Schwedische AKW fallen bei Stresstest durch

Die schwedischen Atomkraftwerke sind nicht erdbebensicher. Die Massstäbe des EU-Sresstests können nicht erreicht werden. Die Betreiber wollen bis 2013 nachrüsten – aber nicht abschalten.

Atomstandorte in Schweden

Atomstandorte in Schweden; Karte: maps.google.de

Die schwedischen Atomkraftwerke haben den nach der Katastrophe in Fukushima von der EU verordneten „Stresstest“ nicht bestanden. Nach Angaben der schwedischen Strahlensicherheitsbehörde SSM würden die derzeit in Betrieb stehenden zehn schwedischen Reaktoren ein schweres Erdbeben mit Werten über sechs auf der Richterskala vermutlich nicht unbeschadet überstehen. Die Meiler seien aber auch nicht für derartige Beben ausgelegt, da starke Erdbeben in Skandinavien als „unwahrscheinlich“ gelten. In Schweden hatte die Erde zuletzt im Dezember 2008 mit einer Stärke von 4,8 bis 4,9 gebebt – das wahrscheinlich stärkste Beben seit mehr als hundert Jahren.

Bis 2013 wollen die Verantwortlichen in Schweden die AKWs durch Umbauten und Änderungen von Sicherheitsroutinen erdbebensicherer gemacht haben. Abgeschaltet werden die Meiler aber nicht.

Der mit der Durchführung der EU-Tests beauftragte Atomsicherheitsexperte Jan Hanberg hat laut der schwedischen Nachrichtenagentur TT weitere Mängel festgestellt: die schwedischen AKW-Betreiber seien nicht in der Lage, gleichzeitig entstandene Schäden am mehreren Reaktoren zu bewältigen. In Fukushima war es in mindestens sechs Reaktoren gleichzeitig zu teilweise extremen Ereignissen gekommen. In Schweden seien die Betreiber nur für einen Unfall in einzelnen Reaktoren gerüstet, so Hanberg.

Atomkraftgegner bemerken, dass bei der Grundannahme für die EU-Stresstests davon ausgegangen wurde, dass die Reaktoren in Fukushima das Erdbeben schadlos überstanden hätten. Nach einer internationalen Studie, die Ende Oktober veröffentlicht wurde, kam es aber schon direkt nach dem Erdbeben zur Freisetzung von Radioaktivität. Die Betreiber und Atomkraftbefürworter der IAEA gingen – bzw. gehen immernoch – in ihren Szenarien davon aus, dass erst der Tsunami zur Zerstörung der Kühlsysteme mit Kernschmelz-Folge führte. Damit setzen – so schätzen Kritiker – die Behörden einen viel zu niedrigen Anspruch an die Reaktoren.

Atomkraftgegner fordern die sofortige Abschaltung aller betroffenen Atomkraftwerken. An den AKW in Forsmark, Ringhals und Oskarshamn ist neben Vattenfall auch teilweise der deutsche Konzern E.ON beteiligt.

„Hier werden internationale Massstäbe für Sicherheit nicht erfüllt – und die Folge ist nicht etwa das Abschalten, sondern der Weiterbetrieb“, so Jan Becker von contrAtom. „Wir sehen E.ON in der Pflicht, den Versprechen nach größter Sicherheit nachzukommen – was in diesem Fall unweigerlich erstmal das Abschalten wäre.“

  • Freisetzung aus Fukushima-Reaktoren schon unmittelbar nach dem Erdbeben
    25. Oktober 2011 – Nach Angaben der Atomlobby hätten die Fukushima-Reaktoren das Erdbeben schadlos überstanden und seien erst durch den Tsunami zerstört worden, so dass es zur Kernschmelze kam. Eine internationale Studie widerlegt diese Annahmen und lässt an der Erdbebensicherheit aller Meiler zweifeln: Schon das Erdbeben hat die Reaktoren von Fukushima zerstört, so dass es zur Freisetzung von Radioaktivität gekommen ist.
  • Erdbebenrisiko in US-Atomkraftwerken unterschätzt
    2. September 2011 – Bei dem ungewöhnlich starken Erdbeben in der vergangenen Woche sind 27 mehr als hundert Tonnen schwere Atommüllbehälter im US-Atomkraftwerk North Anna verruscht. Eine Analyse von vorläufigen Regierungsdaten ergab, dass das Erdbeben-Risiko eines ernsthaften Zwischenfalls in amerikanischen AKW erheblich unterschätzt wurde.

Quellen (Auszug): orf.at, wienerzeitung.at, welt.de; 02.11.2011