Strom aus Österreich? „Viel Lärm um Nichts“

Kurzfristig musste am 08. und 09. Dezember 2011 auf ein Kaltreserve-Kraftwerk aus Österreich zurückgegriffen werden. Wie die „Welt“ berichtet, musste der Netzbetreiber Tennet unter anderem auf ein altes Ölkraftwerk bei Graz zurückgreifen. Atomkraftgegner meinen: „Viel Lärm um Nichts“.

Das Aktivieren des Ölkraftwerks in Österreich sei eine „Vorsichtsmaßnahme“ gewesen, sagte eine Sprecherin von Tennet der „Welt“. Ursache sei eine Kombination aus hoher Windkraftleistung im Norden und der hohen Verbrauchslast im Süden an diesen beiden Tagen gewesen.

Am 8. und 9. Dezember kam es zu einer extremen Konstellation: Durch das Sturmtief „Ekkehard“ arbeiteten die Windanlagen an der Küste mit voller Kraft. Die gut 20.000 Megawatt Kapazität wurden fast vollständig ausgenutzt. Wegen fehlender Leitungen konnte diese Energie aber nicht nach Süden transportiert werden.

Im Süden dagegen gab es weniger Strom als geplant. Denn der Block C des Atomkraftwerks Gundremmingen war unplanmäßig abgeschaltet, zwei der 784 Brennelemente mussten ausgetauscht werden.

„Wer die kurzfristige Nutzung eines 150-MW-Kraftwerks in Österreich am 8 und 9. Dezember 2011 zum Menetekel für die Versorgungssicherheit in Deutschland stilisiert, der spielt mit falschen Karten. Gegner eines umfassenden Atomausstiegs versuchen auf diese Weise die Bevölkerung zu verunsichern, obwohl dazu kein Anlass besteht. Die Nutzung des österreichischen Kraftwerks hatte ausschließlich ökonomische Gründe“, erklärt Jochen Stay von ausgestrahlt.

Der genauere Blick auf die Situation im Dezember zeige das deutlich: Die sechs in Deutschland als Kaltreserve zur Netzstabilisierung vorgehaltenen Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von etwa 1.000 MW mussten nicht in Anspruch genommen werden, obwohl dies möglich gewesen wäre. Es gab am 8. und 9. Dezember 2011 keine Versorgungsengpässe in Süddeutschland. Denn auch an diesen Tagen wurde Windstrom aus Norddeutschland durch das süddeutsche Netz nach Italien und Österreich exportiert. Diese Stromlieferungen hätten vom Netzbetreiber Tennet im Notfall gestoppt werden können. Dies war aber nicht nötig.

Der Rückgriff auf das österreichische Kraftwerk erfolgte also nicht aus einer Notlage heraus, sondern weil es größere Gewinne versprach, Windstrom aus dem Norden nach Südeuropa zu verkaufen und gleichzeitig kurzfristig geringe Mengen Strom aus Österreich einzukaufen.

Interessant sei in diesem Zusammenhang auch, dass unser Nachbar Frankreich, der weiter voll auf Atomkraft setzt, immer wieder Probleme mit der Stromnetzstabilität hat und sich dann Unterstützung aus dem Ausland holt. Die französischen AKW müssen in heißen Sommern heruntergefahren werden, weil die Flüsse nicht genügend Kühlwasser zur Verfügung stellen. Und in kalten Wintern ist das französische Netz besonders belastet, weil ein Drittel der Haushalte mit Strom heizt. An manchen Tagen werden deshalb einzelne stromintensive Industrieanlagen heruntergefahren. Die französische Wirtschaft kann das verkraften.

Auch die japanische Wirtschaft kommt damit klar, dass teilweise nur noch eine Handvoll der ursprünglich 54 Atomkraftwerke am Netz ist. Nur in Deutschland glauben manche gleich an den Weltuntergang, wenn ein Netzbetreiber aus ökonomischen Gründen nicht die eigenen Reservekraftwerke anfährt, sondern eines aus Österreich nutzt.

„Viel Lärm um Nichts“, resümiert Stay.

  • Kein Blackout – Deutschland exportiert weiter Strom
    28. Dezember 2011 – Trotz des Atomausstiegs droht in diesem Winter nach Einschätzung der Bundesnetzagentur kein Blackout. Trotz des Atomausstiegs bleibt Deutschland ein Stromexporteur und der Strompreis bleibt stabil. Alle gegenteilige Warnungen der Atomkonzerne waren offenbar Propaganda.

Quelle: PE ausgestrahlt, spiegel.de, 06.01.2011