Umweltminister Sander gibt die Region Asse auf

Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) gibt einer Bergung des Atommülls aus dem maroden Lager Asse bei Wolfenbüttel keine Chance mehr. Den Pläne, die Fässer wegen der Gefahr einer Verseuchung von Grundwasser und Umgebung aus der Erde zu holen, erteilt er eine Absage. Atomkraftgegner sind schockiert, denn damit gibt der Umweltminister die Region um die Asse auf.

Stoppt das dreckige Atomgeschäft! - Besetzung des Asse-Schachts am 02.09.2009

Stoppt das dreckige Atomgeschäft! - Besetzung des Asse-Schachts am 02.09.2009

„Für uns war immer klar, dass die größere Gefahr entsteht, wenn man die einzelnen Fässer rausholt. Unsere Fachleute haben auch immer gesagt, dass der für die Rückholung angesetzte Zeitraum nicht realisierbar ist“, sagte Sander der „Neuen Presse“ Hannover vom Samstag. „Wir brauchen so schnell wie möglich einen sicheren Verschluss der Asse“. Erst gestern hatte Sanders Ministerium erklärt, trotz der Zweifel von Experten halte das niedersächsische Umweltministerium (NMU) grundsätzlich an dem Plan fest, den Atommüll zu bergen.

Ein „sicherer Verschluss“ ist nach Plänen Sanders das Vollpumpen der ehemaligen Endlagerbergwerks mit Beton und Salz. Eine Rückholung der 126.000 Atommüllfässer, die teilweise mit nicht identifizierbarem Inhalt gefüllt sind, ist dann unmöglich. Niemand weiss heute, was nach diversen Skandalen um Falschdeklarationen von angelieferten Fässern tatsächlich in über 800 Metern Tiefe lagert.

Die Prognose eines Einsturzes bzw. Instabilität ab 2012 ist die Grundlage für die Annahme, dass nur wenig Zeit für eine Bergung besteht. Geplant war eine Rückholung ab 2020, bis zu 4 Milliarden Euro sind dafür veranschlagt. Eine grundsätzliche Klärung über das Verfahren sollte nach ersten Probebohrungen stattfinden, die aber vom NMU blockiert werden.

Atomkraftgegner sind schockiert, denn diese Äußerung Sanders kommt einer Aufgabe der Region Asse gleich. Schon heute schwappt Lauge, die stärker strahlt als es die Grenzwerte zulassen, durch den Berg. Mögliche Wegsamkeiten der Flüssigkeit in Richtung Biosphäre sind ungeklärt.

„Herr Sander handelt absolut unverantwortlich, er kann doch die Region ohne den Versuch einer bestmöglichen Lösung zugunsten der Sicherheit nicht einfach aufgeben. Er als gewählter Vertreter der Menschen hat doch die Aufgabe, die Bevölkerung zu schützen. Mit einem Betonverschluss macht er eine langfristige Gefahrenabwehr unmöglich. Er hat sämtliches Vertrauen verspielt und ist es nicht mehr würdig, den Titel ‚Umweltminister‘ länger zu tragen. Wir fordern den sofortigen Rücktritt“, so Jan Becker von contrAtom. „Herr Sander entscheidet sich für eine billige, aber gefährliche Lösung des Asse-Desasters. Er ist sich der Verantwortung nicht bewusst, die er für die kommenden Generationen trägt.“

„Rückholung um jeden Preis!“ hatten bereits vorgestern die Organisationen um die Asse gefordert. Jeder Kubikmeter geborgenen Atommülls ist ein Sicherheitsgewinn.

  • Mit einer Silvester-Demonstration wollen Umweltschützer ihrer Forderung nach Rückholung der radioaktiven Abfälle aus dem Atommülllager Asse Nachdruck verleihen: Bei der Kundgebung am Bergwerk werde es Redebeiträge, Essen und Trinken sowie „Überraschungen“ geben, kündigte die „Bürgeraktion Sichere Asse“ am Samstag an.
  • Asse-II: Atommüll-Bergung nicht mehr möglich?!
    23. Dezember 2011 – Stürzt die Asse noch vor der Bergung der Atommüllfässer ein? Laut eines Expertenpapiers könnte ab 2012 die Bergung des Mülls aus Gründen des Strahlenschutzes und wegen der Einsturzgefahr des Bergwerks zu riskant werden. Atomkraftgegner fordern: Rückholung um jeden Preis!
  • Asse-II: Schwarz/gelb drückt sich vor Verantwortung
    5. Oktober 2011 – 125.000 Fässer mit schwach- und mittelaktiven Atomabfällen wurden teilweise ohne Rückholoption einfach abgekippt. Es gab kein Versuchs- sondern faktisch ein Endlager. Nun dringt Wasser ein und es droht einzustürzen. Und schwarz/gelb drückt sich vor der Verantwortung, die Atommüllberge aus dem havarierten Endlager Asse-II zu bergen – und pokert auf eine Billiglösung.

Quelle: Neue Presse, 24.12.2011