Gorleben: Bundesregierung setzt auf Zeit

Wahlkämpfe kann man mit dem Thema Atommüll-Endlagerung nicht gewinnen, vor allem aber nicht mit Gorleben. Die Bundesregierung will die Erkundungsarbeiten deshalb noch in diesem Jahr beenden und einen neuen Baustopp verhängen. Dann sollen bundesweit Alternativen gesucht und erforscht werden. Gorleben soll – falls nötig – dann wieder als Vergleich herhalten. Atomkraftgegner kritisieren dieses Vorgehen, denn es ist nur ein Spiel auf Zeit – um Gorleben am Ende durchzusetzen.

Die Erkundungsarbeiten könnten wie angekündigt im Herbst erstmal beendet werden. Im Anschluss findet für einen nicht näher beschriebenen Zeitraum ein „Offenhaltungsbetrieb ohne weitere Erkundungen“ statt. In der Zeit sollen weitere Standorte gefunden und oberirdisch auf ihre Eignung als Atommüllendlager untersucht werden. Schon im Februar hatte der neue niedersächsische Umweltminister Birkner diese Lösung vorgeschlagen, um Glaubhaftigkeit in der vergleichenden Endlagersuche zu bewahren. Denn Gorleben für über 70 Millionen Euro im Jahr weiterzubauen und parallel für 6 Millionen andere Orte suchen zu wollen, das lässt sich der Öffentlichkeit nicht als „weisse Landkarte“ verkaufen.

  • Laut der „Süddeutschen“, der ein entsprechendes Papier der Bundesregierung vorliegt, soll Gorleben nach dem Baustopp nur wieder erkundet werden, falls das nötig wird, um den Salzstock mit anderen Standorten zu vergleichen. Allerdings soll in dem Salzstock ein „Forschungslaborbetrieb“ möglich sein.

Das Kabinett soll schon nächsten Mittwoch über ein „Endlagergesetz“ entscheiden, doch das geplante Treffen zwischen Bundesumweltminister Röttgen und der Opposition kam vergangenes Wochenende nicht zustande. Dieser Vorstoss zu Gorleben soll nun wohl eine Befriedung zwischen den Parteien herstellen, denn u.a. die künftige Rolle des wendländischen Bergwerks war bislang ungeklärt. Kritiker wollen den Standort wegen mangelhafter Geologie und seiner rein politischen Auswahl vom Tisch. Befürworter verweisen auf 1,6 Milliarden bereits investierte Euro.

Atomkraftgegner bemängeln zudem, dass parallel zur Erkundung an der „Vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben“ (VSG) gearbeitet werde, eine erste Zusammenfassung aller Erkenntnisse, an deren Ende eine Eignungsaussage stehen soll. Beauftragt sind u.a. der ehemalige Nuklearchef von Vattenfall, Bruno Thomauske und weitere Institute, die einer Eignung Gorlebens in der Vergangenheit positiv gegenüber standen. Sobald diese Studie vorliegt, wird der Druck steigen, in Gorleben weiterzubauen und die Suche nach Alternativen weiter einzuschränken.

Auch soll Gorleben als einziger Standort mit Salzgestein untersucht werden. Wird am Ende ein Vergleich mit einem Bergwerk mit z.B. Ton versucht, vergleicht man „Äpfel mit Birnen“, so Jochen Stay von ausgestrahlt. Man wolle mithilfe der VSG, deren Kriterien auf Gorleben zugeschnitten sind, den Standort durchsetzen.

„Wir fordern, das Projekt Gorleben aufgrund der erwiesenen geologischen Mängel ganz zu beenden, statt mit immer neuen Verfahrenstricks zu versuchen, den Standort zu retten“, so Stay.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) warnt die Oppositionsparteien vor diesem „vergifteten Vorschlag“. „Röttgen hält an Gorleben als Referenzstandort fest, die Trickserei und die große Lüge der Vergangenheit, dass in Gorleben nur erkundet wurde, wird somit fortgeschleppt. Eine weiße Landkarte bei der Endlagersuche behielte damit den großen schwarzen Fleck, doch der muss weg!“, sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

„Ein Forschungslabor ist genauso wenig akzeptabel wie ein ‚Einmotten‘ des Bergwerks für weitere zehn Jahre. Unter rot/grün gab es 10 Jahre Moratorium, schwarz/gelb weiss sich nicht anders zu helfen, als wiederrum einen Baustopp zu verhängen. Das Dilemma ist doch offensichtlich – nur das Eingeständnis fehlt: an Gorleben traut sich niemand ran, weil es zum Scheitern verurteilt ist. Wir fordern einen definitiven Schlussstrich unter das Projekt!“, so Jan Becker von contrAtom.

  • Trickserei um Gorleben geht in die nächste Runde
    4. Februar 2012 – Nach einem Besuch des neuen niedersächsischen Umweltminister Birkner in Gorleben geht die Trickserei in die nächste Runde: noch bis Herbst solle weitergebohrt werden, dann bis 2020 ein Baustopp herrschen um einen Vergleich mit weiteren noch zu findenden Standorten zu ermöglichen. Atomkraftgegner sehen eine weitere Episode von Heuchelei und Tricks, mithilfe derer Gorleben durchgesetzt werden soll.
  • Machtpolitisches Gezocke: Gorleben bleibt im Pool der Endlagerstandorte
    29. Februar 2012 – Bund und Länder haben sich bei ihren Verhandlungen über ein Endlagersuchgesetz geeinigt: Gorleben bleibt weiter im Pool. Damit gehen die Untersuchungen und der bau eines Endlagers in dem untauglichen Bergwerk weiter. Atomkraftgegner kündigen Proteste an: am 28.04. wird in Gorleben demonstriert!

Quellen (Auszug): sueddeutsche.de, ausgestrahlt.de, bi-luechow-dannenberg.de; 23.03.2012