Bundesregierung will Urenco-Verkauf ermöglichen: Urananreicherung stilllegen statt verkaufen!

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom Wochenende zum Verkauf des Urananreicherers Urenco sind Anti-Atomkraft-Initiativen und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) äußerst alarmiert: Offensichtlich arbeitet die Bundesregierung hinter den Kulissen daran, für den womöglich brisantesten Wirtschaftsdeal in der Geschichte der Bundesrepublik einen Rechtsrahmen zu schaffen.

Dabei ist die Urananreicherung nach Aussage von Michael Sailer, Chef der Entsorgungskommission der Bundesregierung, der einfachste Weg zur Atombombe. Die Bundesregierung hat sogar die Geheimdienste eingeschaltet, weil der Verkauf so brisant ist. Dennoch sind mögliche Käufer eingeladen worden, bis zum Jahresende Kaufgebote für Urenco einzureichen. Urenco betreibt in Gronau die bundesweit einzige Urananreicherungsanlage.

„Es ist völlig unverständlich, warum die Bundesregierung überhaupt Verkaufsverhandlungen für Urenco zustimmt. Die Erarbeitung eines „Rechtsrahmens“ soll eine aus guten Gründen unverkäufliche Hochrisikofirma ungeachtet aller Gefahren verkaufbar machen. Doch Atombombentechnologie darf nicht auf den Weltmarkt gelangen. Die Folgen wären katastrophal – deshalb ist nur ein sofortiger Stopp der Verkaufsvorbereitungen akzeptabel,“ so Udo Buchholz vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU).

„Das Handeln der Bundesregierung passt nicht zusammen: Einerseits sollen die Geheimdienste Informationen über mögliche Käufer sammeln. Andererseits will die Bundesregierung EON und RWE den Verkaufserlös nicht vermiesen. Doch jeder Verkauf führt eindeutig zur Weiterverbreitung der Atombombentechnologie und verbietet sich damit von selbst. Die Devise muss lauten: stilllegen statt verkaufen,“ ergänzte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.

Zum Hintergrund: Die ersten Verkaufspläne der jetzigen Urenco-Eigentümer – EON, RWE sowie der britische und niederländische Staat – wurden bereits 2011 bekannt. 2013 brachte der niederländische Finanzminister Dijsselbloem sogar einen Börsengang ins Gespräch, der laut Aussage der Bundesregierung vom April 2014 (Bundestags-Drucksache 18/1267) noch immer aktuell ist.

Urenco besitzt Urananreicherungsanlagen in Gronau, Almelo/Niederlande, Capenhurst/Großbritannien sowie Eunice/USA. Allein in Gronau reichert Urenco Uran zur Brennelementefertigung für jedes zehnte AKW weltweit an. Weil die Urananreicherung bislang vom Atomausstieg in Deutschland ausgenommen ist, darf Urenco zeitlich unbefristet produzieren. 2015 soll in Gronau zudem Deutschlands erstes zeitlich unbefristetes und oberirdisches Uranmülllager für 60 000 Tonnen Uranoxid in Betrieb gehen, ohne dass es eine sichere Entsorgungsmöglichkeit gibt.

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    12. Mai 2014 – Für die Bundesregierung ist ein Börsengang beim Verkauf des deutsch-britisch-niederländischen Urananreicherers Urenco „weiterhin eine mögliche Option“. Zugleich sei das Auswärtige Amt aufgrund der „nuklearen nichtverbreitungspolitischen Aspekte“ an den laufenden Verhandlungen „maßgeblich beteiligt“. Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor (Bundestags-Drucksache 18/1267, s. Anhang). Anti-Atomkraft-Initiativen und Umweltverbände fordern aufgrund der sicherheitspolitischen Brisanz der Urananreicherung ein Veto von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier gegen den Börsengang und Verkauf von Urenco.
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    12. August 2014 – Rund 55 Anti-Atomkraft-Initiativen, Umweltverbände und Parteigliederungen fordern gemeinsam die NRW-Landesregierung sowie die Bundesregierung auf, das erste Atommüll-Zwischenlager Deutschlands für 60 000 Tonnen Uranoxid im westfälischen Gronau nicht in Betrieb zu nehmen und die Urananreicherungsanlage (UAA) Gronau sofort stillzulegen. Für den Fall, dass die NRW-Landesregierung die derzeit für 2015 geplante Inbetriebnahme der Uranmüllhalle genehmigt, kündigten die Anti-Atomkraft-Initiativen in einem Aufruf zum „Tag X“ Proteste in Gronau an.
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    23. April 2013 – Anti-Atomkraft-Initiativen und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) kritisieren die aktuellen Verkaufspläne für die Urananreicherungsfirma Urenco. Nachdem die britische Regierung angekündigt hat, rund 3,5 Mrd. Euro aus dem Verkauf ihrer Drittelbeteiligung an Urenco erzielen zu wollen, fürchten die AtomkraftgegnerInnen nun, dass mögliche Käufer für diesen sehr hohen Verkaufspreis von den jetzigen Urenco-Eigentümern – neben dem britischen Staat auch der niederländische Staat sowie EON und RWE – möglicherweise schwerwiegende Zugeständnisse verlangen könnten.
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Quelle: PE Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau, SOFA (Sofortiger Atomausstieg) Münster, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), 3.11.2014