Steuerfreie Rückstellungen: Atom-Milliarden ohne Kontrolle & Transparenz

Das Bundeswirtschaftsministerium erweist sich wieder einmal als Speerspitze von Konzerninteressen: Die Bundesregierung will am Rückstellungssystem der Atomkonzerne trotz Kritik des Bundesrechnungshofs und drohender Milliardenlasten für den Steuerzahler nichts ändern. Atomkraftgegner sind empört und fordern einen krisensicheren Fonds für das Geld, um die Atommüllentsorgung zu finanzieren. Wenn die Regierung Transparenz verspricht, muss sie bei der Finanzierung der Endlagerung beginnen!

Der Bundesrechnungshof hatte kritisiert, dass keine staatliche Stelle die Höhe der Rückstellungen bewerten könne. Weder Bundeswirtschafts-, Umwelt- noch Finanzministerium haben Auskunfts- und Einsichtsrechte gegenüber den Energiekonzernen. Der Bundesrechnungshof hatte gefordert, die Bundesregierung solle dem Bundesamt für Strahlenschutz Auskunftsrechte zu Rückbau- und Endlager-Rückstellungen der Energiekonzerne einräumen. Dieser Forderung erteilte die Bundesregierung eine Absage: Dies sei „nicht erforderlich“. Das bisherige System habe sich bewährt. Auch das Wirtschaftsministerium sieht keinen Handlungsbedarf. Künftig dürfe allerdings das Bundesamt für Strahlenschutz einmal jährlich in ausgewählte, von den Konzernen freiwillig zur Verfügung gestellte Daten zu Kostenannahmen der Endlagerung ihres Atommülls Einblick erhalten.

Etwa 30 Milliarden Euro haben die Atomstromproduzenten für die nukleare Entsorgung zurückgelegt. Diese Milliarden bleiben unversteuert und sind Cash-Flow, das heißt, die vier großen Stromkonzerne legen das Geld ohne staatliche Kontrolle in anderen Projekten an.

„Bei einer Insolvenz ist das Geld einfach weg“, kritisiert Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg.

Greenpeace hatte mit einer Studie darauf hingewiesen, dass die Konzerne – und damit ihr Geld – nicht krisensicher sind.

Eine staatliche Kontrolle über die Rückstellungsmilliarden ist aber nur ein erster kleiner Schritt. Atomkraftgegner fordern seit langem, dass die Milliarden zur Finanzierung der Entsorgung der AKW und Endlagerung des Atommülls in einen Fonds überführt werden.

Die Kosten für die Fehler der Vergangenheit, wie etwa die Asse und Morsleben, müssen vom Steuerzahler getragen werden. Diese unsägliche Praxis muss ein Ende haben, so die BI.

Zudem ist Intrasparenz das falsche Signal bei einer Debatte um die Lösung des Atommüll-Problems:

„Heute ist völlig unklar, ob die Rückstellungen ausreichend sind bzw. wie hoch die Kosten überhaupt werden, um die Atomkraftwerke fachgerecht abzubauen, Endlager zu errichten und zu betreiben. Daher müssen die Energiekonzerne – und Abfallverursacher – ihre Bücher offenlegen“, so Jan Becker von contrAtom. „Wenn die Regierung den Bürgern eine transparente Endlagersuche verspricht, dann muss bei der Finanzierung begonnen  werden.“

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Quelle (Auszug): www.fuldainfo.de, bi-luechow-dannenberg.de; 03.06.2012