Alles falsch! – zum Artikel von FOCUS-Redakteur Gottfried Hahn

Mit dem Artikel „Wie stehen Sie zur Energiewende und ihren Kosten?“ will sich der FOCUS in die Debatte um den Atomausstieg einmischen – und bedient sich dabei fröhlich dem Vokabular der Atomlobby: „Kosten-Tsunami“, „Kostenexplosion“ etc. Alles falsch!, findet Franz Botens vom „Montagsspaziergang Mainz“.

Es ist falsch, dass Frankreich sein Atomprogramm nach Fukushima ausweitet um uns Strom zu liefern. Frankreich baut seit Jahren am neuen EPR-Reaktortyp, die Kosten steigen ins uferlose, es treten große technische Probleme auf und die Akzeptanz in der Bevölkerung sinkt erheblich. 60 000 Franzosen haben bei einer Menschenkette zum Jahrestag von Fukushima 2012 zwischen Lyon und Avignon für die Energiewende in Frankreich demonstriert. Frankreich musste im Winter von Deutschland Strom importieren. Der französische Atomkonzern AREVA schreibt tiefrote Zahlen. Der neue Staatspräsident Hollande will das AKW Fessenheim schließen.

Es ist falsch, dass Deutschland das einzige Land ist, das nach Fukushima seine Energiepolitik geändert hat. Richtig ist, dass Italien den geplanten wiedereinstieg in die Kernkraft durch über 95% Volksentscheid abgelehnt hat, die Schweiz und Belgien den Ausstieg beschlossen haben und Japan alle AKWs runtergefahren hat. Die Erneuerbaren boomen in vielen Ländern, auch ohne Kernkraft.

Es ist falsch, dass die Stromintensive Industrie über staatliche Subventionen wettbewerbsfähig gehalten wird. Richtig ist, dass diese Industrie vom Staat eine Befreiung von der EEG-Umlage im Gesamtvolumen von 2 Mrd Euro erhält, die die Normalbürger und alle anderen Betriebe mehr tragen müssen. Dass es auch anders geht zeigt die BASF. Sie produziert einen Großteils ihres Stroms in hocheffektiven GuD-Kraftwerken selbst.

Zum Strompreis: In Deutschland ist der hohe Strompreis einer sittenwidrigen Gewinnspanne von 280% der Atomkonzerne geschuldet. Ein Vergleich mit Frankreich ist nicht möglich, da kein freier Wettbewerb existiert. AREVA, der französische Atomkonzern ist großteils Staatlich und der Strompreis dadurch indirekt stark subventioniert Im !. Quartal 2012 hatte Deutschland einen Exportüberschuss von 8,2 Milliarden kWh. Auch jetzt expotieren wir Strom.

Die KIT-Studie ist nicht auf Normalverbraucher anzuwenden sondern nur für Gewerbestrompreise erstellt. Zudem ist sie falsch, Sie können die Entwicklung der Industriestrompreise beim VIK nachlesen: http://vik.de/VIK-Strompreisindex.html. Würde man sie aber auf den Haushaltsstrompreis anwenden, wären 70% Steigerung in 13 Jahren wirklich so eklatant? Müssen wir mit allen anderen Gütern nicht mindestens mit derselben Preissteigerunge rechnen. Bei Rohstoffen wie Erdöl und Uran wegen der Verknappung ganz bestimmt. Wo ist da Ihre Journalistische Recherche?

Ich stelle fest, dass dieser FOCUS-Artikel jede journalistische Sorgfalt vermissen lässt und ganz eindeutig in eine bestimmte Richtung polemisiert. Wenn FOCUS sein Gesicht waren will ist eine offizielle Richtigstellung unerlässlich.

Franz Botens, Montagsspaziergang Mainz – www.montagsspaziergang.de

  • zum Artikel „Wie stehen Sie zur Energiewende und ihren Kosten?“ auf focus.de
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