Wyhl – 40 Jahre Widerstand gegen die Atomenergie

Vor 40 Jahren, am 08. Februar 1972 fand die erste öffentliche Informationsveranstaltung am nördlichen Kaiserstuhl zu den Gefahren der Atomenergie statt. Was folgte war die Einstellung des AKW-Projektes Wyhl. Heute wird dort ein Gedenkstein enthüllt.

Vor genau 40 Jahren trug der damals renommierte Atomphysiker Prof. Dr. Hans Klumb sehr fundiert die Risiken der so genannten „friedlichen Nutzung“ der Atomenergie vor. Dieser Abend kennzeichnete den Beginn des Widerstandes gegen das Atomkraftwerk Wyhl. Der damaligen badische Landesbischof Hans-Wolfgang Heidland rief im Februar 1975 Ministerpräsident Hans Filbinger (CDU) an und konnte einen Großeinsatz der Polizei gegen die Anti-AKW-Demonstranten verhindern.

„Am Anfang stand Wyhl, am Ende Fukushima“, erklärte der evangelische Landesbischof Ulrich Fischer, der heute Abend in Weisweil einen Mahn- und Gedenkgottesdienst gestaltet.

Fischer hatte in der Ethikkommission der CDU/FDP-Bundesregierung zum Atomausstieg mitgearbeitet. Er erklärte, dass der vor 40 Jahren in Wyhl mutig beschrittene Weg mit dem 2011 beschlossenen Atomausstieg einen „besonnenen Abschluss“ gefunden habe. Doch gebe es angesichts noch vieler ungelöster Probleme auf dem Weg zu einer sicheren Energieversorgung ohne Kernkraft keinen Grund zum Jubeln.

Die Geschichte der Nutzung der Atomenergie ist mit den Katastrophen von Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima „ein Lehrstück über den Mangel menschlicher Demut und den Wahn menschlicher Grenzüberschreitungen, die nicht ungestraft bleiben“, so Fischer.

Mit dem Gottesdienst und der Enthüllung eines Gedenksteins erinnern Kirchen und Bürgerinitiativen heute abend in Weisweil an den Beginn des Widerstands gegen das AKW.

In der Region um Wyhl, in Südwestdeutschland, kam es 1975 zur ersten großen Demo in Westdeutschland, rund 28.000 Menschen aus der Schweiz, Österreich, Frankreich und Südwestdeutschland besetzen, zum 2. Mal den Bauplatz im Wyhler Wald und gründeten das erste deutsche Anti AKW Camp. Nach der ersten Bauplatzbesetzung stürmten 650 Polizisten mit Wasserwerfern den Bauplatz, die Besetzer verhielten sich gewaltfrei. Der Anti AKW Protest rückt in die Hauptschlagzeilen und die Woge eines Wellenkamms spontaner Sympathie schwappte über die AKW Widerständler. Beobachtern fiel der hohe Anteil der Frauen auf. Ein Merkmal der weltweiten Anti Atom Bewegung bis heute. Zum ersten Mal standen eher konservativ bäuerliche Bevölkerung und linke, eher langhaarige Studentengruppen aus den Großstädten miteinander auf der Straße und probten den erfolgreichen Widerstand gegen die Politik und Atomindustrie, eine in der bundesdeutschen Protestgeschichte eher ungewohnte Allianz. Ein Kuriosum ist auch, aus späterer Sicht, dass ein lokaler Jägerverein den AKW Widerstand unterstützte. Seit dieser Zeit gibt es auch eine gute Zusammenarbeit zwischen französischen und deutschen AtomkraftgegnerInnen bis heute. Es gibt auch ein gemeinsames Symbol, das in beiden Ländern große Verbreitung fand. „Stoppt die Atomindustrie – kämpft für das Leben“. Eine fast wörtliche Übersetzung aus dem französischen „halte à l`industrie nucléaire – combat pour la vie.“ Als Aufkleber und Button kann er auch 2012 immer noch gekauft werden. Es wurde dann so langsam von der heute überall bekannten lachenden Anti-AKW-Sonne abgelöst, die von Anne Lund aus Dänemark 1975 gezeichnet wurde und die bis heute, weltweit so 20 bis 40 Millionen Mal verkauft wurde, nur Che verkaufte sich besser. Zum Beststeller wurde auch das Anti-AKW-Liederbuch, das in vielen Neuauflagen erschienen ist.

Quellen (Auszug): Dieter Kaufmann, badische-zeitung.de; 08.02.2012