Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Zitate einer einzigartigen Wende. Und eine Frage der Glaubwürdigkeit: Welchen Bestand haben Beschlüsse von heute? Sicher haben Katastrophen wie Fukushima auch bei langjährigen Atomlobbyisten Eindruck hinterlassen und manche Grundmanifeste im Technikglauben erschüttert. Viel schwerer wiegt jedoch für die Parteien, wenn ihre Wähler davonlaufen. Wir fordern, den Atomausstieg unumkehrbar zu machen – und schneller als er jetzt von der schwarz/gelben Regierung als „schnellstmöglich“ verkauft wird. Keine parteipolitische Taktiererei darf mehr für den Fortbestand dieser menschenverachtenden Technologie sorgen dürfen!

sueddeutsche.de hat dokumentiert, wie namhafte Vertreter der Regierungsparteien CDU, CSU und FDP zunächst gegen den Atomausstieg argumentierten – und nun das „schnelle“ Abschalten der deutschen Meiler preisen:

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)

  • 5.12.1994 als Bundesumweltministerin: „Im Licht des CO2-Problems ist die Kernkraft eine saubere, unter Sicherheitsaspekten verantwortbare Energie und auch für die Zukunft wichtig.“
  • 15.6.2009: „Wenn ich sehe, wie viele Kernkraftwerke weltweit gebaut werden, dann wäre es wirklich jammerschade, sollten wir aus diesem Bereich aussteigen.“
  • 12.3.2011 angesichts der Fukushima-Katastrophe: „An so einem Tag darf man sicher nicht sagen, unsere Kernkraftwerke sind sicher. (Pause) Sie sind sicher.“
  • 14.3.2011: „Wenn wir von der Kernenergie als Brückentechnologie sprechen, dann bedeutet das nichts anderes, als dass wir aus der Nutzung der Kernenergie aussteigen möchten.“
  • 30.5.2011 zum Bericht der Ethik-Kommission über den Ausstieg aus der Atomkraftnutzung: „Es wird einer der Fälle sein, wo ein Kommissionsbericht nicht im Schrank liegen bleibt, sondern sehr schnell auch Wirkungen in der tatsächlichen Realität finden wird.“

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU)

  • 30.6.2010: „Weil wir mit den regenerativen Energien noch nicht so weit sind, können wir auf die Kernkraft auch noch nicht verzichten.“
  • 30.5.2011 über den Fahrplan der schwarz-gelben Koalition zur Energiewende: „Der Atomausstieg wird bis 2022 vollzogen und ist unumkehrbar.“

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU)

  • 28.10.2010 bei einer Debatte im Bundestag zur geplanten Laufzeitverlängerung von deutschen Kernkraftwerken in Richtung Opposition: „Sie sind energiepolitische Blindgänger.“
  • 30.5.2011 zu den Ausstiegsplänen der Koalition: „Das Ergebnis ist konsistent und konsequent.“

FDP-Generalsekretär Christian Lindner

  • 6.2.2010 über Umweltminister Norbert Röttgens (CDU) erfolgloses Werben für die Beibehaltung des alten, von Rot-Grün beschlossenen Atomausstiegs: „Umweltminister Röttgen kapituliert vor diffusen Ängsten gegenüber der Kernenergie. Die zusätzlichen Einnahmen für den Staat aus einer Laufzeitverlängerung der Kernenergie schaffen die finanziellen Voraussetzungen für eine Energiewende.“
  • 30.5.2011 über den von Schwarz-Gelb beschlossenen Atomausstieg: „(…) da gibt es keinerlei sogenannte Hintertüren, sondern das ist ein ganz transparenter klarer Fahrplan. Ich halte den auch für richtig, insbesondere auch, dass die sieben alten Meiler vom Netz gehen. Hier hat es ja auch schon zu einem frühen Zeitpunkt Stimmen aus der FDP gegeben, die das nahegelegt haben.“

Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU)

  • 6.7.2008: „Es geht heute in Deutschland nicht darum, neue Kernkraftwerke zu bauen, aber wer kann sagen, ob das auch noch in zehn Jahren gilt?“
  • 4.4.2011: „Es besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens, dass wir den Umbau der Energieversorgung beschleunigen wollen. Denn es geht nicht nur um Laufzeiten oder Atomausstieg, sondern um neue Wege.“

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP)

  • 28.5.2009: „Es macht überhaupt keinen Sinn, wenn Deutschland aus ideologischen Gründen aus der sichersten Kerntechnik der Welt aussteigt.“
  • 13.3.2011: „Wir haben eine Option zur befristeten Weiternutzung der Kernkraft geschaffen – aber keine Garantie zum Weiterbetrieb jedes einzelnen Kraftwerks.“

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt

  • 29.10.2010: „Diejenigen, die gestern gegen Kernenergie, heute gegen Stuttgart 21 demonstrieren, agitieren, die müssen sich dann auch nicht wundern, wenn sie übermorgen irgendwann ein Minarett im Garten stehen haben.“
  • 6.4.2011: „Wenn wir den Aufbau der erneuerbaren Energien maximal beschleunigen und Widerstände gegen Pumpspeicherkraftwerke und Ähnliches überwinden können, dann ist ein Umstieg auch in einem Jahrzehnt denkbar.“

Stefan Mappus (CDU), bis Mai 2011 Baden-Württembergs Ministerpräsident

  • 23.3.2010: „Ich bin für den Ausstieg aus dem Atomausstieg. Das heißt: Solange ein Atomkraftwerk sicher ist, muss man seine Laufzeit nicht begrenzen.“
  • 14.3.2011: „Jetzt reicht es nicht mehr zu sagen: Die Kernkraftwerke sind sicher. Alles kommt auf den Prüfstand. Da gibt es keine Tabus!“

Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU)

  • 12.6.2010: „Wer Klimaschutz ernst nimmt, weiß: Wir sind weiter auf Kernkraft angewiesen.“
  • 30.5.2011 über den von Schwarz-Gelb beschlossenen Atomausstieg: „Ich freue mich deswegen, weil es gerade auch mein Vorschlag, der Vorschlag von Horst Seehofer und der Vorschlag der CSU war.“

EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU)

  • 30.6.2008 als baden-württembergischer Ministerpräsident: „Kernenergie ist im Energiemix ein unverzichtbarer Bestandteil.“
  • 15.3.2011: „Ich schließe nicht aus, dass wir abschalten müssen.“

Rainer Brüderle, FDP-Fraktionschef

  • 12.2.2010: „Wir brauchen die Kernkraft als Brückentechnologie, und diese Brücke muss lang genug sein.“
  • 30.5.2011 über den von Schwarz-Gelb beschlossenen Atomausstieg: „Wir haben das Tempo des Umsteuerns hinein in das Zeitalter der erneuerbaren Energien noch mal verschärft.“

Wir fordern: Atomausstieg unwiderruflich ins Grundgesetz! Das abschalten der letzten deutschen Meiler ist deutlich schneller als 2022 zu vollziehen! Wegen des enormen Risikos und mangelhafter Sicherheit ist der sofortige Atomausstieg unumgänglich – wenn die Dikussion ernst gemeint ist.

Quelle (Auszug): sueddeutsche.de, 07.06.2011