Lubmin Castor: Antiatom Aktivist sitzt Strafe in der JVA ab

Kaum ist das Atommüllschiff „Edo“ am Atommüll Zwischenlager Lubmin angekommen, zeigt der Atomstaat wieder seine Zähne: Nicht die Verursacher des Atommülls, nicht die Verantwortlichen für diese gefährliche menschenverachtende Atompolitik werden kriminalisiert, sondern die zahlreichen AtomkraftgegnerInnen, die sich dem reibungslosen Ablauf der Atomgeschäften in den Weg stellen.

Weil er sich gegen einen Castortransport im Dezember 2010 wehrte, wurde heute früh der Lüneburger Antiatom- und Robin Wood-Aktivist Karsten Hilsen von der Polizei festgenommen. Als Zeichen dafür, dass er weder die Strafe noch die Kriminalisierung vom legitimen Protest akzeptiert, hat er sich dafür entschieden, eine 10 Tagessätze-Strafe nicht zu bezahlen und in der JVA abzusitzen.

Am 16. Dezember 2010 beteiligte sich Karsten an einer Protestversammlung an der Bahnanlage in Höhe Stillow Siedlung zwischen Greifswald und Lubmin. Vier KletteraktivistInnen, gelang es, an der Bahnanlage hoch in die Bäume zu Klettern und mit Transparenten ihren Protest kundzutun – bis sie von einer Sondereinheit der Bundespolizei sie herunterholte. Währenddessen wurden ihre UnterstützerInnen am Boden – darunter Karsten – von der Polizei in Gewahrsam genommen – rechtswidrigerweise, weil die Versammlung zuvor nicht aufgelöst wurde.

Es folgten Klagen gegen die Polizeimaßnahmen und zwei Strafbefehle gegen Karsten Hilsen. Der erste Prozess fand in Greifswald vor dem Amtsgericht am 30. Juni letztes Jahres statt.

„In der Hauptverhandlung konnten wir den Vorwurf des Widerstandes und der Beleidigung schnell entkräften, Zweifeln an der Zechtmäßigkeit der Polizeimaßnahmen wecken und die unwürdigen Haftbedingungen unter denen die Gefangenen abtransportiert wurden. Karsten, der immerhin 1,90 Meter groß ist und an Rücken und Knieschmerzen leidet, hatte sich gegen sein Einsperren in einer 50cm mal 50cm großen Zelle gewehrt. Aus diesem Grund kam es dann zum Prozess. Beleidigung ist nicht strafbar, wenn diese als „Sozialadäquat“ anzusehen ist. Nach einer Stellungnahme der Verteidigung zu den Tatumständen stellte das Gericht das Verfahren gegen Karsten auf Staatskosten ein“, erläutert die Polit-Aktivistin Cécile Lecomte, die in diesem Verfahren als Karstens Verteidigerin zugelassen worden war.

Das Szenario sollte sich dann wenige Wochen später wiederholen. Diesmal vor dem Amtsgericht Wolgast. Karsten wurde vorgeworfen, in der Gefangenensammelstelle in Wolgast, einen Polizeiarzt, der seine Beschwerden ignorierte und ihm – so Karsten – misshandelte, beleidigt zu haben. Zum Prozess kam es aber nicht. Karsten erkrankte kurz vor dem Hauptverhandlungstermin und reichte ein Krankenattest nach. Dem zuständigen Richter reichte das Attest nicht. Dies teilte er Karsten aber nicht mit. Er verwarf einfach seinen Einspruch. Der Strafbefehl in Höhe von 10 Tagessätzen à 30 Euro wurde rechtskräftig, ohne dass sich Karsten jemals vor Gericht verteidigen konnte. Wie wichtig eine solche Verteidigung ist, hatte wenige Wochen zuvor ausgerechnet der Prozess in Greifswald gezeigt.

„Ich finde es gut, dass Karsten diese willkürliche Strafe nicht akzeptiert und sich weigert zu zahlen – auch wenn er dafür eingesperrt wird. So wird sichtbar, was das Justizsystem mit dem Grundsatz eines fairen Verfahrens und Gerechtigkeit zu tun hat: nämlich gar nichts! Das Strafbefehlverfahren, also das Verurteilen ohne Prozess, gibt es nur in der Deutschen Gerichtsbarkeit! Mit Rechtsstaat hat dies nichts zu tun. Das ist Willkürstaat“, kommentiert Cécile.

Karsten wurde zunächst zur JVA Lüneburg gebracht, er wird voraussichtlich am 13. Juni wieder entlassen.

Quelle (Auszug): http://blog.eichhoernchen.fr; 05.06.2012