„AKWs endlich abschalten“ – Demos am Tschernobyl-Jahrestag

In vielen Städten Deutschlands fanden am Samstag, den 26. April, zum 28. Jahrestag der Atomkatastrophe von Tschernobyl, Mahn- und Protestkundgebungen statt. Sie gedachten der bis zu 100.000 Todesopfer, die die Katastrophe in der Ukraine 1986 bis heute das Leben gekostet hat.

660.000 Helfer aus der gesamten Sowjetunion und zusätzlich 243.000 Helfer aus der Ukraine wurden bei dem Versuch noch Schlimmeres zu verhindern radioaktiv verstrahlt – zusätzlich zur Bevölkerung der Region, deren Evakuierung unnötig verzögert wurde. Hunderttausende leiden bis heute an Folgeerkrankungen vor allem an Krebs.

Am Kernkraftwerk Neckarwestheim folgten zahlreiche Atomkraftgegner einem Aufruf des „Aktionsbündnisses Castor-Widerstand Neckarwestheim“ und versammelten sich vor dem Tor. Dort war ein großes Transparent mit der Forderung „1986 Tschernobyl, 2011 Fukushima – AKWs endlich abschalten“ angebracht.

In Rostock protestierten Demonstranten gegen Atomtransporte, die über den Hafen abgewickelt werden. In Brokdorf forderten etwa 300 Atomkraftgegner, die dem Aufruf eines Bündnisses von über 30 Initiativen, Verbänden und politischen Parteien gefolgt waren, das sofortige Aus des dortigen Kernkraftwerks. Im niedersächsischen Grohnde versperrten zahlreiche Atomkraftgegner eine Einfahrt zum Atomkraftwerk. Unter dem Motto „Abschalten aller Atomkraftwerke weltweit“ stand die Kundgebung in Magdeburg. In Mönchengladbach wies ein überparteiliches Bündnis darauf hin, dass von den laufenden Atomkraftwerken nach wie vor ein unverantwortliches Risiko ausgeht. Bei einer Demo und Kundgebung in Marktredwitz berichtete Natalia Iaroshevych, die in Kiew und Tschernobyl aufwuchs, dass viele ihre Verwandten dort an Krebs gestorben seien. Selbst bei Kindern der dritten Generation werde häufig Krebs festgestellt.

Am Wochenende musste eine Expertenkommission der nordrhein-westfälischen Atomaufsicht bestätigen, dass es am 13. Mai 1978 im Atom-Versuchsreaktor Jülich (zwischen Köln und Aachen) nur durch einen Zufall nicht zu einem Super-Gau mit Tschernobyl-Ausmaß gekommen ist. Damals war durch ein Leck im Dampferzeuger Kühlwasser in den Reaktor eingedrungen. Bis heute wird dennoch behauptet, dass die Gefahr einer Kernschmelze in dem so genannte „Kugelhaufen- bzw. Hochtemperaturreaktor“ von Jülich ausgeschlossen sei. Das dabei ausgetretene Kühlwasser hat zu der in Westeuropa höchsten radioaktiv kontaminierten Verseuchung des Bodens und Grundwassers im Umkreis des Reaktors geführt. 2008 hatte Rainer Moormann, ehemaliger Sicherheitsforscher in der Jülicher Versuchsanlage, den Störfall publik gemacht. Ein so genannter Rückbau des stillgelegten Reaktors und des damit anfallenden „heißen Mülls“ ist derzeit undurchführbar.

Auch die Gefahr, die von Tschernobyl ausgeht, ist immer noch nicht gebannt. Bei der Explosion 1986 sind gerade einmal drei Prozent des radioaktiven Materials in der Anlage detoniert. Die übrigen 97 Prozent befinden sich noch immer dort. Der Sarkophag, der 1986 über dem AKW errichtet wurde, ist marode. Seine Fundamente sind instabil und die Dachkonstruktion kann nicht von innen kontolliert werden, weil die Strahlung immer noch tödlich ist. Am 12. Februar 2013 stürzte in der Maschinenhalle von Block 4 auf 600 Quadratmetern die Decke ein. Weitere Einstürze könnten radioaktiven Staub aufwirbeln, der sich wieder über Europa verteilen würde. Der geplante Bau einer neuen Hülle für den Sarkophag ist seit zwölf Jahre im Verzug und ruht zurzeit auch wegen der aktuellen Kriegsgefahr in der Ukraine.

Die weitere Atomkraftnutzung ist ein Roulette-Spiel mit dem Leben von Millionen. In ihrer Jagd nach Maximalprofiten halten die Energiemonopole daran fest: Über 400 AKWs sind weltweit noch in Betrieb, 400 weitere befinden sich im Bau bzw. in der Planung. Deutsche Monopole gehören zu den Hauptbetreibern dieses Ausbaus.

Zum 28. Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl treffen sich rund 1500 Atomkraftgegner am AKW Brokdorf, um dessen sofortige Abschaltung zu fordern und erneut auf die Gefahren der restlichen noch laufenden deutschen Meiler hinzuweisen. Eine Kultur- und Protestmeile bildet das Rahmenprogramm für Kundgebungen und die Demonstration.

Quellen (Auszug): publixviewing.de; rf-news.de, 28.04.2014