Anti-Atom-Geschichte: Verklappung von Atommüll in die Weltmeere und der weltweit erfolgreiche Kampf von vielen Anti-Atom-Gruppen

Endlager Meeresboden – Bis 1982 versenkten neun Staaten schwach- und mittelradioaktive Abfälle im Nordostatlantik, darunter auch Deutschland. Insgesamt wurden offiziellen Statistiken zufolge an 15 Stellen 114.726 Tonnen Atommüll in 222.732 Fässern verklappt und zwar Alpha-, Beta- und Gammastrahler. Viele Jahrzehnte haben es sich die Staaten, die Atomtechnik nutzen, leicht gemacht und große Teile der atomaren Abfälle einfach im Meer entsorgt. Was genau auf diese Weise für immer in den Tiefen verschwand, weiß heute niemand mehr.

Die frühen Jahre der Verklappung

Die USA versenkten in den 40er, 50er und 60er Jahren große Mengen Atommüll an den Ost- und Westküsten der USA. Russland hat das im Nordmeer vor seiner Küste und am Pazifik auch so gemacht. In den 60er wurde Atommüll von Deutschland im Meer versenkt.

Radioaktivität, die mit den Stoffkreisläufen der Erde in Berührung kommt, wird zwar verteilt, sammelt sich aber in den Organismen an. So wandert die Radioaktivität selbst aus über 5.000 Meter Tiefe immer weiter die Nahrungskette hinauf, wird immer konzentrierter, und landet eines Tages wieder bei uns auf dem Teller. 20 Jahre hat es gedauert, bis weltweit allen klar war, dass die Entsorgung im Meer keine gute Idee sein kann.

Durch die London Convention von 1972 wurde die Verklappung von Atommüll im Meer eingeschränkt. Bis 1978 versenkten nur noch Großbritannien, die Niederlande, Belgien und die Schweiz Atommüll. Ende der 1970er erwogen Deutschland, Frankreich, Italien und andere Länder wieder Atommüll im Atlantik zu versenken.

Dagegen kam es zu Kampagnen und Protesten u. a. von Anti-AKW-Gruppen in Belgien, Frankreich, die Niederlanden, Spanien, Westdeutschland, den Nördliche Marianen (Pazifischer Ozean) und Japan. Nach massiven und ständigen Protesten von internationalen Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace seit etwa 1979 und lokale und regionale Anti-AKW-Gruppen in Spanien, die zusammen mit Fischern durchgeführt wurden, wurde der Druck der Öffentlichkeit auf die internationale Politik immer größer.

Sommer 1982 Europaweit: Proteste gegen die Versenkung von Atommüll im Meer. Transportblockaden am Marinehafen Den Helder in den Niederlande, auch im Hafen Zeebrugge Belgien wurden Atomtransporte behindert, weitere Demos in Den Haag, Amsterdam und in Berlin eine Protestaktion vor der niederländischen Botschaft, dort wurde eine größere Ladung Müll versenkt. 23.000 t Atommüll sollen rund 340 Seemeilen vor der spanischen Küste (Provinz Galicien) versenkt werden.

Dramatisch wurde es als die Atommüllfässer einfach vom Schiff aus auf die Schlauchboote von Greenpeace geworfen wurden und beinah ein Greenpeace Mensch ertrunken wäre in der aufgewühlten See. Die größte Unterstützung bekamen sie von den Bürgermeistern, Kommunalpolitiker, Fischer und Zivilisten, die sich mit Fischerbooten, Fischtrawlern, Ruder- und Segelbooten auf den Weg in das Versenkungsgebiet machten, Rathäuser wurden besetzt und oder aus Protest geschlossen.

1985 wurde die Atommüllverklappung durch ein Moratorium erst mal gestoppt!

Aber es brauchte seit 1972 noch mal weitere 20 Jahre, bis 1993 diese atomare Verklappung im Meer endgültig verboten wurde. Die London Convention wurde durch diesem Widerstand und dem Druck durch die Öffentlichkeit geändert.

Die Länder des Südpazifiks unterzeichneten den Vertrag von Rarotonga, der die Verklappung im Südpazifik verbietet. Seit 1995 ist damit das Versenken von Atommüll weltweit verboten. Inzwischen wurde in den Versenkungsgebieten u.a. Plutonium 238 in Wasserproben, im Sediment und in Fischen nachgewiesen. Allerdings gilt das Verbot nur für die Verklappung vom Schiff aus.

Natürlich gibt es vermutlich auch einzelne Staaten, Atomfirmen usw. die sich nicht daran halten, so hat der Tsunami 2004 an der Küste von Somalia, den dort im Küstenbereich illegal entsorgten Atom- und Chemiemüll einfach an Land geworfen. Dort liegt er immer noch!

Da sich die politische Situation in Somalia nicht geändert hat, gehe ich davon aus, dass weiterhin giftige Sachen im Küstenbereich versenkt werden. So gibt es dort jetzt Krankheiten, die es früher nicht gegeben hatte.

Die Lebensgrundlagen der Fischer wurden vernichtet. Die früher sehr reichen Fischgründe wurden von ausländischen Fischfabrikschiffen leer gefischt. Die Menschen an der somalischen Küste hungern und kapern internationale Schiffe um Lösegeld zu erpressen.

2011 kamen neue Spekulationen auf, im Untersuchungsausschuss Asse II, wo der deutsche NS-Atommüll bis zum Ende vom Zweiten Weltkrieg geblieben ist. Er könnte im Mai 1967 einfach ins Meer gekippt worden sein. Als möglichen Ort der Verklappung wurde das Iberische Becken vor der portugiesischen Atlantikküste genannt.

Es war ganz klar – ein Teilerfolg. Die flüssigen Einleitungen von Atommüll aus der Wiederaufbereitungsanlage in La Hague (Frankreich) und Sellafield (England) gehen weiter. Ebenso verfahren vermutlich auch die USA, Russland und China mit dem Atommüll.

Dieter Kaufmann, Arbeitskreis gegen Atomanlagen Frankfurt am Main; 09.02.2013

Filmbeitrag von Greenpeace 1982:
httpv://www.youtube.com/watch?v=QFOwUfmeRyA

Quelle: Strahlende Plakate. Eine Sammlung von Plakaten der weltweiten Anti-Atom-Bewegung, WISE / Laka Foundation 2011, 1. Auflage August 2011, ISBN: 3-978-89771-515-8, Seite 85 – 87