Endlagersuche: Von wegen Offenheit! Gorleben wird durchgetrickst & eine gesellschaftliche Atommüll-Debatte umgangen

Möglichst zügig wollen Umweltminister Altmeier und Niedersachsens Ministerpräsident McAllister (beide CDU) ein Endlagergesetz auf den Weg bringen, um die Atommüllfrage zu lösen. Atomkraftgegner widersprechen der angekündigten Offenheit, denn das momentane Verfahren soll Gorleben genehmigungsreif machen!

Gorleben stoppen!Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) erklärte in einem Radiointerview erneut, er wolle Gorleben als Standort nicht ausschließen, denn die Suche müssen ergebnisoffen geführt werden. Bereits in der zweiten Jahreshälfte solle ein Gesetz verabschiedet werden, mit dessen Hilfe die Standortauswahl für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle geführt werde. „Ich werde alles tun, damit wir schnell zu einer Lösung kommen“, sagte Altmaier nach einem Treffen mit der niedersächsischen Landesregierung am Dienstag in Hannover.

„Eine faire und offene Suche nach einer Atommülldeponie setzt die Aufgabe Gorlebens voraus, der Standort ist politisch verbrannt!“ Die BI Lüchow-Dannenberg beruft sich noch einmal auf die Kritik an Gorleben: 35 Jahre lang ist getrickst und gelogen worden. Die geologischen Schwachstellen werden bis heute offiziell geleugnet. Den Standort jetzt im Verfahren zu belassen sei ein Trick, um ihn „durch die Hintertür“ genehmigungsreif zu machen.

„Denn die Angst, an anderen Orten könnte der Protest wie in Gorleben entflammen, beherrschte bisher das Verhalten der politisch Verantwortlichen”, so BI-Sprecher Lennart Müller.

Es braucht einen „echten Neustart in der Endlagerfrage“, meint auch Mathias Edler von Greenpeace. Die Bundesregierung setzt zur Zeit lediglich die alte Gorleben-Politik unter dem falschen Etikett eines angeblichen Neustarts weiter fort. Die Mängel in Verfahren und Gesetzentwurf sind aber so zahlreich und schwerwiegend, dass Kompromisse in einzelnen Punkten keine grundsätzliche Verbesserung mehr erreichen könnten.

„Ein Parteikonsens reicht nicht, um am Ende eines Jahrzehnte dauernden Suchprozesses die gesellschaftliche Akzeptanz für einen Endlagerstandort zu erreichen. Dazu bedarf es eines gesellschaftlichen Konsenses und einer nationalen Endlagerdebatte weit über die Region Gorleben hinaus“, so Edler.

Von Beginn an müssten Bürgerinitiativen, Umweltverbände, Kirchen etc., eben die ganze Bürgergesellschaft, in die Diskussionen einbezogen werden. Nur mit einer echten Bürgerbeteiligung von Beginn an – und VOR Verabschiedung eines Gesetzes – kann so ein Suchprozess am Ende erfolgreich sein. Deshalb muss die Politik jetzt inne halten und im ersten Schritt die Gesellschaft mit ins Boot holen. Im zweiten Schritt könne dann das Endlagersuchgesetz kommen. Wenn schon am Anfang der Rahmen nicht stimmt, kann der Rest innerhalb des Rahmens nicht mehr besser werden.

Die Bundesregierung wendet die sogenannte „Legalplanung“ an, die zum Beispiel die verwaltungsgerichtliche Überprüfbarkeit des Verfahrens verhindert. Ganz nebenbei wird den Bürgern an allen potentiellen Standorten in der Bundesrepublik damit der Rechtsschutz stark verkürzt. Nur vor dem Verfassungsgericht können Einwände noch vorgebracht werden – die Hürden, dass eine Beschwerde dort überhaupt angenommen wird, sind bekanntermaßen sehr hoch.

Für die Atomkonzerne hat diese Bundesgesetzkonstruktion noch einen schönen Nebeneffekt: Sie müssen die neue Suche nicht bezahlen. Die Kosten trägt der Steuerzahler, weil die Abfallverursacher nicht zur Finanzierung gesetzesvorbereitender Maßnahmen herangezogen werden können.

„Zeitdruck hat 1977 zu der großen Fehlentscheidung Gorleben geführt. Wer jetzt ein mit heißer Nadel gestricktes Gesetz zur Endlagersuche von oben durchpeitscht ohne die Bürger umfassend zu beteiligen, wird wieder scheitern“, so Edler.

Altmeier will in Kürze Gorleben besuchen, um „mit allen Beteiligten“ vor Ort zu sprechen, auch über die Frage, wann die Erkundungsarbeiten eingestellt werden. Ihm wird ein starker Wind entgegen wehen. Der Wind von 35 Jahren Lügen & Tricksereien.

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Quellen (Auszug): greenpeace.de, bi-luechow-dannenberg.de, dpa; 10.07.2012