Röttgens Atomgipfel wird zum Fiasko

Umweltminister Röttgen will am 11. November mit allen Ministerpräsidenten im Rahmen eines „Atom-Gipfels“ in Berlin ein gemeinsames Vorgehen zur Atommüllendlager beraten. Doch nach Informationen die SPIEGEL droht ihm massiver Ärger. Atomkraftgegner warnen davor, Gorleben weiter im Standortepool zu lassen und fordern eine völlig neue Debatte.

Lediglich die Ministerpräsidenten von Niedersachsen, David McAllister (CDU), und Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), planen, zu dem Treffen am kommenden Freitag nach Berlin zu reisen. Die übrigen Länder schicken entweder Fachminister, Staatssekretäre oder, wie etwa Bremen, nur einfache Ministerialbeamte.

Die Einladung hatte laut SPIEGEL in den Staatskanzleien der Länder für Irritationen gesorgt, weil normalerweise nur die Bundeskanzlerin die Regierungschefs der Länder zu Gesprächen einlädt. Zudem herrscht offenbar Ärger darüber, dass bislang für das Treffen weder eine Tagesordnung noch ein möglicher erster Entwurf für ein Endlagergesetz vorliegt. So könnte nach dem „Gorleben-Dialog“ auch der nächste geplante Dialog-Versuch des Umweltministers zum Fiasko werden.

„Offenbar nehmen die Bundesländer die Endlagerfrage nicht Ernst“, so Jan Becker von contrAtom. „Besonders die Länder mit noch in Betrieb befindlichen AKWs: Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Bayern müssen zu dem Atommüllproblem stehen – und dürfen es nicht auf andere Bundesländer abwälzen! Dass nur die Länder Niedersachsen – von allen Endlagern direkt betroffen – und der Grüne Kretschmann, der aus politischer Verpflichtung nicht anders kann, an den Gesprächen teilnehmen wollen, verdeutlicht, dass kein Ministerpräsident ein Interesse an einem Endlager im eigenen Land hat. Und damit wird die als ‚ergebnisoffen‘ propagierte Standortdebatte zur Farce.“

Atomkraftgegner warnen unterdessen erneut vor einer Vor-Festlegung auf Gorleben oder einem oberirdischen Lagerkonzept, wie es schwarz/gelbe Politiker favourisieren. Gorleben ist nachweislich ungeeignet, daran ändern auch bereits verbuddelte 1,5 Milliarden Euro nichts. Solange Gorleben im Pool möglicher Endlagerstandorte bleibe, werde dieser Standort wegen des Rechtfertigungsdruck für die jahrzehntelagen Fehlentscheidungen immer favorisiert, warnt die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg.

„Wir plädieren dafür, Gorleben klar aufzugeben und die Atommülldebatte völlig neu zu führen“, so Sprecher Wolfgang Ehmke.

Auch eine oberflächennahe Bunkerlösung muss aus Sicherheitsgründen strikt abgelehnt werden. Hinter dem koordinierten CDU-Vorstoss, Atommüll oberflächennah und rückholbar zu lagern, steht die Idee der Transmutation. Durch Neutronenbeschuss sollen aus langlebigen Isotopen kurzlebige werden. Ein Unterfangen, das bisher allenfalls als Reagenzglasexperiment stattfand und mit horrenden Kosten verbunden ist. Transmutationsforschung, für die das Forschungsministerium bereits Finanzmittel zur Verfügung stellt, sichert der Atomindustrie weitere Aufträge und letztlich ihren Fortbestand. Am Ende soll das Argument der unlösbaren Atommüllfrage mithilfe einer neuen Wahnsinnstechnologie ausgehebelt werden.

  • Der einzige akzeptable nächste Schritt in der Debatte um eine Atommülllösung ist die Abschaltung aller Atomanlagen, der stopp des angekündigten Castortransports und eine sofortiges Ende der Bauarbeiten in Gorleben!
  • Kretschmann setzt weiter auf Gorleben
    6. November 2011 – Er sollte es eigentlich besser wissen: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) setzt weiter auf Gorleben als Atommüllendlager. In wenigen Wochen wollen er und seine grünen Kollegen auf den wendländischen Straßen gegen den Castortransport protestieren. Atomkraftgegner fordern, den Standort sofort aufzugeben. Im Vorfeld des “Atom-Gipfels” schließen einige Länder ein Endlager schonmal pauschal aus.
  • Es gibt keine Debatte über den Umgang mit Atommüll
    1. November 2011 – Was tun Atomkraftgegner, wenn sie gewonnen haben? Blumen züchten? Windräder bauen? Gehen sie in den politischen Vorruhestand? Eine deprimierende Antwort kommt gerade aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg. Dort macht die Protestbewegung gegen das geplante Atommülllager in Gorleben weiter, als hätte es nie eine Energiewende gegeben. So schreibt die ZEIT am 21.10. – nun gibt es Kontra. Denn eine grundsätzliche Debatte über den Umgang mit Atommüll ist nicht in Sicht.
  • Kein Dialog um Gorleben
    11. Oktober 2011 – Seit Wochen wirbt das Bundesumweltministerium (BMU) in großformatigen Anzeigen für einen sogenannten Gorleben-Dialog. Dies ist der zweite Versuch des Bundesumweltministers Norbert Röttgen (CDU), nachdem er sich bereits Ende letzten Jahres vergeblich darum bemüht hatte, in der Region um Gorleben Gesprächspartner dafür zu finden. Der sogenannte Gorleben-Dialog des Bundesumweltministeriums (BMU) ist eine Farce, meinen Atomkraftgegner – […]
  • Forschungsministerin Schavan will mit “Transmutation” den Atomausstieg stemmen
    5. September 2011 – Mit einem großen Energieforschungsprogramm will die Bundesregierung den Atomausstieg möglich machen. Ministerin Schavan hat nun erstmals Grundzüge des millionenschweren Plans vorgestellt. Schavan will ein Netzwerk von Endlagerforschern gründen. Dabei soll es auch um die Technik der Transmutation gehen. Dieses Verfahren verspricht, die Menge von einzulagerndem Atommüll durch gezielte Umwandlung des Strahlenmaterials massiv zu senken, ist aber noch in der Entwicklung. Ein kritischer Beitrag von Annette Teusch.
  • Transmutation
    Atommüll-Transmutation – teuer, ungewiss und gefährlich. “Transmutation” – die Lösung für das Atommüllproblems? Mithilfe chemischer und physikalischer Verfahren sollen langlebige Isotope, die Jahrtausende gefährlich strahlen, unschädlicher gemacht werden. Ihre Halbwertzeit soll drastisch reduziert werden und damit auch der Aufwand für eine Endlagerung. Eines der gewichtigsten Argumente gegen den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke wäre relativiert: die Frage nach der Langzeitsicherheit von Atommülllagern. Doch erstmal kostet die Entwicklung erheblich Geld, ist gefährlich und grundsätzlich ist ungewiss, ob sie im großen Stil funktioniert.

Quelle (Auszug): spiegel.de; 07.11.2011

Atommüllfässer