Plutonium-Transport mitten durch Hamburg geplant

Nach Informationen der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt soll in den nächsten Tagen ein Straßentransport mit plutoniumhaltigen MOX-Brennelementen vom belgischen Dessel zum schleswig-holsteinischen Atomkraftwerk Brokdorf rollen. Die insgesamt zwölf Brennelemente enthalten zusammen mehr als 200 Kilogramm Plutonium. Der Transport soll aller Voraussicht nach mitten durch die Millionenstadt Hamburg rollen.

Proteste gegen MOX-Transport, Nordenham, 18.11.2012 / Bild: publixviewing.de

Proteste gegen MOX-Transport, Nordenham, 18.11.2012 / Bild: publixviewing.de

Dazu erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:

„Kurz nachdem das ganze Ausmaß des Brandes eines Atomfrachters im Hamburger Hafen bekannt geworden ist, gibt es nun die nächste Hiobsbotschaft: Zwei LKW mit riesigen Mengen des Ultragiftes Plutonium sollen quer durch Belgien, Holland und Deutschland und mitten durch Hamburg rollen.

Wurde bei der Debatte über das brennende Schiff mit Uranhexafluorid noch darauf hingewiesen, dass solche Gefahrguttransporte quasi eine Alltäglichkeit für Hamburg darstellen, so lässt sich jetzt feststellen: Der Transport von Material, mit dem sich 25 Atombomben vom Nagasaki-Typ bauen ließen und das schon in allerkleinsten Mengen tödlich ist, ist eine absolute Extremsituation.

Würde bei einem Unfall ein MOX-Behälter undicht und das Plutonium durch Brandeinwirkung über eine größere Fläche verteilt, dann hätte das in der dichtbesiedelten Millionenstadt Hamburg fatale Folgen. Denn schon wer wenige Millionstel Gramm dieses Ultragiftes einatmet, ist akuter Krebsgefahr ausgesetzt. Außerdem ist Plutonium wie andere Schwermetalle hochtoxisch. Schon eine Dosis im zweistelligen Milligrammbereich ist für Menschen tödlich. Eine rechtzeitige Evakuierung in einer dichtbesiedelten Großstadt wäre kaum möglich. Konkrete Katastrophenschutzpläne für einen Unfall mit einem MOX-Transport gibt es nicht.

MOX-Brennelemente sind nicht nur bei Verkehrsunfällen ein unverantwortbares Risiko. Auch ihr Einsatz im Reaktor birgt zusätzliche Gefahren. Das wurde der Weltöffentlichkeit durch die Ereignisse im Reaktorblock 3 von Fukushima besonders deutlich. Atommüll aus MOX strahlt etwas doppelt so stark wie der aus herkömmlichen Uran-Brennelementen.

Auch wenn wir den Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Brokdorf grundsätzlich ablehnen, sei gesagt: Das AKW könnte auch ohne MOX betrieben werden – und zwar deutlich sicherer.

Wir fordern die Behörden auf, den unnötigen Transport abzusagen und ein Konzept zu entwickeln, wie Unfälle mit diesem extremen Gefahrgut gehandhabt werden können, ohne dass Menschen zu Schaden kommen. Sollte der Transport nicht abgesagt werden, muss die Bevölkerung genau über Routen und Zeitpläne informiert werden, damit sie sich selbst schützen kann.

Den Landesregierungen von Niedersachsen und Schleswig-Holstein sei gesagt: Der MOX-Transport enthält deutlich mehr Plutonium als die geplanten Castor-Transporte aus Sellafield, über die gerade die halbe Republik diskutiert. Die Innenminister der betroffenen Bundesländer, also auch Hamburg, können den Transport verhindern, wenn sie sich nicht in der Lage sehen, kurzfristig genügend Kräfte zu seiner Sicherung bereitzustellen. Dann muss das Bundesamt für Strahlenschutz die Transportgenehmigung zurückziehen.“

Bei den bisher letzten MOX-Transporten in Deutschland, als im Herbst 2012 das AKW Grohnde beliefert wurde, gab es entlang der ganzen Strecke Protestaktionen von Atomkraftgegnern – in Grohnde selbst massive Blockadeaktionen.

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Quelle: PM ausgestrahlt, 18.05.2013