Mit Atomkonzerne geht es bergab

Atomkraftgegner haben das Ende der Technologie lange voraus gesagt. Mit Fukushima geht es nun mit den großen Energiekonzernen steil bergab. Zwar sind viele Arbeitsplätze in Gefahr – das als Argument für einen Weiterbetrieb der Atomindustrie darf aber nicht geltend gemacht werden. Die Zeichen stehen auf Wandel, meinen Atomkraftgegner.

Aktienkurse RWE, E.ON, AREVA 01.01.-12.12.2011

Aktienkurse RWE, E.ON, AREVA 01.01.-12.12.2011

Nach den deutschen AKW-Betreibern E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall muss nun auch der französischen Atomkonzern AREVA erhebliche Verluste bekanntgeben. Aller Vorraussicht nach fallen die Verlust groß aus, so der französische Minister Eric Besson. Vor allem die Nachwirkungen der Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima im März hätte dem Unternehmen, das Atomkraftwerke baut, schwer zugesetzt. Experten erwarten nun eine neue Geschäftstrategie.

Probleme bei AREVA sind allerdings nichts neues: In Finnland hat sich das Unternehmen gemeinsam mit Siemens heftig verspekuliert. Der „Europäische Druckwasserreaktor“, der AREVA eigentlich den internationalen Durchbrauch im Atomgeschäft bringen sollte, wird immer teurer und die Inbetriebnahme muss immer wieder verschoben werden. Auch Uranminen, die das Unternehmen erst 2007 erworben hatte, lieferten geringere Erträge als erwartet. AREVA erkundet und betreibt Uranabbau in Namibia und Südafrika. Auch im Norden des westafrikanischen Niger, fördert AREVA seit 1968 mehr als 100.000 Tonnen Uran. Der Konzern ist der größte Arbeitgeber im Land, die Uranmine die größte weltweit. Rund um die Städte Arlit und Akokan sollen sich mittlerweile ca. 35 Millionen Tonnen Abraum türmen, jährlich sollen einige 100.000 Tonnen hinzukommen. Die Arbeiter erhalten keine oder nur unzureichende Schutzausrüstung, das Trinwasser in der Region ist zum Teil erheblich radioaktiv belastetet. Eine Sandprobe aus der Nähe der Mine in Akokan enthielt 100-mal mehr radioaktive Stoffe als normaler Sand. In den Straßen von Akokan war die Strahlung 500-mal höher als normal. Von fünf Wasserproben lagen vier über den Richtwerten der Weltgesundheitsorganisation für Uran. AREVA bestreitet diese Tatsachen.

Etwa 30 Prozent des Umsatzes macht der Konzern mit der Urananreicherung und der Herstellung von Brennelementen. Etwa 20 Prozent entfallen auf Brennstoffaufarbeitung, Logistik und Rückbau. Aus der von AREVA betriebenen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague werden täglich 400 Kubikmeter radioaktives Abwasser genehmigt in den Ärmelkanal eingeleitet.

Der Geschäftsbereich Erneuerbare Energien lag 2009 bei rund 2 Prozent des Konzernumsatzes.

Im indischen Jaitapur will der französische Konzern Areva mitten im Erdbebengebiet das weltgrößte AKW bauen. Jaitapur liegt in einer seismologisch kritischen Zone der Kategorie IV. Das bedeutet, dass hier Erdbeben bis Stärke 7 auf der Richterskala für möglich gehalten werden. Gegner des Projekts werden schikaniert und verfolgt. AREVA hält trotz allen Bedenken an den Plänen, innerhalb des „Biodiversitätszentrums“ sechs 1 650-Megawatt-Reaktoren zu bauen, fest. Ca. 40 000 Menschen sind in ihrer Lebensgrundlage betroffen.

Nachdem definitiv scheint, dass es mit der Atomkraft in nicht mehr bergauf geht, streben auch Deutschlands Energiekonzerne Richtung Ausland. RWE zum Beispiel plant die Beteiligung an einem Neubau-AKW in den Niederlanden. E.ON möchte Reaktoren in Finnland und England bauen.

Alle vier großen Energiekonzerne haben mit dem Atomausstieg zu kämpfen, dennoch liegen die schlechten Bilanzen nicht allein an der AKW-Abschaltung. E.ON hatte auch vor der Entscheidung schon einen gigantischen Schuldenberg von zuletzt 45 Milliarden Euro angehäuft. EnBW setzte fast vollständig auf Atomkraft. Sowohl unter Utz Claassen, der bis 2007 Konzernchef war, wie auch anschließend unter dem noch amtierenden Chef Hans-Peter Villis hat EnBW den Atomausstieg hartnäckig verdrängt. Der Kurs der Eon-Aktie, Anfang 2008 noch bei 50 Euro, fiel schon vor Fukushima auf 23 Euro. Auch der Wert der RWE-Papiere halbierte sich bereits vor dem japanischen Super-GAU. RWE-Chef Grossmann hält auch nach Fukushima an der Atomkraft fest. Die Vattenfall-AKWs Krümmel und Brunsbüttel standen schon seit Mitte 2007 still und vermiesten die Bilanz. Anstatt mit einer endgültigen Stilllegung zu planen, wurde weiter in die Meiler investiert. Die Wirtschaftlichkeit Brunsbüttels stand dann in der Kritik und der Konzern kündigte ein baldiges Aus an.

„Das große Wehklagen hat gerade erst begonnen“, analysieren Atomkraftgegner. „Die Energiekonzerne werden versuchen, die Bundesregierung mithilfe des Arbeitsplatzargumentes zu erpressen. Doch eine Technologie, die unbeherrschbar ist, an der wenige verdienen und vielen Leid und Armut bringt gehört verboten. Die Zeichen der Zeit stehen auf Wandel – in der ganzen Welt!“

  • Ein Akt der Demokatisierung contra das große Wehklagen der Atomkonzerne
    6. August 2011 – E.ON will drei Standorte schließen und 10.000 Stellen abbauen, EnBW hat angekündigt, dass man selbst eine Kapitalerhöhung in Betracht ziehe, um nach dem starken Halbjahresverlust finanziell beweglich zu bleiben. RWE prüft den Verkauf mehrerer Tochterfirmen, der Atomausstieg beeinträchtigt das Ergebnis von Vattenfall um 10,2 Milliarden Schwedische Kronen. Doch das Problem ist hausgemacht – und das Wehklagen nicht gerechtfertig.
  • Atomkonzerne machen Druck
    16. April 2011 – Die vier AKW-Betreiber haben ihre Zahlungen an den Fonds zur Förderung regenerativer Energien eingefroren. RWE klagt für die sofortige Wiederinbetriebnahme des ältesten Meilers in Deutschland, Biblis-A. E.ON wettert gegen die Ausstiegspläne der Industrie bis 2020. Nun macht auch EnBW Druck.
  • RWE-Einstieg bei niederländischem AKW fast perfekt
    5. Juli 2011 – Der Einstieg des AKW-Konzerns RWE in die niederländische Atomstromerzeugung ist fast perfekt: RWE will 30 Prozent am AKW Borssele übernehmen – und vielleicht auch an einem künftigen Neubauprojekt beteiligt sein.

Quellen (Auszüge): pressetext.com, de.wikipedia.org, urgewald.de, greenpeace.de; 12.12.2011