E.ON: Verzögerung für AKW-Bau in Finnland

Nach Plänen des deutschen Energiekonzerns E.ON sollten schon im nächsten Jahr im nordfinnischen Pyhäjoki die Bagger rollen. Dort soll in Mitten eines großen Naturschutzgebietes ein neues Atomkraftwerk entstehen. Nun wird nicht vor 2014 mit den Arbeiten begonnen. Atomkraftgegner kritisieren das Projekt, mit dem sich E.ON in ein finanzielles Debakel stürzen wird.

Atom-Standorte in Finnland

Atom-Standorte in Finnland

Vor 2014 werde auf dem Grundstück nichts passieren, sagte Timo Kallio, Bauleiter von Fennovoima, der finnischen Nuklearsparte E.ONs. Ursprünglich sollten 2013 die Erdarbeiten beginnen. Es handele sich aber nicht um „eine Verzögerung“, sondern nur um eine „Präzisierung des Zeitplans“. Anfang 2013 solle der Anlagenbauer ausgewählt werden, erst danach könne ein endgültiger Zeitplan festgelegt werden.

Ein anderes Bild zeichnet Greenpeace: der Energiekonzern könne zur Zeit mit den Arbeiten zur Infrastruktur nicht beginnen, weil Anwohner und die Bürgerinitiative Pro Hanhikivi eine Vielzahl von Einwänden gegen den geänderten Landnutzungsplan eingereicht haben. Es wird vermutlich einige Monate dauern bis das Gericht darüber entschieden hat. E.on besitzt auch nicht alle Grundstücke, die für den Kraftwerksbau benötigt werden und die Besitzer sind bislang nicht bereit zu verkaufen. Kommt es zu einer Enteignung der Menschen wäre dies in Finnland ein Präzedenzfall, noch nie gab es eine Enteignung von Bürgern für ein privatwirtschaftliches Bauvorhaben.

Das Vorhaben in Pyhäjoki könnte daher erheblich teurer werden als heute geplant, schätzt Greenpeace. Gutachten belegen, dass sich Genehmigungsprobleme und erhöhte Sicherheitsanforderungen nach der Atomkatastrophe in Fukushima abzeichnen. Zudem ist die Atommüllentsorgung ungeklärt – zusammen mit dem am Ende fälligen Rückbau des Reaktors würden bis zu 18,7 Milliarden Euro investiert werden müssen. Weil sich der Betreiber der einzigen Endlagerbaustelle in Finnland am Standort Olkiluoto quer stellt, muss E.ON zudem eine eigene Atommülllösung suchen, die der Konzern nicht mal in seiner Heimat Deutschland vorweisen kann.

Dass Zeitpläne bei AKW-Neubauten kräftig durcheinanderkommen können, beweist der erste Reaktorbau in Finnland: in Olkiluoto wird vom deutsch-französischen AREVA-Siemens-Konsortium seit 2005 gebaut. Nach mehrfachen Verzögerungen und Pannen ist der Meiler nun schon mehr als doppelt so teuer, als mit 3 Milliarden Euro schlüsselfertig angeboten. Nicht 2009 wie geplant, sondern nicht vor 2014 soll der Betrieb beginnen. Trotz der Misere wird auch für Olkiluoto ein weiterer Reaktor geplant, für den die Regierung sogar schon grünes Licht gegeben hat. Die endgültigen Baugenehmigungen für beide Projekte stehen aber noch aus.

“Eon hat sich verkalkuliert und droht Milliarden in den Sand zu setzen – die für die Energiewende dringend erforderlich wären”, sagt Tobias Riedl, Atomexperte bei Greenpeace. „Ein finanzielles Desaster wie in Olkiluoto ist auch für das Neubauprojekt in Pyhäjoki zu erwarten. E.on muss sofort aus diesem Irrsinns-Projekt aussteigen – sonst wird sich Pyhäjoki zum nuklearen Alptraum für E.on entwickeln“.

Der Gipfel ist eine mögliche finanzielle Absicherung des Projekts durch deutsche Bürgschaften. Im Dezember 2011 berichteten Bündnis 90/Die Grünen, dass der Bundesregierung eine entsprechende Anfrage vorliegt, mithilfe der E.ON das finanzielle Risiko auf den deutschen Steuerzahler übertragen will.

Atomkraftgegner rufen zu Protesten gegen den Energiekonzern E.ON auf: „Auch der deutsche Stromkunde kann dem Konzern, der in Deutschland scheinheilig den Ausstieg mitträgt und im Ausland neue Meiler bauen will, die rote Karte zeigen“. so Jan Becker von contrAtom. „Wer noch E.ON-Kunde ist, der wechselt seinen Stromanbieter zu einem, der reinen Ökostrom anbietet und keine Verbindung zu den großen Atomkonzernen hat.“

Infos: www.eon-abmelden.de

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Quellen (Auszug): solidbau.at; 08.08.2012; greenpeace.de, 25.07.2012