18 Millionen Zloty: Polen sollen Angst vor Atomenergie verlieren

18 Millionen Zloty (4,2 Millionen Euro) will die polnische Regierung für eine Kampagne ausgeben, mit der für das an der Ostseeküste geplante Atomkraftwerk geworben werden soll. Unter dem Motto “Lerne Atom kennen” will man, so die offizielle Verlautbarung, mit den Bürgern “über die Atomenergie ins Gespräch kommen”. Atomkraftgegner kritisieren diese „einseitige“ Lobbykampagne heftig.

In Polen drohe schon in ein paar Jahren eine Lücke in der Stromversorgung. Doch eine AKW-Planung würde dieser wegen langer Planungs- und Bauphasen nicht abhelfen, so Umweltschützer. Alternativen zu dem AKW an der Ostseeküste würde die Regierung aber gar nicht untersuchen.

„Wir wollen, dass die Polinnen und Polen etwas über die wirklichen Kosten der Atomenergienutzung erfahren. Wir selbst verfügen über die Technologie nicht, sondern müssen sie importieren und es gibt bislang keinerlei Regierungspläne, wo der Atommüll gelagert werden soll“, so Katarzyna Guzek von Greenpeace Poland.

"Wie ist die Energie aus Atom?" Foto: http://www.poznajatom.pl/

"Wie ist die Energie aus Atom?" Foto: http://www.poznajatom.pl/

Nun versucht die polnische Atomlobby mithilfe freundlicher Bilder ein Risiko zu kaschieren, mit dem sich das Land unnötigerweise konfrontieren will. Fukushima hat das Ausmass einer Reaktorhavarie erneut verdeutlicht, die internationalen Finanzmärkte raten von Neubauten ab und geben keine Kredite, weltweit ist die Entsorgung des strahlenden Abfalls ungeklärt. Nur staatliche Subventionen könnten Finanzmittel für einen Meiler zur Verfügung stellen – doch die Staatschulden belaufen sich schon heute auf mehr als 40% des Bruttoinlandsprodukts. Das Staatsdefizit liegt bei mehr als dem Doppelten der EU-Obergrenze von drei Prozent. 2010 kam das Land ins Visier der Ratingagenturen Fitch und Moodys: die Kreditwürdigkeit des Landes ohne Reformen der Staatsfinanzen sei erheblich unter Druck – die schlechten Noten der Ratingagenturen sind ein Warnsignal für mögliche Investoren.

In Zarnowiec an der Ostsee stehen bereits zwei Reaktorruinen, deren Bau 1989 nach immer stärker werden Protesten, alusgelöst durch den GAU von Tschernobyl aufgegeben worden war. Auch dieses Projekt scheiterte am Ende wegen finanzieller Probleme. 2004 verabschiedete die polnische Regierung langfristige Pläne für den Bau eines AKW im Jahre 2020. Nachdem Donald Tusk im November 2007 Premierminister wurde, beschloss seine Regierung, bis 2025 zwei neue Reaktoren als Teil eines Energie-Aktionsplans, der anstrebt, Polens Abhängigkeit von Kohle zu vermindern, fertig zu stellen.

Ende 2011 konnten nach der Ausweisung mehrere möglicher Standorte Einsprüche gegen die Planungen vorgebracht werden. Mehr als 50.000 Menschen allein aus Deutschland protestierten gegen die Atompläne. An allen Standorten ist ein Großteil der Bevölkerung gegen den Bau und die Nutzung von Atomkraftwerken, oft über 90%.

Auch deutsche Atomkraftgegner warnen vor der falschen Entscheidungen für die Atomenergie:

„Ein Großteil der Menschen in Polen ist gegen Atomenergie. Die Regierung meint, dass sie nützlich und ökonomisch sei. Weltweit befindet sich die Atomenergie auf dem absteigenden Ast – jetzt in diese Risikotechnik einzusteigen ist eine Investition in eine Dinosauriertechnik, die längst überholt ist“, so Jan Becker von contrAtom. „Polen sollte sich die schlechten Erfahrungen der AKW-Staaten ersparen und ohne einen komplizierten und teuren Ausstieg aus der riskanten Atomtechnik direkt in eine regenerative nachhaltige Energieversorgung einsteigen.“

  • Polnischer Atom-Einstieg auf der Kippe
    5. Dezember 2011 – Die polnischen Pläne für den Bau eines ersten Atomkraftwerkes im Land stehen nach einem Bericht der Zeitung “Dziennik Gazeta Prawna” auf der Kippe. Grund sind finanzielle Probleme. Atomkraftgegner machen weiter Druck und fordern ein Ende der Nuklearpläne.
  • Einspruch gegen geplantes Atomkraftwerk in Polen
    9. Oktober 2011 – Nachdem 1990 die Pläne zur Errichtung eines Atomkraftwerks gescheitert waren und eine Bauruine übrig blieb, unternimmt Polen einen neuen Anlauf: bis 2020 soll ein erster Reaktor ans Netz gehen. Zur Zeit können die Planungsunterlagen eingesehen werden. Atomkraftgegner rufen dazu auf, Einspruch gegen die AKW-Pläne zu erheben!

Quellen (Auszug): infoseite-polen.de, 10.7.2012; focus.de, finanzen.net; 16.7.2012