Keine Laufzeitverlängerung in Taiwan

Dass die Erde immer wieder mal bebt, daran haben die Menschen in Taiwan sich gewöhnt. Und an billigen Atomstrom auch. Drei Atomkraftwerke mit sechs Reaktoren sind in Betrieb, ein viertes im Bau. Dabei liegt die Insel von der Größe Baden-Württembergs in einer der am häufigsten von Erdbeben heimgesuchten Regionen der Welt und wird auch von Tsunamis bedroht. Nun hat das Land einen schrittweisen Atomausstieg beschlossen.

Atomstandorte Taiwan

Atomstandorte Taiwan; Karte: maps.google

Als der Tsunami sich am 11.03.2011 von Japan über den Pazifik wälzte, herrschte auch in Taiwan Alarmzustand. Der Präsident machte sich ins Krisenzentrum auf, Straßen wurden gesperrt, Strände geräumt. Besonders die Nordküste galt als gefährdet. Doch Taiwan hatte Glück. Als die Wellen nur zwölf Zentimeter höher ausfielen als üblich, gab die Regierung schnell Entwarnung. Dass direkt an der Nordküste auch zwei aktive Atomkraftwerke liegen und ein weiteres, das bald ans Netz gehen soll, spielte keine Rolle – zumindest bis zur Explosion in Fukushima.

Eine Katastrophe wie im 2.300 Kilometer entfernten Fukushima könnte auch hier passieren, befürchten Atomkraftgegner. Doch die meisten Taiwaner haben bislang wenig Angst vor der Kernenergie. Die meisten Taiwaner sehen in der Atomenergie vor allem eine billige Stromquelle für die energieintensiven Industriesparten des Landes. Der Pro-Kopf-Stromverbrauch liegt 50 Prozent höher als in Deutschland. Die Kraftwerke gehören einem staatseigenen Konzern und die Regierung hält die Preise künstlich niedrig.

„Atomindustrie und Regierung erzählen den Menschen, Kernkraft sei sicher, und die Kraftwerke seien auf dem neuesten Stand“, sagt Robin Winkler, Co-Vorsitzender der Grünen Partei Taiwans, der Nachrichtenagentur dapd. „Und die Medien hinterfragen das bislang nicht.“ Die Grünen kämpfen seit Jahren gegen die Atomenergie, doch sie gelten in Taiwan als Splitterpartei und sind nicht im Parlament vertreten.

Ihren bisherigen Höhepunkt hatte die Anti-Atombewegung vor zehn Jahren. Damals wollte Taiwans neuer Präsident sein Wahlkampfversprechen wahr machen und ließ den Bau des vierten AKW in Lungmen einstellen. Geologen zweifeln an der Sicherheit. Doch das höchste Gericht erklärte den Baustopp für unzulässig. Es kam zu Protesten vor dem Parlament, ein Demonstrant zündete sich an. Heute sind die beiden Reaktorblöcke fast fertig.

Die Opposition von damals ist heute wieder an der Regierung und verteidigt die Atomkraft unter anderem mit Klimazielen. So sollte die Laufzeit des ältesten, 1978 ans Netz gegangenen, Atomkraftwerks Chin Shan um 20 Jahre bis 2038 verlängert werden. Die zwei Sidewasserreaktoren liegen in Jinshan an der Nordküste, wo die Tsunami-Warnung galt.

Nun hat die Regierung beschlossen, keine Laufzeitverlängerungen für die AKWs zu genehmigen. Die beiden ältesten Reaktoren in Chin Shan sollen sogar früher als geplant abgeschaltet werden – sofern die zwie Blöcke des neuen AKW Lungmen bis 2016 in Betrieb sind. Lungemn dürfe zudem erst in Betrieb gehen, wenn alle Sicherheitsauflagen erfüllt sind. Grundsätzlich soll Taiwan „nuclear-free“ werden. Die Betriebsgenehmigungen für die AKW Kuosheng und Maanshan erlöschen zwischen 2021 und 2025.

Die Atomenergie hat in Taiwan einen Anteil von 22 Prozent an der Gesamtstromerzeugung. In Taiwan sind drei Atomkraftwerke mit sechs Reaktorblöcken und einer installierten Bruttogesamtleistung von 5.178 MW am Netz. Ein AKW mit zwei weiteren Reaktorblöcken und einer Bruttogesamtleistung von 2.700 MW ist in Lugmen im Bau.

Erst im Oktober erschütterte ein starkes Erdbeben den Nordosten Taiwans. Die Behörden in Taiwan meldeten eine Stärke von 6,5. Das Zentrum des Bebens lag vor der Küste. In Taiwan kommt es häufiger zu Erdbeben.

  • Schwedische AKW fallen bei Stresstest durch
    2. November 2011 – Die schwedischen Atomkraftwerke sind nicht erdbebensicher. Die Massstäbe des EU-Sresstests können nicht erreicht werden. Die Betreiber wollen bis 2013 nachrüsten – aber nicht abschalten.
  • Belgien steigt aus!
    31. Oktober 2011 – Unser Nachbarland Belgien will ab 2015 aus der Atomenergie aussteigen. Nach Deutschland und der Schweiz nun also ein drittes Land, dass die gefährlichen Reaktoren abschalten will. Dazu haben sich die Gesprächspartner bei Verhandlungen zur Regierungsbildung geeinigt. Die Regierung kommt damit einer Forderung von Atomkraftgegnern nach.

  • Die Schweiz steigt aus
    8. Juni 2011 – Nicht nur Deutschland will der gefährliche Atomkraft den Rücken kehren: Auch die Schweiz will aussteigen. In Italien wird in wenigen Tagen über die Atomenergie abgestimmt. Und auch im “Atomland” Frankreich möchte die Mehrheit ein Ende der AKWs. Überall machen die Menschen deutlich, dass sie Atomkraft nicht länger dulden!

Quellen (Auszug): www.world-nuclear-news.org, www.intaiwan.de, de.wikipedia.org; 07.11.2011