Berliner Forschungsreaktor wieder in Betrieb

Vor Abschluss der „ergebnisoffenen Prüfung“ durch das Abgeordnetenhaus Berlin und trotz enormer Sicherheitsbedenken, die von Sachverständigen in bisher zwei Ausschuss-Sitzungen des AGH vorgetragen wurden, ist der Forschungsreaktor des Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), am Mittwoch, den 28.03.2012 wieder in Betrieb genommen worden.

Berlin: Protest am 30.03.2012 gegen die Wiederinbetriebnahme des BER-II

Berlin: Protest am 30.03.2012 gegen die Wiederinbetriebnahme des BER-II

Damit setzt sich der Senat als atomrechtliche Aufsichtsbehörde mit seiner Genehmigung für die Wiederinbetriebnahme über alle im Parlament und in der Öffentlichkeit vorgebrachten Sicherheitsbedenken hinweg. Zudem werden weder das im April zu erwartende Gutachten der Reaktorsicherheitskommission zu den drei noch laufenden Forschungsreaktoren in Deutschland, noch das voraussichtlich Ende 2012 vorliegende Gutachten der Entsorgungskommission zur Sicherheit der Zwischenlager abgewartet. Auf dem Gelände des HZB befindet sich die Landessammelstelle für radioaktive Abfälle aus Forschung, Medizin und Industrie.

Die wesentlichen Kritik-Punkte am Berliner Forschungsreaktor:

  • Völlig veraltetes, nicht mehr genehmigungsfähiges Sicherheitskonzept und hohes Gefahrenpotential durch Materialversprödung an wichtigen Bauteilen
  • Durch ein fehlendes Containment werden im Falle einer Kernschmelze ungehindert 1/10 jener Menge an Radioaktivität an die Luft abgegeben, die in Fukushima insgesamt freigesetzt wurde
  • Schon der Normalbetrieb verursacht ein hohes Krebsgefährdungspotential für die Bevölkerung im näheren Umkreis. Zum Thema „Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung“ stehen im Jahresbericht 2010 des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) Zahlen zum Forschungsreaktor, die es in sich haben: am HZB wird fast doppelt soviel Tritium im Jahr freigesetzt wie in dem großen AKW Philippsburg 1 oder ca. die vierfache Menge wie in Philippsburg 2 ! Tritium ist ein radioaktiver Wasserstoff, der biologisch hoch wirksam ist
  • Mit der Fortluft werden pro Jahr 460 Gigabecquerel (=Milliarden Becquerel) radioaktive Edelgase freigesetzt, fast doppelt so viel wie in Garching, dem Reaktor mit der doppelten Leistung, der auf einem freien Feld steht.

Im Juni 2011 wurde bekannt, dass der Forschungreaktor Berlin II einen Riss im Kühlsystem hat. Behörden und Betreiber bestritten diese Tatsache und erklärten den Riss für „nicht sicherheitsrelevant“. Der Forschungsreaktor befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Millionenstadt Berlin, ein schwerer Unfall mit Freisetzung von Radioaktivität hätte verheerende Folgen. Keine andere deutsche Großstadt duldet so etwas auf ihrem Stadtgebiet! Mehrere 100.000 Menschen sind betroffen, wenn es zu einer Kernschmelze im Reaktor oder einem Brand im Zwischenlager kommt.

  • Offenbar ist der Berliner Senat im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht gewillt, die Gefahr radioaktiver Verseuchung überhaupt ernst zu nehmen. Damit muss endgültig Schluss sein!

Das HMI wurde bereits 1955 auf Initiative von Max von der Laue und Wolfgang Haack gegründet. Max von der Laue war maßgeblich am Atomprogramm der Nazis beteiligt, Wolfgang Haack hat das Programm für die V2 geschrieben, mit der London bombardiert wurde.

Ein erster Forschungsreaktor mit 50 kW thermischer Leistung wurde bis 1974 betrieben und mit dem Neubau des BER II, einem offenen Schwimmbadreaktor ersetzt. Der BER-II wurde nach ständigen Zwischenfällen abgeschaltet und zersägt. Um den störenden Einfluß der Öffentlichkeit so lange wie möglich zu umgehen, wurde der Neubau des 3. Reaktor als Erweiterung getarnt – und heisst daher auch weiterhin BER-II. Beide Reaktoren wurden von der SIEMENS-Tochter Interatom geliefert. Der erste BER II-Reaktor wurde zersägt und in Fässern verpackt nach Gorleben gebracht. Nach einigen Monaten mußten diese allerdings wegen Undichtigkeit zurückgenommen werden. Strahlender HMI-Müll wurde auch in die schottische Wiederaufarbeitungsanlage Dounreay gebracht, die wegen radioaktiver Verseuchung der Umgebung geschlossen werden musste.

  • Für das Berliner und Potsdamer Anti-Atom-Bündnis gibt es nur eine sichere Lösung: Die sofortige Stilllegung sowie den Abriss des Berliner Atomreaktors am Wannsee! contrAtom schließt sich dieser Forderung an.
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    Deutschland steigt aus. Bis 2022 sollen in einem Stufenplan alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden, das erste bereits 2015. Schwarz/gelb feiert das eigene Einknicken im Fortbestand der Atomenergie als Erfolg, rot/grün stimmt mit dem Argument “alternativlos” zu. Doch die deutschen Forschungsreaktoren bleiben unangetastet.

Quellen: antiatomberlin.de, contratom.de/berlin; 04.04.2012