2009 das Projekt „Yukka Mountain“ gestoppt, das 1987 zum Standort für ein Endlager bestimmt worden war und seitdem ausgebaut wurde. Yucca Mountain liegt in einem Erdbebengebiet. Weil die Suche nach einem Endlagerstandort neu aufgenommen werden muss, ist mit Zwischenlagerung über einen sehr langen Zeitraum zu rechnen. Zudem ist die in den USA zu entsorgende Müllmenge schon seit mindestens 2011 größer als die bisher zugelassene Kapazität für Yucca Mountain. Daher muss auch bei einem Festhalten an Yucca Mountain ein weiterer Standort für hochradioaktive Abfälle gefunden werden.

Derzeit werden bestrahlte Brennelemente im Abklingbecken der jeweiligen Reaktoren zwischengelagert. Für die Hälfte der Reaktoren existieren die jetzt betroffenen Zwischenlager nahe beim Standort. Für künftige Lagerkapazitätserweiterungen wird vor allem auf trockene Lagerung in Büchsen gesetzt.

Die USA bereiten zurzeit eine neue politische Strategie für die Entsorgung radioaktiver Abfälle vor. Für eine neue „politische Strategie“ zur Endlagerung gründete die USA eine „Blue-Ribbon Commission on America’s Nuclear Future“, die mit hochrangingen Politikern und Fachleuten besetzt ist. Diese soll, unter der Beteiligung der Öffentlichkeit, Empfehlungen für einen neuen rechtlichen Rahmen für die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle erarbeiten. Am 26.01.2012 hat die Kommission ihren Abschlussbericht vorgelegt, worin u.a. empfohlen wird, ein neues Standortauswahlverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, eine eigene Endlagerorganisation zu schaffen und zentrale Zwischenlager zu errichten. Zur möglichen Eignung des Standorts Yucca Mountain wird keine Aussage gemacht.

Aber Tag für Tag wird in den 104 laufenden Reaktoren weiter Atommüll produziert.

  • USA: Auch keine nukleare Renaissance
    21. August 2012 – Die US-Nuklearindustrie hatte fest damit gerechnet, in den nächsten Jahren auch im eigenen Land wieder Atomkraftwerke bauen zu können. Doch auch in dem Land mit den meisten Reaktoren schreitet die “atomare Renaissance” nur im Schneckentempo voran. Der Grund ist billiges Gas, was Strom aus AKWs unrentabel machen lässt, nicht etwa das Zweifeln an der Sicherheit.
  • Ukraine: Kein Plan für den Atommüll
    21. August 2012 – Die Ukraine hat noch keine Lösung für das Problem der Dauerlagerung von radioaktiven Abfällen, die Russland ab dem Jahr 2013 zurückliefern soll. Einmal mehr offenbart sich die weltweite Entsorgungs-Misere.
  • Fliegen ohne Landebahn: 50 Jahre Atomkraft – eine Bilanz
    7. August 2012 – Am 24. Juli 1962 gründeten der Stromkonzern RWE und das damalige Bayernwerk (heute E.On) eine Gesellschaft, die den Betrieb eines Atomkraftwerks (AKW) in Gundremmingen im Donauried vorsah. Es sollte das erste Groß-AKW in Deutschland werden. Damit ist es gerade einmal 50 Jahre her, dass der Startschuss für die Atomenergie in Deutschland fiel. In zehn Jahren soll der letzte Reaktor abgeschaltet werden. Die Kosten für den Bau, den Abriss und eine Lösung für den Atommüll sind gigantisch.
  • Weltweit sind Atomlager unzureichend geschützt
    12. Januar 2012 – Die weltweiten Bestände an Atommaterial sind laut einer US-Studie nicht ausreichend gesichert und könnten in die Hände von Terroristen fallen. Hunderte Lagerstätten wurden von den Wissenschaftlern einer genauen Prüfung unterzogen. Deutschland schafft es nur auf Platz 10.

Quellen (Auszug): nuklearforum.ch, 16.08.2012; endlagerung.de, nuclear-waste.eu; 21.08.2012