Zwischenlager Ahaus

Atommüllzwischenlager Ahaus

Das „Transportbehälterlager Ahaus“ (TBL-A) oder auch „Brennelemente-Zwischlager Ahaus“ (BZA) befindet sich in Nordrhein-Westfalen und ist eines von drei zentralen Atommüll-Zwischenlagern für hochradioaktive Abfälle aus dem Betrieb von deutschen Atomanlagen. Zudem ist die Lagerung von schwach- und mittelaktiven Atommüll genehmigt.

Das Zwischenlager befindet sich auf dem Gebiet der Stadt Ahaus (westliches Münsterland), etwa 3 Kilometer östlich des Stadtzentrums. Betrieben wird das Lager von der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS). Das Lager wurde von 1984 bis 1990 errichtet. Die Zwischenlagerhalle besteht aus zwei durch einen Empfangs- und Wartungsbereich voneinander getrennten Lagerhallenhälften. In der rd. 200 m langen, 38 m breiten und 20 m hohen Transportbehälterlagerhalle stehen – wie im nahezu baugleichen Transportbehälterlager Gorleben – 420 Zwischenlager-Stellplätze für Castor-Behälter zur Verfügung. Auf ihnen dürfen gemäß gültiger Genehmigungen 370 Transport- und Lagerbehälter für Brennelemente aus Leichtwasserreaktoren und 50 andersartige aus dem stillgelegten Hochtemperaturreaktor THTR 300 zwischengelagert werden. Das TBL-A ist für die Zwischenlagerung von maximal 3.960 t Schwermetall in bestrahlte Brennelementen genehmigt.

2006/2007 wurde die Erweiterung der Einlagerungskapazität beantragt. Es ging u. a. um leicht verpackten oder unverpackten sperrigen Atommüll aus deutschen AKWs sowie um weiteren Atommüll aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague. Am 21.07.2010 wurden die ersten zwei Container mit schwach- und mittelaktiver Schrott aus AKWs in Ahaus angeliefert.

Die mit verbrauchtem Brennstoff beladenen Castor-Behälter nehmen nur etwas mehr als zehn Prozent der Lagerkapazität in Anspruch. In der westlichen Hallenhälfte werden seit 2010 schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus dem Betrieb und der Stilllegung deutscher Atomkraftwerke zwischengelagert. Mit Beginn der Annahmebereitschaft sollen die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle in das Endlager „Schacht Konrad“ eingebracht werden.

Die Einlagerungsgenehmigung endet zur Zeit im Jahr 2020. Da bis dahin höchstwahrscheinlich kein Atommülllager in Betrieb sein wird, ist von einer Verlängerung der Lagerzeit auszugehen.

Einlagerungen

Aus dem ehemaligen „Thorium-Hochtemperaturereaktor“ Hann-Uentrop wurden zwischen 1992 und 1995 in 57 Bahntransporten 305 CASTOR-THTR/AVR-Behälter in das TBL-A transportiert. Sie nehmen aufgrund ihrer geringen Größe und Stapelfähigkeit 50 LWR-Zwischenlagerstellplätze ein. In den gelben 26 t schweren Behältern lagern alle Brennelemente des stillgelegten THTR.

Die verbleibenden Stellplätze im Brennelement-Zwischenlager Ahaus stehen vertraglich den Atomkraftwerken zur Zwischenlagerung ausgedienter Brennelemente zur Verfügung. Aber auch Brennelemente von deutschen Forschungsreaktoren sollen nach Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung hier zwischengelagert werden.

Seit März 1998 lagern im TBL-A je 3 Transport- und Lagerbehälter vom Typ CASTOR V/19 und CASTOR V/52 mit bestrahlten Brennelementen aus Leichtwasserreaktoren. Darüber hinaus lagern hier seit 2005 achtzehn Behälter vom Typ CASTOR® MTR 2 mit Brennelementen aus dem Forschungsreaktor in Rossendorf, die in zwei Chargen mittels LKW angeliefert wurden.

  • 1992-1995: 305x CASTOR THTR aus Hamm-Uetrop
  • März 1998: 3x CASTOR V/19 aus dem AKW Neckarwestheim
  • März 1998: 3x CASTOR V/52 aus dem AKW Gundremmingen
  • Mai / Juni 2005: 18x CASTOR MTR 2 aus dem Forschungszentrum Rossendorf

Geplante Transporte / Einlagerungen

Im Gespräch sind zahlreiche Atommülltransporte, die in den kommenden Jahren das Ziel Ahaus haben sollen:

  • 16 bis 24 Castorbehälter vom Typ MTR3 aus dem Fortschungsreaktor Garching bei München. Der Antrag nach dem Atomgesetz wurde bereits 1995 beim zuständigen Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) gestellt. Im Jahr 2004 hatte das BfS das Vorhaben einstweilig zurückgestellt und nun auf Antrag des Betreibers wieder aufgenommen. Der Transport in das Zwischenlager Ahaus ist aus heutiger Sicht ab dem Jahr 2018 geplant.
  • 113 Container mit schwach- und mittelaktiven Atomabfällen in 30 Zugtransporte von der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague
  • weitere Behälter vom Typ CASTOR MTR2 mit Brennelementen aus Forschungsreaktoren des Hahn-Meitner-Institut Berlin und der Universität Mainz

Beantragt wurde auch die Einlagerung von 152 Castorbehälter aus dem Forschungszentrum Jülich. Weil der Widerstand gegen diese Transporte zu hoch war, wurde als alternative „Entsorgungsmöglichkeit“ der Export in die USA gewählt.

Kritik

Es gibt keine Lösung für den Atommüll, der in der Zwischenlager steht. Heute wird propagiert, dass der mittel- und schwachaktive Müll in das geplante Atommüllager Schacht Konrad gebracht werden soll. Ob das aber in Betrieb geht, ist fraglich. Daher ist davon auszugehen, dass die Einlagerungsgenehmigung für das Zwischenlager einfach verlängert wird. Und so wird der Atommüll weitere Jahrzehnte dort bleiben, wo er ist: in Ahaus. Und der Ort wird zur Atommülldeponie der Nation. Auch für die hochradioaktiven Abfälle gibt es weltweit keine „Entsorgungs“-Lösung  – außer das perspektivlose Abstellen in Zwischenlagehallen wie dem BZA.

„Bevor hier im Münsterland Fakten geschaffen werden, muss die Bundesregierung zunächst ein neues Gesamtkonzept für eine sichere Atommüllentsorgung und für den Atomausstieg vorlegen. Das Bundesamt für Strahlenschutz darf bis dahin keine weitere Änderungsgenehmigung für Ahaus erteilen,“ forderte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.

Die Leichtbauhalle in Ahaus ist keine Lösung für die riesigen Atommüllprobleme der deutschen Atomindustrie. Nachdem die Zwischenlagerhalle am Atomkraftwerk Brunsbüttel ihre Betriebsgenehmigung wegen fehlendem Terrorschutz verloren hat, muss auch die Halle in Ahaus auf den Prüfstand. Im Vergleich schneidet das Bauwerk sogar schlechter ab: Die Wände in Brunsbüttel sind 120cm dick, die von Ahaus nur max. 60cm.

Mit einer zusätzlichen „Mauer“ wollen die Betreiber dem seit den New York-Anschlägen in 2001 erhöhten Risiko von gezielten Terrorangriffen begegnen. Der Beschuss der brisanten Behälter mit panzerbrechender Munition soll so verhindert werden. KritikerInnen halten diese Maßnahme für wirkungslos: Die Mauer soll 10 Meter hoch werden – die Lagerhalle ist aber 20 Meter hoch. Gegen Einwirkungen von oben (Flugzeugabsturz) gibt es keinen (zusätzlichen) Schutz. Auch eine Drainage für Kerosin, die in neueren Hallen durchaus üblich ist, muss nachgerüstet werden.

Schutzkonzept Behälter

Im Zusammenhang mit früheren Castor-Transporten rückte der als „sicher“ gespriesene Behälter in den Fokus der Kritik. Diese sollen ein 30-minütiges Feuer bei 800 Grad Celsius überstehen, ohne dass die Freisetzung Grenzwerte überschreitet. Diese Annahme sei genauso wie das Fall-Szenario aus 9 Metern Höhe unrealistisch in Bezug auf geschehene Unglücke, warnen AtomkraftgegnerInnen.

Wird ein Behälter in Ahaus undicht, gibt es keine Möglichkeit für eine Reparatur. Es fehlt eine „heiße Zelle“, in der der Inhalt umverpackt werden könnte.

Der Atomgegner Felix Ruwe befürchtet zudem eine erhöhte Strahlenbelastung für die Ahauser Bevölkerung: Es gäbe eine geringe Strahlung, die vom Lager ausgeht. Die „Kinderkrebsstudie“ habe bewiesen, dass die Zahl von Leukämiefällen in der Nähe von Atomkraftwerken erhöht ist. Ob das Ergebnis der Studie auf Ahaus übertragbar ist, lässt sich laut Ruwe nicht bestätigen.

Chronik

1977 – Erste Pläne der Atomwirtschaft werden bekannt in Ahaus ein Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente aus Atomreaktoren zu errichten. Gründung der Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ e.V.; Parallel dazu: Pläne des Bundes, in Gorleben eine Wiederaufarbeitungsanlage und ein Lager für Atommüll zu bauen.

1978 – Nachdem das Land Nordrhein-Westfalen der Stadt Ahaus finanzielle Zuwendungen in Höhe von 49 Millionen DM für die Zusage zum Brennelemente-Zwischenlager Ahaus (BZA) gibt, erklärt die Mehrheit des Stadtrates seine Zustimmung. Die Nachbargemeinden Legden, Vreden, Enschede (NL), Winterswijk (NL), Heek und Gescher üben Kritik an den BZA-Plänen.

1979 – Erste „Strukturhilfe“ der Landesregierung im Stadthaushalt von Ahaus (sieben Millionen Mark) für die Zustimmung zum Brennelemente-Zwischenlager Ahaus (BZA); Gründung der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG), Einzug der UWG in den Ahauser Stadtrat mit 25,5% der Stimmen. Bund-Länder-Vereinbarung, wonach in Ahaus erst dann Brennelemente aus Leichtwasserreaktoren eingelagert werden dürfen, wenn die Inbetriebnahme des Salzstockes Gorleben als „gesichert erscheint“.

1983 – Baugenehmigung für das Zwischenlager Ahaus.

1984 – Klage des Bauern und BZA-Nachbarn Hermann Lenting gegen die Genehmigung; Beginn der Bauarbeiten in Ahaus.

1985 – Baustopp in Ahaus durch das Oberverwaltungsgericht Münster nach erfolgreicher Klage von Bauer Lenting bis 1988

1986 – Reaktorunglück in Tschernobyl; Bekräftigung von Ministerpräsident Johannes Rau (SPD), das BZA fertigzustellen.

1987 – Unabhängige Wählergemeinschaft, BI und Ammelner Landwirte klagen gegen die atomrechtliche Genehmigung des BZA

1988 – Aufhebung des Baustopps in Ahaus durch das Oberverwaltungsgericht Münster; Richtfest am BZA

1989 – Fertigstellung des Zwischenlagers

1990 – 3.000 Einsprüche gegen die Einlagerung von Kugelbrennelementen aus dem THTR Hamm-Uentrop in Ahaus

1991 – 400 Menschen bei einer internationalen Menschenkette um das Atommüllager als Protest gegen die geplante Inbetriebnahme

1992 – Transport und Blockade der ersten Castor-Behälter THTR/AVR aus Hamm-Uentrop nach Ahaus

1993 – Abschluß eines Ansiedlungsvertrages zwischen der BZA und der Stadt Ahaus über den Bau einer zusätzlichen Lagerhalle für „schwach- und mittelaktiven“ Atommüll; vorgesehene „Strukturhilfe“ von 160 Millionen Mark; Ahauser Jugendliche gründen aus Protest gegen das „Ja“ des Stadtrates zum Millionendeal die UWGjugend. Fast 1.000 Menschen beim Rock gegen Atommüll von UWG und Bürgerinitiative.

1994 – Bauantrag der BZA für die zweite Lagerhalle. Beginn der monatlichen Sonntagsspaziergänge am Atommüllager, mit den ersten willkürlichen Festnahmen beginnt auch die Kriminalisierung der TeilnehmerInnen

1995 – Nach dem letzten der 57 Transporte aus Hamm-Uentrop stehen nun 305 Behälter in Ahaus stehen, damit ist die Lagerhalle nichteinmal zu 1/8 gefüllt. Koalitionsvereinbarung in NRW zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, wonach in Ahaus „nur radioaktive Abfälle aus dem eigenen Bundesland gelagert werden sollen“. Laut BZA sollen auch Brennelemente aus deutschen Forschungsreaktoren nach Ahaus kommen. Über 500 Menschen aus Ahaus und Umgebung erklären erstmals namentlich in einer Zeitungsanzeige, weitere Atommülltransporte nach Ahaus nicht hinnehmen zu wollen, da das ein Verstoß gegen die Vereinbarung von 1979 und Wortbruch sei. Ohne Öffentlichkeitsbeteiligung erteilt die Stadt Ahaus die Baugenehmigung für die zweite Lagerhalle.

1996 – Ablehnung des Ahauser Stadtrates, Brennelemente des stillgelegten Schnellen Brüters im BZA zu lagern. Die Lagerkapazität in Ahaus soll künftig zudem „durch die Verwendung eines neuen Castor-Typ verdreifacht“ werden. Großdemo zum 10. Tschernobyl-Jahrestag in Ahaus mit ca. 4.000 TeilnehmerInnen. Aktionswoche mit Konzerten, Straßenmalerei und mehreren Camps. Ein Großaufgebot von Polizei und BGS besetzt erstmals die Stadt.

1997 – Nach dem dritten Castor-Transport nach Gorleben und dem größten Polizeieinsatz in der deutschen Geschichte kündigt die Atomwirtschaft an, den nächsten Transport nach Ahaus zu schicken. Große Solikundgebung in Ahaus zum Tag X3 im Wendland als Auftakt für einen immer stärker werdenden Widerstand im Münsterland. Start der Aktion „Wir stellen uns quer“ für eine Blockade des nächsten Castor-Transportes nach Ahaus. Katholische und evangelische Pfarrgemeinden aus Ahaus erklären erstmals die Ablehnung der Atomkraft. Eine stetig wachsende Zahl von Demonstranten bei den „Sonntagsspaziergängen“; symbolische „Städtepartnerschaft“ der Initiativen aus Ahaus und Gorleben, später auch mit Neckarwestheim. Inzwischen haben mehr als 2.000 Menschen namentlich erklärt, den bevorstehenden Castor-Transport gewaltfrei blockieren zu wollen.

1998 – Katholische Verbände aus dem Bistum Münster sprechen sich gegen das Zwischenlager Ahaus und Castor-Transporte aus. Es wird bekannt, daß der geplante „Six-Pack-Transport“ nach Ahaus von einem noch größeren Polizeiaufgebot gesichert werden soll, als der letzte ins Wendland. Zudem seien erhebliche Einschränkungen der demokratischen Grundrechte geplant. Die Gewerkschaft der Polizei NRW bezeichnet den Castor-Transport als „verzichtbar“.

März 1998 – Castor-Six-Pack nach Ahaus

„Schwarzer Freitag“: Am 20. März wird der Castor-Transport, bestehend aus 3 CASTOR V/19-Behältern aus dem AKW Neckarwestheim und 3 CASTOR V/52-Behälter aus dem AKW Gundremmingen mit massiver Polizeigewalt nach Ahaus geprügelt. Der Widerstand im Münsterland ist stark wie nie. Über 7.000 Menschen beteiligen sich an den Sonntagsspaziergängen vor dem Tag X. Über 300 Trecker begleiten die Demos. Aus Angst vor einem noch umfassenderen Widerstand lassen Innenministerium und Betreiber den Transporttermin trotz anderslautender Ankündigungen auf den 20. März vorverlegen. Der Tag X habe gezeigt, „daß Ahaus nicht das billige Schlupfloch für Gorleben ist“, so AtomkraftgegnerInnen nach den Protesten.

Mehrere Monate nach der Einlagerung der Castoren bemerken Mitarbeiter des BZA die Kontaminationen an einem Behälter. Monate später stellt sich heraus, daß alle im März einglagerten Behälter um 75% über den erlaubten Grenzwerten strahlten. Die Kriminalisierungswelle gegen TeilnehmerInnen der Demonstrationen rund um den Tag X läuft weiter, während kein Verantwortlicher für die überschrittenen Grenzwerte herangezogen wird.

1999 – Die 305 Castor-Behälter im BZA setzen Rost an und müssen überholt werden.

2000 – Das Bundesamt für Strahlenschutz erteilt dem BZA eine Änderungsgenehmigung, nach der abgebrannte Uran-Brennstäbe mit einem höheren Abbrand, mit höherem Schwermetallbrand und erhöhtem Anteil an spaltbarem Plutonium in Ahaus gelagert werden dürfen. Atomkraftgegner klagen gegen die Genehmigung. Der gemeinsame Vorstoß von UWG, SPD und Grünen, eine Grundsatzresolution des Rates gegen Castor-Transporte zu verabschieden, wird von der CDU-Mehrheit zurückgewiesen.

2001 – Castor-Transporte aus Neckarwestheim in das BZA Ahaus werden von Bundesumweltminister Trittin abgesagt. Atomkraftgegner werten dies als Erfolg der andauernden Proteste. Rund 1.500 Menschen demonstrieren vor dem Ahauser Rathaus für einen Stopp aller Castor-Transporte.

2002 – Nachdem sich der Baubeginn für die zweite Zwischenlagerhalle in Ahaus seit 1995 immer wieder verzögert hatte, zieht die GNS jetzt einen Schlussstrich. Die neue Halle für schwach- und mittelradioaktive Abfälle, die auch für weitere Castorbehälter Platz bieten sollte, wird nicht mehr gebaut.

2003 – Im Dezember blockieren AtomkraftgegnerInnen aus Ahaus und dem gesamten Münsterland das Atommülllager in Ahaus. Mit Transparenten und Strohballen verstellen sie die Hauptzufahrt der Atomanlage. Mit ihrer Aktion protestierten sie gegen die Ankündigung des Bundesumweltumweltministeriums, im zweiten Halbjahr 2004 wieder hochradioaktiven Atommüll nach Ahaus zu transportieren. Der Strahlenmüll soll in 18 CASTOR-Behältern aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden kommen.

24.03.2004 – Im Zusammenhang mit den Castor-Transporten von Dresden-Rossendorf nach Ahaus bringt die CDU-Landtagsfraktion unter ihrem damaligen Fraktionschef Rüttgers am 24. März 2004 einen Entschließungsantrag (Landtagsdrucksache 13/5243) ein. In diesem Antrag heißt es wörtlich: „Ein erneuter Atommülltransport ist der Bevölkerung in Ahaus und Umgebung solange nicht zumutbar, wie die Frage der Endlagerung für Deutschland ungeklärt ist.“

2005: LKW-Castoren über die Autobahn
„Immer wieder montags“ rollten im Mai und Juni Castor-Transporte aus dem Forschungsreaktor in Rossendorf bei Dresden quer durch Deutschland nach Ahaus. Waren es anfänglich nur Hunderte, die gegen diese Transporte Widerstand leisteten, wurden es schließlich Tausende, die sich bei diesen widersinnigen Transporten quer stellten. Insgesamt 951 Brennelemente aus dem DDR-Forschungsreaktor kamen mit drei LKW-Fuhren a sechs Castor-Behältern über die Autobahn in das Zwischenlager gerollt.

2006 – Der Betreiber des Zwischenlagers beantragt eine Änderung der Einlagerungsgenehmigung: Künftig sollen auch schwach- und mittelradioaktive Atomkraftwerks- und Wiederaufarbeitungsabfälle gelagert werden. Ab 2011 – so der damalige Plan – sollten 116 Tonnen mittelstark strahlender Abfall aus dem französischen La Hague geliefert werden. Die neue Einlagerungspläne für das BZA beinhalteten auch „unverpackte bzw. in Folie verpackte“ radioaktiv verstrahlte Anlagenteile. Bei den Anlagenteilen soll es sich um Elemente aus dem Abbau von Atomanlagen handeln. Die beantragte Lagerdauer war auch 10 Jahre befristet.

2007

  • Gegen die Genehmigungspläne für die Einlagerung von Abfällen aus der Wiederaufarbeitung und weiterem Strahlenschrott aus AKW gehen in Münster vor der Bezirksregierung 400 Menschen auf die Straße. Die Atomkraftgegner waren u. a. mit zwei Autokorsos aus Ahaus und Dortmund nach Münster gekommen. Im  Juni beginnt die Prüfung der Zwischenlager-Erweiterung durch das Öko-Institut Freiburg und den TÜV.
  • Ab September halten der Bund, die Länder NRW und Saarland sowie die Gewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie über den neu gegründeten Evonik-Konzern 45% der Anteile an der Zwischenlagerfirma BZA. Damit bestimmen die drei Regierungen und die Gewerkschaften zusammen mit den großen Atomkonzernen das Geschehen im Zwischenlager. AtokrkraftgegnerInnen warnen davor, dass jetzt „Genehmigungsanträge für das Zwischenlager Ahaus noch leichter zu bekommen“ seien, weil die Genehmigungsbehörden nun den neuen Mit-Eigentümern unterstellt sind.
  • Am 15.11.2007 feiert die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ 30 jähriges Bestehen.
  • November 2007 – Neue Atommüllpläne werden bekannt: sogenannte „CSD-C Kokillen“ sollen nach Ahaus gebracht werden. Sie beinhalten eingeschmolzene und hochdruckkompaktierte Brennelemente-Hülsen und Strukturteile aus der WIederaufarbeitung in La Hague. In 192 speziellen Transport- und Lagerbehältern vom Typ „TGC 36“ soll dieser als „schwach- und mittelaktiv“ deklarierte Atommüll nach Deutschland zurückgeführt werden. Nach damaligen Plänen sollten die Transporte „nicht vor 2009“ beginnen. „Wir gehen davon aus, dass die Transporte der 6.900 CSD-C Kokillen in den Jahren 2009 bis 2011 stattfinden“, so BfS-Pressesprecher Joachim Gross. Die Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ (BI) geht von 32 Transporten aus.
  • 11.12.2007 – Anti-Atomkraft-Initiativen aus dem Münsterland, dem Ruhrgebiet und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) reagieren betroffen auf die erschreckende Studie zu gehäuften Krebserkrankungen bei Kindern im Umkreis von Atomkraftwerken. Als Reaktion fordern sie die NRW-Landesregierung und das bei der Studie federführende Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) auf, auch an anderen nordrhein-westfälischen Atomanlagen ähnliche Untersuchungen durchzuführen.

2008 – Im Mai findet die Bundeskonferenz der Anti-Atombewegung in Ahaus statt. Rund 500 Leute kamen zum Maifest der BI „Kein Atommüll in Ahaus“ am Zwischenlager. Im Herbst 2008 – ein weiterer Hallenkran mit 32 t Tragkraft wurde eingebaut

2009

  • Im März werden neue Pläne zur Atommülleinlagerung werden bekannt: Möglicherweise ab 2013 sollen mehr als 150 Castor-Behälter mit Atommüll aus der Kernforschungsanlage Jülich ins atomare Zwischenlager nach Ahaus transportieren werden. Das Forschungszentrum Jülich sieht das Zwischenlager in Ahaus als mögliche Alternative zu seinem eigenen Zwischenlager vor Ort, dessen Betriebsgenehmigung 2013 ausläuft. Für die Einlagerung in Ahaus sprechen aus Sicht des Forschungszentrums Jülich vor allem Sicherheitsgründe. Am 06.11.2009 beantragt der Betreiber des BZA beim Bundesamt für Strahlenschutz die Einlagerung der 152 Castoren.
  • Am 11.11.2009 wird die Einlagerung von mittel- und schwach-radioaktivem Abfall aus dem Betrieb und dem Abbau alter Atomanlagen genehmigt. Bei den Abfällen handele es sich beispielsweise um Bauschutt, Papier, Putzlappen, Metallschrott sowie ausgebaute Anlagenteile, die laut Bezirksregierung nur eine „geringe Radioaktivität“ aufweisen. Die Abfälle sollen in Behältern aus Beton, Guss und Stahl in der westlichen Hallenhälfte zwischengelagert werden. Vier Tage später protestieren mehr als 150 Atomkraftgegner vor dem Zwischenlager Ahaus gegen neue Atommülltransporte.

„Es ist skandalös, dass die Bezirksregierung mit voller Unterstützung der Landesregierung in einem völlig geheimen Genehmigungsverfahren – ohne Öffentlichkeitsbeteiligung – neue Atommülltransporte nach Ahaus genehmigt. Weder ist bekannt, aus welchen AKWs wie viel Atommüll kommen soll, noch wie hoch die radioaktive Strahlung tatsächlich ist. Wir befürchten, dass vor allem sperriger und stark verstrahlter Problem-Atommüll nach Ahaus soll, den die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke schnell loswerden wollen,“ kritisierte Heiner Möllers, Vorsitzender der BI „Kein Atommüll in Ahaus“.

  • 25.11.2009 – Nachdem im Zwischenlager Gorleben Undichtigkeit im Deckel eines Castors gemeldet wurden, ist die BI „besorgt“: Die Fehler seien besonders brisant, weil die Ahauser Castoren zu einem etwaigen Austausch der betroffenen Deckelschalter womöglich aus Ahaus abtransportiert werden müssen, so Felix Ruwe von der BI „Kein Atommüll in Ahaus“. Bei undichten Castor-Deckeln würde sofort Radioaktivität in die Umgebung gelangen.
  • 29.11.2009 – Nach der neuen Genehmigung seien laut GNS Transporte mit schwach- und mittelaktiven Müll aus der Konditionierungsanlage in Duisburg „ziemlich sicher“. Dort wird Abfall aus Atomanlagen verpresst. AtomkraftgegnerInnen rechnen mit „zahlreichen Atommülltransporten“, die per LKW erfolgen. GNS-Pressesprecher Michael Köbl nannte als Ternin für eine erste Fuhre „Anfang 2010“.
  • 18.12.2009 – Die geplante Anlieferung der „CSD-Kokillen“ aus der WAA La Hague wird auf „voraussichtlich ab 2015“ verschoben.
  • Unter dem Motto „Atommülltransporte nach Ahaus? Eine schöne Bescherung!“ demonstrieren am 20.12. rund 350 Menschen am Zwischenlager gegen neue Atommülltransporte.
  • 22.12.2009 – Aus einer Antwort der Bundesregierugn geht hervor, dass künftig „zwei Mal pro Woche“ für einen Zeitraum von zehn Jahren Atommüll in Ahaus angeliefert werden soll.

2010

  • Mit einem „Autobahnaktionetag“ protestieren am 23.01. Anti-Atomkraft-Initiativen und Umweltverbände aus NRW gegen neue Atommülltransporte nach Ahaus. 25 Autos brachen im münsterländischen Ahaus zu einem 170 km langen Autokorso nach Duisburg und Jülich auf.
  • März – In einem den Bürgerinitiativen vorliegenden „Optimierten Eckterminplan“ des Bundesforschungsministeriums vom 9. November 2009 sind bereits alle Transport-Termine verbindlich festgelegt: Der Antrag auf Transportgenehmigung für die 152 Castoren aus Jülich solle „drei Wochen nach der NRW-Landtagswahl am 1. Juni 2010“ gestellt werden, im Spetmeber und Oktober solle das BfS Einlagerung und Transport genehmigen. Ab 1. März 2011 sollten dann im Schnitt „1,25 Behälter pro Woche bis Mitte 2013“ von Jülich nach Ahaus rollen.
  • Anlässlich des 24. Tschernobyljahrestages gehen in Ahaus am  24.04.2010 über 4.500 Menschen auf die Straße.
  • 21.07.2010 – Die ersten zwei Transporte mit schwach radioaktivem Abfall aus deutschen Atomkraftwerken sind Ahaus eingetroffen. Es handelt sich um Bauschutt, alte Maschinenanlagen und Erdreich.
  • Im August werden Pläne bekannt, die 2005 aus Rossendorf eingelagerten CASTOR-Behälter in die russische Wiederaufarbeitungsanlage Majak zu transportieren. Der Freistaat Sachsen wolle „noch in diesem Jahr einen Vertrag mit seinen russischen Partnern über die endgültige Rückführung des ursprünglich aus der früheren Sowjetunion stammenden Nuklearmaterials abschließen“. Aufgrund von öffentlichem Druck scheitert dieses Vorhaben. Der damalige Bundesumweltminister Röttgen (CDU) muss eingestehen, dass eine „schadlose“ Verwertung der Brennstäbe in Majak nicht möglich ist.

2011

  • Mai 2011: Die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) gibt bekannt, dass „bis 2017 1.200-1.300 Gebinde mit schwach- und mittelradioaktivem Abfall das Zwischenlager Ahaus erreichen“ sollen.
  • Oktober 2011: Für fünf Tage war die Transportgenehmigung für den MTR2-Behältertyp abgelaufen. In diesen 18 Castoren befinden sich 951 Brennelemente aus dem Forschungsreaktor Rossendorf. „Was würde jetzt passieren, wenn ein Behälter Undichtigkeiten aufweisen würde und der Behälter transportiert werden müsste?“, fragten AtomkraftgegnerInnen. Am 20.10. ist nach Angaben des Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) eine neue Genehmigung erteilt worden.
  • Ende November 2011 – Die Bundesregierung lehnt den Bau eines neuen Zwischenlagers auf dem Gelände des Forschungszentrum Jülich ab. Damit sollten „bis Mitte 2013“ und gegen den Willen der Landesregierung NRW die Castorbehälter in das Zwischenlager Ahaus überführt werden.

2012

  • 25. Februar 2012 – Mit einem „Autobahnaktionstag“ wird gegen die angekündigten Castortransporte aus Jülich protestiert. Die Route führt von Ahaus über Duisburg gen Jülich.
  • 16. März 2012 – Das Forschungszentrum Jülich sagt die Transporte nach Ahaus (vorerst) ab.
  • In der 21. oder 22. Kalenderwoche sollen zwei LKW mit Atommüll über Belgien aus La Hague nach Ahaus gefahren sein.
  • 19. Dezember: Die GNS stellt einen Bauantrag zur Errichtung einer 10m hohen Mauer um das Brennelemente Zwischenlager Ahaus (BZA). Die Mauer soll im geringen Abstand aber nur halb so hoch wie die Lagerhalle errichtet werden, angeblich, damit der Atommüll besser gegen terroristische Übergriffe geschützt ist. Genauere Informationen sind geheim.

2013

  • Im November heisst es in der „Twentsche Courant Tubantiain“, dass „in den kommenden drei Jahren“ insgesamt 113 Container mit schwach- und mittelaktiven Atomabfällen in 30 Transporten, hauptsächlich per Zug, von der WAA La Hague nach Ahaus transportiert werden sollen.

2014

  • Im Oktober heisst es, „ab 2018“ sollen wieder Castorbehälter eingelagert werden. Es geht um Brennelemente aus dem alten Forschungsreaktor in München.
  • Im Oktober findet zudem ein „Probetransport“ von der Atommüllkonditionierungsanlage Duisburg nach Ahaus statt.
  • 22.12.2014 – 20 Jahre Sonntagssproteste in Ahaus. Rund 150 Menschen protestieren am Zwischenlager.

2015

  • Ahaus ist für die 152 Castorbehälter aus dem Forschungszentrum Jülich nur noch „zweite Wahl“, präferiert wird der Export in die USA. Dagegen gibt es erhebliche Porteste von AtomkraftgegnerInnen.
  • Dezember: Dafür, dass Bayern sich an der Lagerung von Castorbehältern aus der WAA in England und Frankreich beteiligt, vereinbaren das Land und der Bund, dass sich „das Bundesumweltministerium weiter dafür einsetzt, dass die für die Entsorgung des Forschungsreaktors München II erforderlichen Genehmigungen, insbesondere die verkehrsrechtliche Zulassung des Behälters sowie die erforderliche Änderung der Aufbewahrungsgenehmigung für das Transportbehälterlager Ahaus zeitgerecht erteilt werden.“ AtomkraftgegnerInnen sprechen von einem „schmutzigen Deal“ und einem „klaren Verstoß gegen die Empfehlungen der Reaktor-Sicherheits-Kommission“.

Textquellen (Auszug): de.wikipedia.de, kein-castor-nach-ahaus.de, gns.de, www.castor.de/ahaus/chronik.html, uwg-ahaus.de

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