Studie: AKW sind nicht versicherbar – adäquate Haftpflichtprämien würden Atomstrom unwirtschaftlich machen

Der Bundesverband Erneuerbare Energie hat eine Studie vorgelegt, in der es um mögliche Kosten im Falle eines Atomunfalls in Deutschland geht. Während die AKW-Betreiber in Deutschland die Gewinne einstreichen, würden im Schadensfall Verbraucher und Staat zur Kasse gebeten. Wie teuer Atomstrom sein müsste, wenn Schadensfälle adäquat versichert würden, zeigt die Studie: bis zu 2,36 Euro pro Kilowattstunde.

In der Studie „Berechnung einer risikoadäquaten Versicherungsprämie zur Deckung der Haftpflichtrisiken, die aus dem Betrieb von Kernkraftwerken resultieren“ wird die (fiktive) Prämie einer Haftpflichtversicherung für den Schadensfall ermittelt, der sich aus einem nuklearen Katastrophenfall in einem deutschen AKW ergeben könnte, wie es in der Zusammenfassung der Autoren heißt.

Es ergebe sich eine mittlere gesamt zu zahlende Versicherungssumme in Höhe von rund 6.090 Milliarden Euro für einen nuklearen Katastrophenfall. Je nach zugrunde gelegter Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Schadenfalls variiere die Höhe der jährlich zu zahlende Prämie zwischen 0,01 Euro und 305,83 Euro. Da eine Bereitstellung der Deckungsssumme nach zum Beispiel tausend Jahren aber nicht realistisch wäre, wurden verschiedene Bereitstellungszeiträume angenommen, schreiben die Autoren weiter. Den Berechnungen der Studie zufolge wären bei einer Bereitstellung der gesamten Versicherungssumme nach 100 Jahren eine jährliche Versicherungsprämie über den gesamten Zeitraum hinweg in Höhe von 19,5 Milliarden Euro für jedes AKW zu zahlen. Ein solcher Zeitraum sei aber angesichts der Restlaufzeiten in Deutschland jedoch nicht als realistisch anzusehen. „Kürzere Zeiträume führen allerdings zu einem exponentiellen Anstieg der jährlich zu zahlenden Prämien“, heißt es weiter. Daraus ergebe sich dann auch der ermittelte Wert von 6.090 Milliarden Euro. Wenn diese Kosten auf die Verbraucher umgelegt würden ergebe sich daraus ein Anstieg des Atomstrompreises bei einem Bereitstellungszeitraum von 100 Jahren zwischen 0,139 und 2,36 Euro je Kilowattstunde. Für einen Zeitraum einer Bereitstellung der Versicherungsprämie von zehn Jahren betrage diese Spanne 3,96 bis 67,3 Euro je Kilowattstunde, so die Autoren der Studie.

Im Fazit ihrer Studie kommen die Autoren zum Schluss, dass „praktisch sind nukleare Katastrophenfälle nicht versicherbar“. Dies begründen sie unter anderem mit der extremen Höhe des erwarteten Maximalschadens sowie der schwer einzuschätzenden Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich zu einer Atomkatastrophe komme. Als Lösungsansätze schlagen die Autoren die Gründung eines privatwirtschaftlich organisierten Versicherers vor oder die Nutzung der internationalen Kapitalmärkte vor, um die Haftplichtrisiken abzusichern.

Die Studie, die von der Versicherungsforen Leipzig GmbH im Auftrag des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE) erstellt wurde, berechnet erstmals angemessene Versicherungsprämien für Atomkraftwerke nach versicherungswissenschaftlichen Maßstäben.

„Das Ergebnis zeigt exemplarisch, wie selektiv die Debatte um die Kosten unserer Energieversorgung geführt wird. Die wahren Kosten der Atomkraft werden ausgeblendet und im Falle eines schweren Unfalls auf die Allgemeinheit abgewälzt“, erklärt Björn Klusmann, Geschäftsführer des BEE und ergänzt: „Die Erneuerbaren Energien haben dagegen ehrliche Preise. Sie werden transparent ermittelt und sind dauerhaft bezahlbar. Das muss man berücksichtigen, wenn man über die finanzielle Seite der Energiewende diskutiert.“

Nach Ansicht des BEE müssen von der Gesellschaft zu tragende Belastungen, die sich nicht in den Preisen der jeweiligen Energieträger widerspiegeln, offen gelegt werden und in die Preisbildung einfließen. Nur so könnten Politik und Verbraucher Kosten und Nutzen der Energiewende tatsächlich beurteilen und nachhaltige Entscheidungen treffen. Die jetzt von der Versicherungswissenschaft vorgelegte Berechnung der finanziellen Risiken durch nukleare Katastrophenfälle liefere einen wichtigen Beitrag zu dieser Debatte.

Klusmann: „Als wir die Studie im Dezember vergangenen Jahres bei den Versicherungsforen in Auftrag gegeben haben, hätte niemand für möglich gehalten, dass die berechneten Szenarien mit den Ereignissen in Fukushima so schnell brutale Wirklichkeit werden. Diese Erkenntnis ist ein triftiges Argument mehr, jetzt zügig den Ausstieg aus der Atomkraft zu vollziehen und konsequent auf 100 Prozent Erneuerbare Energien umzusteigen.“

  • Langfassung der Studie sowie Pressematerial zum Download unter www.bee-ev.de

ausgestrahlt: Atomkonzerne in die Haftpflicht nehmen!

Ein Unfall in einem AKW kann ganze Landstriche unbewohnbar machen und Schäden in Milliardenhöhe verursachen – siehe Tschernobyl und Fukushima. Momentan werden die Atomkraftwerke ohne ausreichende Haftpflichtversicherung betrieben. Für die Folgen eines Super-GAU müsste die Allgemeinheit zahlen. Müssten die Atomkonzerne das Risiko versichern, wäre Atomstrom vielfach teurer als heute und damit völlig unrentabel.

Wir fordern:

  • Wer AKWs betreiben will, muss auch das Risiko eines Super-GAU selber tragen.
  • Bundesregierung und Bundestag müssen für alle Atomkraftwerke eine Betriebshaftpflichtversicherung mit unbegrenzter Deckung für alle Gesundheits-, Sach- und Vermögensschäden vorschreiben.
  • Findet sich keine Versicherung, die bereit ist, diese Schäden abzudecken, müssen die AKW sofort stillgelegt werden.

Zur Aktion „Atomkonzerne in die Haftpflicht nehmen“

Quellen (Auszug): bee-ev.de, photovoltaik.eu; 11.05.2011