Atomausstieg? Die Wahrheit Teil 18: Zweierlei Mass in Gundremmingen – aber nicht die Sicherheit

Deutschland steigt aus. Bis 2022 sollen in einem Stufenplan alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden, das erste bereits 2015. Schwarz/gelb feiert das eigene Einknicken im Fortbestand der Atomenergie als Erfolg, rot/grün stimmt mit dem Argument “alternativlos” zu. Und im Atomkraftwerk Gundremmingen wird mit zweierlei Maß gemessen – allerdings nicht mit der Sicherheit.

Die baugleichen Atomreaktoren Gundremmingen B und C sollen nicht – wie es logisch wäre – zum gleichen Zeitpunkt für immer abgeschaltet werden. Block B darf gemäß des „Atomkonsens“ bis 2017, Block C aber bis 2021 laufen.

Baubeginn der zwei benachbarten Meiler war am 19. Juli 1976. Block B wurde am 9. März 1984 fertiggestellt, Block C am 26. Oktober 1984. Das AKW, mit 2x 1.344 Megawatt Leistung das größte in Deutschland, erzeugt durchschnittlich etwa 21 Mrd. kWh elektrische Energie pro Jahr. Damit werden etwa 30 % des bayerischen Bedarfs gedeckt. Bayern ist besonders abhängig vom Atomstrom – fast zwei Drittel kam aus den 5 Reaktoren in Isar, Gundremmingen und Grafenrheinfeld. Isar-1 ist mit dem schwarz/gelben Atomausstiegsbeschluss stillgelegt worden. Einer Studie zufolge, die im Auftrag der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) erfolgte, könnte ein völliger Atomausstieg bis 2020 eine Steigerung der Industriestrompreise um knapp 40 Prozent gegenüber 2010 bringen. Das sie „völlig inakzeptabel“, so die vbw im Mai 2011.

  • Weil Bayern jahrelang die Energiewende verhindert, Vorreiter im Bau von Atomkraftwerken war und abhängig geworden ist, sollen die Meiler in Gundremmingen länger laufen!

Im Vergleich zum rot/grünen Atomausstieg haben die Reaktoren eine Laufzeitverlängerung von einem Jahr (Block B) und 6 Jahren (Block C) erhalten:

 

Restlaufzeit AKW Gundremmingen

Restlaufzeit AKW Gundremmingen = Laufzeotverlängerung!

Gundremmingen B und C sind Siedewasserreaktoren der Baureihe 72. Im Siedewasserreaktor existiert ist im Gegensatz zu neueren Anlagen mit Druckwasserreaktoren nur ein Hauptkühlmittelkreislauf, das Turbinengebäude ist direkt mit dem Reaktor verbunden. Bei Lecks kann damit leichter Radioaktivität entweichen. Die Steuerstäbe zur Kontrolle der Kettenreaktion müssen von unten und gegen die Schwerkraft in den Reaktor gedrückt werden. Die zwei Lagerbecken mit jeweils über 2.000 extrem strahlenden und heißen Brennelementen liegen außerhalb des Sicherheitsbehälters.

Seit 1995 setzt Gundremmingen, damals als erster Siedewasserreaktor der Welt, auch plutoniumhaltige MOX-Brennelemente ein. Mit rund 40.000 Einwendungen protestierten damals Umweltschützer/innen gegen den giftigsten Stoff der Welt in ihrer Nachbarschaft.

Jeden Tag produziert jeder Block etwa 75 Kilogramm höchststrahlenden Atommüll. Darin sind rund 0,75 kg Plutonium enthalten. 1 Millionstel Gramm eingeatmet, löst wahrscheinlich schon Lungenkrebs aus. 150 Meter von den Reaktoren entfernt befindet sich das Standortzwischenlager, in dem seit der Inbetriebnahme 2006 bereits mehr 30 Castorbehälter stehen. Maximal sollen 192 Behälter eingelagert werden. Nirgendwo sonst in Deutschland lagert schon heute so viel Radioaktivität.

  • Da im Atomkraftwerk Gundremmingen zwei große Reaktoren Tag für Tag Atomstrom und Atommüll erzeugen, ist das AKW Gundremmingen Deutschlands größter Atommüll-Produzent!
Wahrscheinlichkeit eines Super-GAU im AKW Gundremmingen

Wahrscheinlichkeit eines Super-GAU im AKW Gundremmingen

Zwischen 2005 und 2007 wurde die letzte „Periodischen Sicherheitsüberprüfung“ (PSÜ) des AKW Gundremmingen durchgeführt, die Reaktoren auf Sicherheit und Stand der Technik prüft. Das Ergebnis war, dass die Wahrscheinlichkeit eines Super-GAU – das „Restrisiko“ bei 1:1.000.000 – 1:10.000.000 pro Jahr liegen würde. Der Zielwert der Internationalen Atomenergie Agentur (IAEA) weist 1:1.000 auf. Damit wurde dem AKW Gundremmingen ein „hohe Sicherheitsniveau“ attestiert und „keinerlei Anhaltspunkte identifiziert, die einem Weiterbetrieb der Anlage entgegenstehen würden“. Doch trotz des IAEA-Masstabes hat es 1986 den Super-GAU von Tschernobyl und 2011 gleich vier Reaktorhavarien in Fukushima gegeben.

  • Mit dem Super-GAU von Fukishima hat die Berechnung des Restrisikos nach IAEA ihre Legitimation verloren!

Der „Stresstests“ der Reaktorsicherheitskommission räumten ein, dass das AKW Gundremmingen gegen den Aufprall eines großen Flugzeugs nicht ausreichend geschützt ist. In einer Bewertung der Ergebnisse des „Stresstests“ kommt Greenpeace zu dem Ergebnis, dass die beiden Blöcke in Gundremmingen zwar besser abschneiden als ältere Meiler bzw. gleiche Bewertung finden wie Brunsbüttel oder Unterweser. Die alten Reaktoren sollen aber stillgelegt werden. Auch das AKW Krümmel, das sogar besser abschneidet, wird nicht mehr ans Netz gehen.

 

Greenpeace-Bewertung des RSK-"Stresstests"

Greenpeace-Bewertung des RSK-"Stresstests"

Die schwer beschädigten Atomanlagen im japanischen Fukushima sind Siedewasserreaktoren. In Deutschland sollen wegen der mangelhaften Sicherheit alle anderen Siedewasserreaktoren (Brunsbüttel, Krümmel, Philippsburg-1, Isar-1) stillgelegt.

 

  • Gundremmingen B und C sollen die letzten Siedewasserreaktoren Deutschlands werden. Das ist ein nicht hinnehmbares Risiko! Wir fordern die sofortige Abschaltung der veralteten Meiler!
  • Bayrische Wirtschaft will Atomausstieg verhindern
    3. Mai 2011 – Das deutsche Atomland No. 1 versucht den Atomausstieg zu verhindern. Jahrzehnte lang nahm Bayern eine Führungsrolle im Atomlobbyismus ein, das erste AKW stand in Bayern – nun fordern Politiker eine Sonderbehandlung bei der Energiewende.
  • Sicherheits-Ranking für deutsche Atomkraftwerke
    23. Mai 2011 – Greenpeace hat ein Ranking der 17 deutschen Atommeiler erstellt. Die Rangfolge ergebe sich aus der Prüfung und Bewertung der Ergebnisse aus dem am 17. Mai veröffentlichten Bericht der Reaktorsicherheitskommission (RSK). Danach schneidet das AKW Isar I am schlechtesten ab, der Reaktor Emsland relativ am besten. Jetzt gibt es keine Ausreden mehr, die ältesten AKW sofort stillzulegen!
  • Risiko: Brennelemente in Abklingbecken
    17. April 2011 – Grundsätzlich müssen alle verbrauchten Brennelemente nach dem Ausbau aus dem Reaktorkern für mindestens ein Jahr unter Wasser mit aktiver Kühlung lagern, um ihre Temperatur auf höchstens 400 Grad zu senken. Diese erste Zwischenlagerung erfolgt direkt am Reaktor in Abklingbecken, die mit borhaltigem Wasser gefüllt sind. Je nach Reaktortyp sind diese Nasslager stärker oder weniger stark gesichert.
  • Schwabens größte Bedrohung: Gundremmingen ist jetzt Deutschlands größtes Atommülllager
    27. November 2010 – In Gundremmingen lagert heute schon der meiste hochradioaktive Atommüll Deutschlands. Das zeigt eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen. Durch die beschlossene Laufzeitverlängerung könnte es Die Bürgerinitiative FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V. appelliert an alle verantwortlichen Politikerinnen und Politiker, diese apokalyptische Bedrohung für die Bevölkerung nicht zuzulassen.
  • Isar-1 & Gundremmingen: Bayerische AKW liegen bei Strahlenbelastung vorn!
    7. April 2010 – Die bayerischen Atomkraftwerke Gundremmingen und Isar 1 zählen deutschlandweit zu den AKW mit der höchsten radioaktiven Belastung für Luft und Abwasser. Das geht aus dem jährlichen Bericht des Bundesumweltministeriums zu Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung hervor.

Quellen (Auszug): atommuell-lager.de, ausgestrahlt.de, kkw-gundremmingen.de, de.wikipedia.org; 18.07.2011