Kretschmann setzt weiter auf Gorleben

Er sollte es eigentlich besser wissen: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) setzt weiter auf Gorleben als Atommüllendlager. In wenigen Wochen wollen er und seine grünen Kollegen auf den wendländischen Straßen gegen den Castortransport protestieren. Atomkraftgegner fordern, den Standort sofort aufzugeben. Im Vorfeld des „Atom-Gipfels“ schließen einige Länder ein Endlager schonmal pauschal aus.

  • Stop Gorleben!

    Stop Gorleben!

    „Es muss der Standort sein, der der beste ist, egal wo er liegt“, so Kretschmann zur Suche nach einem Endlagerstandort. „Da Salzstöcke grundsätzlich infrage kommen, bleibt Gorleben erstmal drin“. Allerdings gebe es sehr viele Vorbehalte dagegen. Die Grünen im Bund wollen die Erkundung von Gorleben stoppen.

Gleichzeitig ergab eine Emnid-Umfrage für das Nachrichtenmagazin „Focus“, dass fast die Hälfte aller Baden-Wüttemberger ein Atommüll-Endlager im eigenen Bundesland akzeptieren würden. In Bayern und Nordrhein-Westfalen antworteten jeweils 41 Prozent auf die Frage mit Ja, ob sie „jetzt zum Ausstieg aus der Kernkraft ein Atommüll-Endlager in Ihrem Bundesland akzeptieren“ würden. In Rheinland-Pfalz, in Hessen und im Saarland fänden 35 Prozent ein derartiges Lager in Ordnung. In Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Bremen sind es 29 Prozent der befragten Bürger. Am wenigsten Zustimmung für ein nahes Atommüll-Lager gab es in den neuen Bundesländern und Berlin mit 25 Prozent.

Am 11. November lädt Umweltminister Röttgen zu einem Atom-Gipfel, um mit den Ministerpräsidenten der Länder das weiteren Vorgehen bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager zu besprechen. Röttgen gibt vor, es gehe um ein ergebnisoffenes Verfahren. Das gelte auch für die Frage einer Rückholbarkeit eingelagerten Atommülls sowie dafür, ob dieser vorübergehend oberirdisch gelagert werden solle. Ziel sei es, sich „auf der Basis der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse“ zu verständigen.

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) schließt unterdessen den Nordosten als möglichen Standort für ein atomares Endlager aus. Im Landtag bestehe ein politischer Konsens, dass Mecklenburg-Vorpommern dafür nicht in Betracht komme, so Caffier.

Laut Michael Sailer, Vorsitzender der vom Bundesumweltministerium gebildeten Entsorgungskommission, kommt auch das Erzgebirge und andere Teile Sachsens nicht in der engeren Wahl. Aus geologischer Sicht seien Steinsalz- und Tonsteinformationen geeigneter als Kristallingestein, wie es in Sachsen und Süddeutschland vorkomme, sagte Sailer.

In der Union herrscht derzeit Unklarheit über eine Linie zur Standortwahl: Niedersachsens CDU-Fraktionschef Björn Thümler hält den Standort aus mehreren Gründen für ungeeignet, u.a. zweifelt er mit Salz als Endlager-Medium. Parallel fordert er eine Weitererkundung, um die Eignung zu prüfen.

Atomkraftgegner warnen weiter vor einer Vorfestlegung auf Gorleben. „Da niemand mehr um die Wahrheit zu Gorleben herum kommt, ist die politische Positionierung völliges Chaos“, konstatiert Jan Becker von contrAtom. „Baden-Wüttembergs Ministerpräsident Kretschmann sollte sich genau wie die Unions-Politiker gut überlegen, warum sie weiter auf Gorleben setzen. Denn Argumente gibt es keine mehr – außer die 1,5 Milliarden Euro, die bereits in den Ausbau zum Endlager geflossen sind. Mit Sicherheit hat das nichts zu tun.“

Schizophren ist auch das Verhalten von Niedersachsens Umweltminister Sander, der ohne Not kürzlich erst die Einlagerung von elf weiteren Castorbehältern in das Zwischenlager Gorleben genehmigte – und nun beklagt, dass jeder Castor Gorleben auch als Endlagerstandort zementiere.

  • Die Politik muss sich erstmal auf einen gemeinsamen Kurs einigen – bevor mit neuen Castortransporten und dem Weiterbau in Gorleben weiter Fakten geschaffen werden. Dieses Vorgehen erntet massenhaften Protest auf der Schiene und der Straße, wenn der Castor kommt! Wir fordern: Stop Castor, stop Gorleben, stop Atomkraft – sofort!
  • BI: Grünes Licht für den Castor trotz erhöhter Strahlenwerte
    1. November 2011 – Gerade noch hatte die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) an den niedersächsischen Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) appelliert, den kommenden Castor-Transport nach Gorleben wegen der erhöhten Strahlenwerte abzusagen, da folgte postwendend dessen Ansage, der Transport könne stattfinden. Die Gorleben-Gegner haben mit Empörung auf die Genehmigung des nächsten Castor-Transports nach Gorleben reagiert. Sie erweitern die Strafanzeige, die sie gegen den Betreiber, die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) gestellt haben, jetzt gegen Sander.
  • Es gibt keine Debatte über den Umgang mit Atommüll
    1. November 2011 – Was tun Atomkraftgegner, wenn sie gewonnen haben? Blumen züchten? Windräder bauen? Gehen sie in den politischen Vorruhestand? Eine deprimierende Antwort kommt gerade aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg. Dort macht die Protestbewegung gegen das geplante Atommülllager in Gorleben weiter, als hätte es nie eine Energiewende gegeben. So schreibt die ZEIT am 21.10. – nun gibt es Kontra. Denn eine grundsätzliche Debatte über den Umgang mit Atommüll ist nicht in Sicht.

Quellen (Auszug): stern.de, all-in.de, n-tv.de, ostsee-zeitung.de, presseportal.de; 06.11.2011