14.12.1962 – Gundremmingen: Erste Genehmigung für AKW in Deutschland

Am 14.12.1962 wurde die erste Genehmigung für den Bau eines Atomkraftwerks in Deutschland für das AKW Gundremmingen Block A erteilt. Nach einem schweren Störfall musste der Block 1977 stillgelegt werden. Hier ereignete sich 1975 auch der erste Unfall in einem deutschen Reaktor mit Todesfolge.

Nachdem die Stadt Nürnberg wegen ihrer Trinkwasserschutzgebiete im Mündungsgebiet des Lechs gegen den anfangs geplanten AKW-Standort Bertoldsheim an der Donau (zwischen Donauwörth und Neuburg/Donau) protestiert hatte, wurde rund 50 Kilometer donauaufwärts in Gundremmingen (zwischen Dillingen und Günzburg) Deutschlands erstes Groß-Atomkraftwerk am 13. Juli 1962 beantragt, schon am 14. Dezember 1962 genehmigt und im Dezember 1966 in Betrieb genommen.

Eine protestierende ´Notgemeinschaft Atom-Kraftwerk Gundremmingen-Offingen´ wurde mit in Aussicht gestellten Geldern zum Verstummen gebracht. Die Baukosten von 300 Millionen DM wurden überwiegend von der öffentlichen Hand getragen, nur 100 Millionen DM mußten die damaligen Betreiber Bayernwerk und RWE zuschießen.

Verfügbarkeit des AKW Gundremmingen-A

Verfügbarkeit des AKW Gundremmingen-A

Erstes kommerzielles AKW Deutschlands

Gundremmingen-A war mit seiner Inbetriebnahme 1966 der erste kommerzielle Atomreaktor der BRD zur industriellen Stromerzeugung und gleichzeitig das damals weltweit größte AKW. Der Reaktor wurde damals komplett in amerikanischer Lizenz gebaut und wurde auch ´Demonstrationskraftwerk Gundremmingen´ genannt, da hier entscheidende Erkenntnisse für den Bau von großen AKW gewonnen wurden. Von 1966 bis 1977 wurden etwa 16 Mrd. kWh Strom produziert.

Störfälle und Vorkomnisse

  • Bereits im Februar 1967 wurde der Dampferzeuger überspeist. Eine Schweißnaht am Dampfrohr brach und gab radioaktiven Dampf frei. Dabei entstanden auch Schäden am Dampferzeuger.
  • Die Turbinenanlage erwies sich als recht störanfällig: Im Januar 1968 gab es ´Schaufelsalat´ in der Niederdruckturbine, bereits im Mai 1968 erneut. Daraufhin wurden die ersten drei Schaufelreihen in der Turbine provisorisch abgedreht, daraus resultieren drei Prozent Leistungseinbuße, die von den AKW-Betreibern in Kauf genommen wurden. – Diese Notmaßnahme hielt nicht lange: Schon im August 1968 gab es den nächsten ´Schaufelsalat´ in der Niederdruckturbine.
  • Im April 1969 trat ein Leck in einer Dampfleitung auf, Radioaktivität drang in den Sicherheitsbehälter.
  • Beim Auswechseln der Brennelemente im Mai 1969 ware 60 der 368 Brennelemente defekt, beim Brennelementwechsel im Juni 1970 bestand bei 33 von 143 Brennelementen der Verdacht auf Schäden, im Juni 1971 bestand beim Brennelementwechsel bei 38 von 91 Brennelementen der Verdacht auf Schäden.
  • Im August 1969 gelangten durch das Öffnen eines falschen Ventils 20 Tonnen Wasser aus dem Zwischenlager-Becken in den Flutraum. Starke Materialbelastung durch kaltes Wasser war die Folge.
  • Im Oktober 1973 viel der Druchfluß von Kühlwasser unter den vorgeschriebenen Wert. Der Atommeiler wurde daraufhin abgeschaltet. Als Ursache wurden Kupfer- und andere Ablagerungen festgestellt.
  • Im Oktober gab die ´Automatik´ mehrfach und ohne Grund ´GAU-Alarm´. Als Ursache wurde ein falsch eingestelltes Ventil ermittelt.

1975: Dampfaustritt mit Todesfolge
Im November 1975 wurden zwei Monteure bei der Reparatur eines Ventils durch vier Liter ausströmenden radioaktiven Dampf aus dem Primärkühlkreislauf tödlich verbrüht.

  • Im Mai 1976 wurden Risse im Speisewasser-Verteiler festgestellt.

13.01.1977: Totalschaden nach externem Netzausfall und einer ganzen Serie von Pannen und Fehlern
Am 13.01.1977 erfolgte ein Kurzschluß in den Stromleitungen außerhalb des AKW Gundremmingen A. Als Ursache dieses Kurzschlusses werden genannt: In den beiden abführenden Stromleitungen des Atomkraftwerks Gundremmingen war es nach einem Kälteeinbruch und einem Blitzschlag zu Kurzschlüssen gekommen. Wegen der Eislast auf den Hochspannungsleitungen war die Fortleitung des Stroms unterbrochen worden. Die beiden vom AKW wegführenden Stromleitungen waren gerissen.

Durch diesen Netzausfall kam es im AKW Gundremmingen A zu einer Reaktorschnellabschaltung, dabei ereignete sich eine ganze Serie von Pannen und Fehlern, – die letztendlich zu einem ´Totalschaden´ des Atommeilers führten: Durch eine Serie von Fehlsteuerungen kam es bei der eingeleiteten Schnellabschaltung zu einem schnellen Druckanstieg und zur Dampfabblasung ins Reaktorgebäude und in Folge dessen zu Rissen in Sicherheitsventilen und Rohrleitungen. Innerhalb weniger Sekunden strömten 200.000 Liter radioaktiver Dampf in das Reaktorgebäude. Schon nach rund zehn Minuten stand im Reaktorgebäude das Wasser drei bis vier Meter hoch, die Temperatur war auf brisante 80 Grad Celsius angestiegen.

Vier Tage nach dem ´Ereignis´ wird die Radioaktivität im Reaktorgebäude ´kontrolliert´ über den Kamin freigesetzt. Erst nach Wochen war das Reaktorinnere wieder durch die Aufsichtsbehörden inspizierbar.

Inspektionen ergaben, daß der Stahl der Rohrleitungen Schäden aufwiesen (ein ´importierter amerikanischer Materialfehler´), deshalb wurde ´Nachertüchtigung´ mit neuen Rohrleitungen gefordert. – Der TÜV verordnet ein völlig neues Sicherheitskonzept. Die Politik und Aufsichtsbehörden verlangten eine Modernisierung der Leit- und Sicherheitstechnik auf den Stand der Technik.

Anfangs hieß es noch, der Reaktor werde in einigen Wochen wieder in Betrieb gehen können. Über Monate und Jahre wurde dann langsam bekannt, daß der Reaktor nicht mehr repariert werden wird. Die geforderten Baumaßnahmen zur Nachbesserung waren den Betreibern der Anlage zu teuer: etwa 180 Millionen DM hätte die Modernisierung gekostet. Auch wegen der in der direkten Nachbarschaft bereits in Bau befindlichen zwei neuen, stärkeren Reaktoren Gundremmingen B und C entschieden sich die Betreiber für den Abriß.

Das Atomkraftwerk Gundremmingen A, das erst gut 10 Jahre vorher in Betrieb gegangen war, blieb so nach dem schweren Störfall am 13.01.1977 für immer abgeschaltet. Die kontaminierten Stahlteile wurden in Behälter gegossen und im Zwischenlager Mitterteich eingelagert.

Stilllegung und Rückbau

Im Januar 1980 beschlossen die Betreiber die Stillegung, mit der am 26.05.1983 begonnen wurde. Seit 1990 wird der Atomreaktor zurückgebaut. Insgesamt soll laut einer Schätzung von 2001 der gesamte Abbruch der Anlage und die Entsorgung des radioaktiven Mülls rund 500 Mio. DM kosten.

Während des Rückbaus wurden bedeutende Erkenntnisse neuer Verfahrenstechniken zum vollständigen Abbau von kerntechnischen Anlagen gewonnen.

2001: 8.200 Tonnen Material abgebaut
Der Rückbau sollte ursprünglich bis zum Jahr 2005 abgeschlossen werden. Die abgebaute Gesamtmasse betrug nach Betreiberangaben bis 2001 insgesamt rund 8.200 Tonnen. Ein Großteil davon wird mit in Gundremmingen entwickelten Verfahren einer Wiederverwertung zugeführt. Der Massenanteil, der tatsächlich wegen Radioaktivität endgelagert werden muss, liegt bei etwa zehn Prozent.
´Von außen ist der fortschreitende Abriss übrigens nur für Experten zu erkennen. Erst wenn alles radioaktive Material aus dem Block verschwunden ist, kann die äußere Hülle der Ruine entfernt werden. Die Anlage wird deshalb nach und nach von innen ausgehöhlt. Dabei geht Sicherheit vor Geschwindigkeit. Mittlerweile ist die frühere Maschinenhalle längst geräumt. Auch die Brennstäbe sind schon seit langem entfernt.´ Das verstrahlte Reaktordruckgefäß wurde bis Ende 2001 unter Wasser klein geschnitten und zur Endlagerung sicher verpackt.

Oktober 2005: Großkomponenten abgebaut
Der Rückbau erreichte im Oktober einen ´historischen Meilenstein´: Das letzte Großbauteil im Atomreaktorgebäude, die stählernde Bodenwanne des Reaktordruckgefäßes wurde aus der Reaktorgrube herausgehoben und in das ehemalige Maschinenhaus befördert. Dort soll die Bodenwanne zerkleinert und entsorgt, also endlagerfähig verpackt werden.

Januar 2006: Technologiezentrum für Abbau
Im Januar 2006 genehmigte das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz den Bau eines sog. Technologiezentrums im Bereich des ehemaligen Block A. Hier können zukünftig folgende Arbeiten durchgeführt werden:
– Bearbeitung sonstiger radioaktiver Stoffe mit dem Ziel der Freigabe,
– Konditionierung radioaktiver Abfälle,
– Komponenteninstandhaltung,
– Herstellung und Lagerung von Werkzeugen und Geräten,
– Lagerung und Transportbereitstellung von konditionierten und unkonditionierten Abfällen bis zu deren Verarbeitung bzw. deren Abtransport.

Von der Europäische Union wird ein Teil des Rückbaus des Siedewasserreaktors als Pilotprojekt im Rahmen eines Forschungsprogramms gefördert.

Eine ´grüne Wiese´ befindet sich in Gundremmingen noch lange nicht: Zum einen stehen die ´Betonaussenhülle´ vom Block A sowie ´noch benötigte Restsysteme´ noch dort.

Bisherige Entsorgung
Im stillgelegten Block A fielen bis zum Jahr 1980 insgesamt 120 Tonnen abgebrannter Kernbrennstoff an. Davon wurden 102 t zur Wiederaufarbeitung ins Ausland gebracht und 10,5 t in der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe entsorgt. Der Rest wurde zur Zwischenlagerung nach Schweden transportiert.

Weiterhin radioaktive Emissionen
Mit der Genehmigung aus dem Jahre 2006 wird auch die Ableitung radioaktiver Stoffe über den Kamin erlaubt. Die maximal zulässige Radioaktivitätsabgabe pro Jahr beläuft sich auf 50 MBq für aerosolförmige Radionuklide mit Halbwertszeiten von mehr als 8 Tagen (außer Iod-131), maximal 0,5 MBq für Iod-131 und maximal 100.000 MBq für Tritium.

Am Standort befinden sich heute zwei Siedewasserreaktoren mit jeweils mehr als 1.200 Megawatt im Leistungsbetrieb und ein Zwischenlager für verbrauchte Brennstäbe in Transport- und Lagerbehältern. Es ist das leistungsmässig größte AKW in Deutschland, nach dem Atomausstieg aber auch die letzten in Betrieb befindlichen Siedewasserreaktoren.

Gegen den Betrieb engagiert sich derzeit besonders das FORUM – gemeinsam gegen das Zwischenlager für eine verantwortbare Energiepolitik (www.atommuell-lager.de) und die Mahnwache Gundremmingen (www.mahnwache-gundremmingen.de).

  • Schwabens größte Bedrohung: Gundremmingen ist jetzt Deutschlands größtes Atommülllager
    27. November 2010 – In Gundremmingen lagert heute schon der meiste hochradioaktive Atommüll Deutschlands. Das zeigt eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen. Durch die beschlossene Laufzeitverlängerung könnte es Die Bürgerinitiative FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V. appelliert an alle verantwortlichen Politikerinnen und Politiker, diese apokalyptische Bedrohung für die Bevölkerung nicht zuzulassen.

Quellen: atommuell-lager.de, de.wikipedia.org, contratom.de; 14.12.2011