Endlagerdebatte

Am 26. April 2011, dem 25. Jahrestag der Tschernobylkatastrophe, kündigte der erste künftige grüne Ministerpräsident Deutschlands, Winfried Kretschmann an, rot-grün würde für ihren Koalitionsvertrag für Baden-Württemberg die ergebnisoffene, bundesweite Suche nach Alternativstandorten für ein Endlager für hochradioaktiven Atommüll aufnehmen. Damit könnte in die seit 30 Jahren auf Gorleben fokussierte Suche nach einem Atomendlager Bewegung kommen.

  • Im Fall des Atomausstiegs würde Kretschmann als Regierungschef auch die Untersuchung von Tonschichten in seinem Bundesland zuzulassen. „Alles, was geeignet ist, muss untersucht werden. Da ist niemand ausgenommen.“ Vorraussetzung ist allerdings die Abschaltung der Atomkraftwerke.

Erstmals könnten damit ernsthafte Alternativen zum niedersächsischen Salzstock aufgebracht werden – die nicht ausschließlich politisch motiviert ausgewählt wurden.

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Sicherheit vor Politik!

Atomkraftgegner warnen: Nach Fukushima müssen alle Sicherheitskriterien auf den Prüfstand – auch die für Endlager. Langzeitsicherheit muss für tausende Jahre gewährleistet sein – ohne das Restrisiko massiver radioaktiver Freisetzung.

“Die Debatte um Endlagerung darf nicht in einen politischen Wettbewerb um einen schnellen Ausstieg enden, sondern muss sich an absoluter Sicherheit orientieren. Der sofortige Stopp der Produktion weiteren Mülls wäre wegweisend – und ein Signal, dass die Debatte um Endlagerung erstgemeint ist. Wir fordern, die noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke sofort abzuschalten!” sagt Jan Becker von contrAtom.

Die BI Lüchow-Dannenberg begrüßte am 26.04. den Schritt Kretschmann, und forderte weitere Landesregierungen auf, in ihrem Land Alternativstandorte zu benennen. Allen vorran Bayern. Ende Mai kündigte Ministerpräsident Seehofer die Bereitschaft an – wurde aber von seinem Umweltministerium umgehend korrigiert: Bayern sei untauglich für ein Endlager.

Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, begrüßte den neuen Kurs im Südwesten: „Das ist ein ganz wichtiges und starkes Signal“, sagte er. Damit bestehe erstmals auch in einem anderen Land als Niedersachsen die Bereitschaft zu sagen, man stelle sich der Verantwortung. Auch König sagte, es sei wichtig, dass in der gesamten Republik alle geologischen Bedingungen ins Auge gefasst würden, die für eine atomare Endlagerung infrage kämen. Neben Tongestein seien das Salz und Granit.

Der Vorsitzende der Entsorgungskommission (ESK) der Bundesregierung, Michael Sailer, sieht angesichts des bis Mitte Juni geplanten neuen Atomgesetzes für einen schnellen Atomausstieg den Zeitpunkt gekommen, um die Endlagerfrage neu aufzurollen. „Wenn man ein neues Atomgesetz macht, sollte da reingeschrieben werden, dass man einen Fahrplan für die Endlagerung braucht“, sagt Sailer. Es sei absolut notwendig, dass man in den nächsten 25 Jahren zu einem Endlager komme.

26.04.2011: Alternative Standortsuche?

Bislang haben sich vor allem Bayern und Baden-Württemberg strikt geweigert, über einen Endlagerstandort bei sich auch nur nachzudenken. BaWü-Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) hatte zuletzt vor gut einem Jahr erklärt, bevor der Standort Gorleben nicht abschließend erkundet sei, stelle sich die Frage nach anderen Plätzen nicht.

Aktuelle Debatte – Endlager-Diskurs 2011

  • 04.11.2011 – Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) schließt den Nordosten als möglichen Standort für ein atomares Endlager für hochradioaktive Stoffe aus. Im Landtag bestehe ein politischer Konsens, dass Mecklenburg-Vorpommern dafür nicht in Betracht komme, sagte Caffier der dpa.
  • 04.11.2011 – Die CDU in Niedersachsen rückt immer stärker von einem möglichen Atommüll-Endlager in Gorleben ab. Der CDU-Fraktionschef im Landtag, Björn Thümler (Berne), hält den Standort aus mehreren Gründen für ungeeignet. Thümler forderte von der Bundesregierung, zügig einen Gesetzentwurf zur Frage der Lagerung radioaktiver Abfälle vorzulegen. Das müsse am besten noch in diesem Jahr geschehen, sagte der CDU-Fraktionschef in Hannover.
  • 29.10.2011 – Die Südländer sperren sich nicht mehr gegen die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll auf ihrem Territorium. Damit ist die Voraussetzung für ein ergebnisoffenes Verfahren gegeben. Für den 11. November lädt Röttgen deshalb alle Ministerpräsidenten nach Berlin zu einem Atom-Gipfel ein.
  • 26.10.2011 – Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) schließt die Überlegung nicht aus, Atommüll oberirdisch zu lagern. Das sagte er am Montag bei einer Diskussion über die Energiewende in Handthal (Lkr. Schweinfurt). Dies sieht er im Zusammenhang, dass zukünftige Forschung eine Verwertbarkeit der strahlenden Materie feststellen könnte. Daher sollte man den Atommüll „nicht endgültig wegschließen“.
  • 11.10.2011 – „Gorleben plus“ – Gorleben nicht aufgeben, aber zugleich andere Standorte suchen, die ein Endlager für hochradioaktiven Müll sein könnten. So lautet die Empfehlung einer Expertenrunde, die an der Europäischen Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen in Bad Neuenahr-Ahrweiler die Endlagerfrage zwei Jahre lang bearbeitet hat. Die sieben Forscher brachten verschiedene Perspektiven ein: die technische, ethische, soziologische und juristische. Am Montagabend stellten sie in Berlin ihre gut 400 Seiten fassende Analyse vor.
  • 08.10.2011 – Baden-Württembergs Umweltminister Untersteller stellt ein Acht-Punkte-Papier mit dem Titel „Endlagerung streitfrei stellen“, das vom Öko-Institut entwickelt wurde, vor. Es soll dazu beitragen, dass eine neue Standortsuche nicht am Streit zwischen den Bundesländern scheitert. Ein konkreter Zeitplan mit vier Phasen soll dafür sorgen, dass bis 2021 zwei Standorte ausgewählt sind. In Phase I sollten auf der Basis vorhandener geologischer Daten bis 2014 vier mögliche Standortgebiete ausgewählt werden. In Phase II könnten diese mithilfe von geophysikalische Methoden und Bohrungen näher untersucht werden. Bis spätestens 2021 sollten nur noch zwei Standorte zur Wahl stehen. Phase III schließlich sei ihre Erkundung unter Tage und die Auswahl eines Endlagerstandorts in Deutschland. Voraussetzung sei allerdings, dass bis 2012 von Bundestag und Bundesrat ein Gesetz verabschiedet werde, das den Zeitplan und den Ablauf der Standortsuche für ein Endlager festlegt, die Finanzierung und die Zuständigkeiten im Auswahlverfahren regelt und Instrumente zur Beteiligung der Öffentlichkeit im Verfahren vorschreibt. Grundsätzlich sollten nur Ton- und Salzgesteine in die Suche für das Endlager einbezogen werden. Und aus Sicherheitsgründen müsse man ein fest verschlossenes Endlager in tieferen geologischen Formationen planen. Untersteller sprach sich ausdrücklich gegen die sogenannte Rückholbarkeit der Abfälle aus.
  • 08.10.2011 – In einem Brief an niedersachsens Ministerpräsident McAllister bekräftigt Röttgen das Festhalten an Gorleben. Auch die Option der Rückholbarkeit von Atommüll spreche nicht gegen den Salzstock.
  • 08.10.2011 – Die hessische FDP will bei der Endlagerung von Atommüll auf eine neue Technologie zum Abbau radioaktiver Strahlung vertrauen. Mit der sogenannten Transmutationstechnologie ließen sich langlebige Stoffe in kurzlebige Isotope umwandeln, wodurch die radiologische Abfallmenge um ein Hundertfaches reduziert werden könnte, teilte die FDP-Fraktion am Freitag mit.
  • 02.10.2011 – Salzstock Gülze-Sumte: Atom-Endlager unterm Biosphärenreservat?
    Den Dörfern im Grenzland zwischen Niedersachsen und Mecklenburg sieht man Bauernwohlstand und Selbstbewusstein ihrer Bewohner an. Zum Beispiel Sumte, Amt Neuhaus, Niedersachsen: Gepflegt stehen die großen, alten niederdeutschen Hallenhäuser, Sinnsprüche der Erbauer zieren die Torbalken. Fachwerk und Rotklinker bestimmen das Bild. Die Spuren wechselvoller Geschichte bis in jüngste Zeit sind kaum auszumachen.
  • 26.09.2011 – Auf der Suche nach einem Endlager für Atommüll kann sich Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander auch eine zentrale Lagerung in ehemaligen Bunkeranlagen vorstellen. «Langfristig wird die Sicherheit der Lager etwa vor Terroranschlägen eine besondere Rolle spielen», sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. Wenn die Rückholbarkeit wichtigstes Kriterium sein soll, werde auch Ton und Granit interessant. «Und dann ist ja auch die Frage, ob wir eine oberirdische Lagerung wollen», betonte Sander. Das könne ein stillgelegtes Kernkraftwerk ebenso sein, wie eine alte militärische Anlage irgendwo in Deutschland. «So eine Art Bunker-Lösung.»
  • 22.09.2011 – Als mögliche Standorte für ein deutsches Atommüll-Endlager kommen einer Untersuchung zufolge auch Regionen in Sachsen in Betracht. Das geht aus einem bereits 1994 erstellten Gutachten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hervor, sagte am Donnerstag ein Sprecher des sächsischen Umweltministeriums auf dapd-Anfrage. Er bestätigte damit Berichte des „Sachsenspiegels“ und der „Dresdner Morgenpost“. In dem Gutachten, das viele Jahre im Bundesumweltministerium in der Schublade lag, werden die geologischen Voraussetzungen für ein Endlager im Erzgebirge und im Vogtländischen Schiefergebirge sowie der Lausitzer Scholle im Gebiet zwischen Radeberg, Pulsnitz und Löbau als günstig bewertet. Neben Sachsen werden auch Regionen in Sachsen-Anhalt und Bayern als Endlager für hoch radioaktiven Abfall empfohlen.
  • 15.09.2011 – Die niedersächsische Landesregierung stellt ein Atommüllendlager im Salzstock Gorleben infrage. In einem Brief an Bundesumweltminister Norbert Röttgen fordert Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (beide CDU) die Rückholbarkeit von Atommüll. Es sei notwendig zu prüfen, „ob das bisherige Konzept, das eine nicht rückholbare untertägige Endlagerung vorsieht, noch den gesellschaftlichen wie auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügt“, schrieb McAllister in dem Brief an Röttgen. Sollte die Rückholbarkeit des Atommülls tatsächlich in den von der Bundesregierung für Ende des Jahres geplanten Gesetzentwurf aufgenommen werden, käme Gorleben wohl nicht mehr als Lagerstätte infrage.
  • 19.08.2011 – Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister erwartet von Umweltminister Norbert Röttgen (beide CDU) bis spätestens Ende dieses Jahres die Vorlage der Gesetzes-Eckpunkte zur Regelung der atomaren Endlagerung. „Festgelegt werden muss dabei die ergebnisoffene Prüfung von Gorleben als Standort für ein Endlager, aber auch die parallele Vorbereitung für andere Standorte und andere Endlagerformen, da sich die Politik darauf vorbereiten muss, dass Gorleben sich auch als ungeeignet herausstellen könnte“, sagte McAllister der „Leipziger Volkszeitung“ (Freitagausgabe). Die Prüfung müsse „auch die mögliche Rückholbarkeit“ der radioaktiven Abfälle sowie die denkbare Eröffnung mehrerer ober- oder unterirdischer Lagerstätten beinhalten.
  • 04.08.2011 – CSU-Chef Horst Seehofer hält die Errichtung eines atomaren Endlagers in Bayern für unwahrscheinlich. „Vor einem atomaren Endlager in Bayern muss niemand Sorge haben“, sagte der Ministerpräsident der „Mittelbayerischen Zeitung“ (Donnerstagausgabe). „Bei Untersuchungen in der Vergangenheit hat sich immer herausgestellt, dass es bei uns nicht die nötigen mächtigen geologischen Formationen gibt, um Atommüll verantwortbar auf Dauer zu entsorgen.“
  • 30.07.2011 – Baden-Württemberg kommt nach Ansicht von EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) nicht als Standort für ein Atommüll-Endlager infrage. «Untersuchungen haben ergeben, dass es in Baden-Württemberg keine geeigneten Gesteinsschichten für ein Endlager gibt», sagte Oettinger dem «Hamburger Abendblatt» (Samstag). «Die Entscheidung, ausschließlich den Salzstock in Gorleben zu erkunden, ist fachlich begründet.»
  • 19.07.2011 – In der Endlagerfrage für Atommüll erhöht die EU das Tempo. Alle 14 EU-Länder, die Kernkraftwerke betreiben, müssen spätestens bis 2015 konkrete Pläne für die Entsorgung vorlegen. Die EU-Minister beschlossen am Dienstag bei einem Treffen in Brüssel eine entsprechende Richtlinie. Wenn bis dahin keine Pläne vorliegen, kann Brüssel rechtlich gegen Mitgliedsstaaten vorgehen. Für scharfe Kritik sorgt, dass Atommüllexporte in Nicht-EU-Länder wie Russland nicht grundsätzlich verboten werden, also der Müll auch dort entsorgt werden kann, wenn es entsprechende Endlager dort gibt. Die Bundesregierung bekräftigte, auf Basis der EU-Richtlinie bis Jahresende ein Gesetz zur Endlagersuche vorzulegen. Wie schon beim Atomausstieg strebe man «einen breiten gesellschaftlichen Konsens an», teilte das Bundesumweltministerium in Berlin mit. Im Zuge der Richtlinie bleibt die Standortfrage – wie das mögliche Endlager im niedersächsischen Gorleben – Sache der nationalen Regierung. Konkret geht es um den Zeithorizont für Standortauswahl und Planung, Bau und Inbetriebnahme. Die Kosten für die Entsorgung sollen die Verursacher tragen.
  • 08.07.2011 – Im Zuge des Atomausstiegs und der Energiewende fordert der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister auch einen Konsens über die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle. Nötig sei ein „transparentes und ergebnisoffenes bundesweites Suchverfahren unter Einschluss von Gorleben“, sagte der CDU-Politiker am Freitag im Bundesrat. Der von der Bundesregierung für den Herbst angekündigte Gesetzesvorschlag dazu sei zu begrüßen und müsse intensiv beraten werden.
  • 08.07.2011 – Nach der Entscheidung zum Atomausstieg fordert Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) eine rasche bundesweite Suche nach einem Atommüll-Endlager. Der hoch radioaktive Müll müsse an dem Ort gelagert werden, der am besten geeignet und am sichersten sei, sagte Kretschmann am Freitag im Bundesrat in Berlin. «Egal, wo er in Deutschland zu finden ist.»
  • 15.06.2011 – Der Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz, Wolfram König, hat einen politischen Kompromiss bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager in Deutschland gefordert. Das Verfahren werde sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und müsse deshalb über mehrere Legislaturperioden hinaus Bestand haben, sagte König am Mittwoch im Deutschlandradio Kultur. „Es macht keinen Sinn, nach jeder Bundestagswahl, nach jeder Landtagswahl mit einer neuen Zielsetzung wieder von vorne zu beginnen.“
  • 15.06.2011 – Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann hat sich für eine bundesweite Endlagersuche ausgesprochen. Doch seine Geologiebehörde stellt nun klar: Das Bundesland komme für Atommüll nicht in Frage. „Die Standortsuche dürfte sich in Baden-Württemberg auf die Tongesteine konzentrieren“, sagte der Leiter des Landesamtes für Geologie in Baden-Württemberg in Freiburg, Ralph Watzel der Nachrichtenagentur dpa. Lediglich Teile der Schwäbischen Alb und Oberschwabens sowie der Landkreis Konstanz kämen theoretisch infrage. Doch auch dortige Tongesteine seien mit größter Vorsicht zu betrachten, betonte Watzel.
  • 04.06.2011 – Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberkecht (CDU) hat sich gegen ein Endlager für Atommüll in Thüringen ausgesprochen. Lieberknecht sagte MDR INFO am Freitag, Thüringen scheide nicht aus politischen Gründen, „sondern aus geologischen Gründen als Endlagerstelle aus, weil wir einfach nicht die entsprechenden Gesteinsformationen haben im Freistaat Thüringen“. Vielmehr solle bundesweit ergebnisoffen nach einer geeigneten Endlagerstelle gesucht werden.
  • 31.05.2011 – Bayerns Umweltminister Markus Söder hält ein Endlager für Atommüll in seinem Bundesland für schwer möglich. Die geologischen Gegebenheiten seien nicht geeignet, sagte Söder im ZDF.
  • 31.05.2011 – Nach der neuen Offenheit der Bundesregierung für einen Neustart in der Endlagerfrage macht sich der Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz für eine gemeinsame Kraftanstrengung stark. Wolfram König sagte der dpa, im Endlagerbereich müsse ein Konsens her.
  • 30.05.2011 – CSU-Chef Horst Seehofer spricht sich überraschend für einen Neustart bei der Suche nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll aus. Alle geologischen Aspekte sollten noch einmal neu auf den Prüfstand gestellt werden, sagte er am Montag in Berlin. „Wir müssen erstmal Deutschland ausleuchten.“ Bisher sperrte sich Bayern gegen eine bundesweite Suche nach Alternativen zum Salzstock Gorleben in Niedersachsen. „Es soll alles untersucht werden“, erklärte Seehofer. „Die Generationen, die die Kernkraft nutzen, müssen sich auch um die Endlagerung kümmern.“ Neben Salzstöcken im Norden – wie in Gorleben – könnten auch Ton- und Granitformationen im Süden als Standorte in Frage kommen.
  • 30.05.2011 – Nach dem Bericht der Ethikkommission bestehen Zweifel, ob Gorleben weiter als Atommüllendlager geeignet ist. Die Ethikkommission zur Atomkraft empfiehlt nach Informationen des NDR in ihrem Abschlussbericht, dass der radioaktive Abfall rückholbar gelagert wird. Atomkraftgegner sehen darin eine Neukonzeption der Atommülllagerung in Deutschland. Die Grünen sprechen gar von einem Aus für Gorleben.
  • SPD setzt weiter auf Gorleben
    24. Mai 2011 – Eigentlich wissen sie es besser: Trotz der Untauglichkeit des Salzstockes im niedersächsischen Gorleben will auch die SPD weitere Milliarden Euro Steuergelder verbuddeln lassen. Parallel solle bundesweit nach Alternativen gesucht werden. Dann sei ein “schwarz-rot-gelber Atomkonsens” möglich.
  • 24.05.2011 – Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ vom Dienstag, die Weigerung der Union, bundesweit zu suchen, zeige: „Schwarz-gelb ist nicht an einem Energiekonsens interessiert.“ Oppermann forderte die Union auf, eindeutig zu erklären, was sie eigentlich wolle.
    Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil sagte am Montagabend im Sender Phoenix, er sei nur unter der Voraussetzung zu einer weiteren Erkundung des niedersächsischen Salzstocks Gorlebens bereit, „dass wir gleichzeitig in ganz Deutschland gucken, ob es nicht auch Alternativen gibt“. Er wolle nicht, dass politisch entschieden werde, wo ein Endlager hinkommt, „nur weil einige in Bayern nach dem St.-Florians-Prinzip handeln, nach dem Motto „Atomkraft schön, Atommüll muss irgendwo hin, bitte nach Niedersachsen, aber nicht bei uns zu Hause““.
  • 23.05.2011 – Trotz des angestrebten schnelleren Atomausstiegs will Bayern an der Erkundung des Salzstocks Gorleben in Niedersachsen festhalten. „Ein Endlager wird es in Bayern nicht geben“, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der „Süddeutschen Zeitung“. Dies habe vor allem geologische Gründe.
  • 22.05.2011 – Die Suche nach dem besten Standort für ein Atom-Endlager darf nicht an den bayerischen Grenzen aufhören – das fordert der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel. Er macht den Erfolg der Suche zur Bedingung für einen Atomkonsens.
  • 22.05.2011 – Ist der Salzstock Gorleben geeignet als atomares Endlager? Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, will seine Hand dafür nicht ins Feuer legen: Der Standort sei nach „unbekannten Kriterien“ ausgesucht worden. Alternativen müssten offen diskutiert werden.
  • 21.05.2011 – Der Bayerische Wald lebt von seiner teils unberührten Natur, dem Tourismus und der Ursprünglichkeit. Würde hier der radioaktive Müll aus deutschen Atomkraftwerken gelagert, hätte das für eine ganze Region katastrophale Folgen, so der Vorsitzende der Bürgerinitiative gegen ein Atommüllendlager im Saldenburger Granit, Martin Behringer.
  • 15.05.2011 – EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) hat davon abgeraten, die Suche nach einem Atom-Endlager auf den Südwesten Deutschlands auszudehnen. „Nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die mir bekannt sind, sind die Gesteinformationen in Baden-Württemberg für ein Endlager nicht geeignet“, sagte der frühere Ministerpräsident des Landes dem „Hamburger Abendblatt“ (Montagausgabe). Wichtig sei, dass die Erkundung des Salzstocks in Gorleben jetzt vorankomme. Zugleich regte der Energiekommissar an, hoch radioaktiven Abfall rückholbar zu lagern.
  • 15.05.2011 – Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) knüpft die Standortfrage eines Endlagers für Atommüll an den Ausstieg aus der Kernenergie. „Bevor man nicht den letzten Meiler endgültig stillgelegt hat, wird man nirgendwo ein Atomendlager durchsetzen können“, sagte er dem Magazin „Spiegel“.
  • 15.05.2011 – Die FDP will neben dem Salzstock Gorleben schon jetzt weitere Endlager-Optionen für hochradioaktiven Atommüll prüfen. Darauf einigte sich der Bundesparteitag der Liberalen am Sonntag in Rostock und korrigierte damit die Linie der Partei. Bisher setzte die FDP – wie auch die schwarz-gelbe Bundesregierung – ausschließlich auf die vollständige Erkundung des Standorts Gorleben in Niedersachsen. Nun einigten sich die Delegierten auf die Formulierung: „Die FDP befürwortet es, Gorleben zu Ende zu erkunden und zugleich rückholbare Endlager-Konzepte in tiefen geologischen Formationen oder gesicherten baulichen Einrichtungen zu prüfen.“
  • 13.05.2011 – Kehrtwende auch in den USA? Nach dem Scheitern des Bergwerk-Prjektes Yukka Mountain debattieren Wissenschaftler über Möglichkeiten für Atom-Endlager. Der aktuelle Vorschlag sieht statt einer zentralen, unterirdischen Stelle, mehrere Zwischenlager für einige Jahrzehnte vor – über der Erde.
  • 11.05.2011 – Die Debatte über die Endlagerung radioaktiver Abfälle gewinnt wieder an Fahrt. Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) wirbt dafür, die Frage unter neuen Vorzeichen zu diskutieren. „Dabei muss auch erörtert werden, ob eine oberirdische Lagerung der Abfälle für 100 bis 150 Jahre in Betracht käme“, sagte Sander. In Betracht komme neben der Entsorgung tief unter der Erde möglicherweise auch eine oberirdische Lagerung hoch radioaktiver Abfälle für 100 bis 150 Jahre, sagte Sander – und gab damit indirekt ein Scheitern der bisherigen Atompolitik zu.
  • Bewegung in der Endlagersuche
    11. Mai 2011 – In die Endlagerdebatte kommt immer mehr Bewegung: Endlich wird neben dem bestehenden Standort Gorleben auch die Tiefenlagerung in Frage gestellte: Niedersachsens Umweltminister Sander wirbt für eine “Kurzzeit-Endlagerung”, die für 100 bis 150 Jahre überirdisch geschehen könne. Atomkraftgegner sehen ein Eingeständnis, dass die bisherige Suche nach einem Endlager gescheitert ist. Diesen Beitrag weiterlesen »
  • Atommüllendlager: Langzeitsicherheit soll aufgeweicht werden
    10. Mai 2011 – “Endlager auf Zeit” könnte die Lösung für hochradioaktiven Atommüll sein. Das zumindest fordert Geoforscher Frank Schilling vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Der Grund: Die derzeitigen Anforderungen an ein Endlager seien zu hoch – und die oberirdischen Zwischenlagerhallen unsicher. Mit einer vergleichsweise Kurzzeitlösung über etwa 500 Jahre wäre die Langzeitsicherheit aufgeweicht. Atomkraftgegner warnen vor Abstrichen bei der Sicherheit – diese müsse nach Fukushima völlig neu definitiert werden. Diesen Beitrag weiterlesen »
  • Atommüllendlager: CDU will Gorleben
    6. Mai 2011 – In ganz Deutschland sollen künftig Standorte für Atommüllendlager gesucht werden. Allerdings erst, wenn Gorleben zu Ende erkundet wurde und nicht-tauglich ist. Die Atomkraftwerke sollen weiterlaufen. Das möchte die CDU am Montag beschließen. Diesen Beitrag weiterlesen »
  • 06.05.2011 – In ganz Deutschland sollen künftig Standorte für Atommüllendlager gesucht werden. Allerdings erst, wenn Gorleben zu Ende erkundet wurde und nicht-tauglich ist. Die Atomkraftwerke sollen weiterlaufen. Diesen Beschluss will die CDU offenbar am Montag fassen.
  • 02.05.2011 – Michael Roolf, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion von Mecklenburg-Vorpommern, erklärt zur Weigerung der Landesregierung, die Suche nach einem Atommüll-Endlager zu unterstützen: „Es ist eine rücksichtslose Politik der Landesregierung, selbst die Prüfung auf der Suche nach einem Endlager zu verweigern, gleichzeitig jedoch massiv die Abschaltung aller Atomkraftwerke voranzutreiben.“
  • 02.05.2011 – Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) fordert, auch in anderen Bundesländern nach einem Endlager für hoch radioaktiven Atommüll zu suchen. „Der Bund sollte auf die Möglichkeit, dass Gorleben nicht geeignet ist, vorbereitet sein“, sagte McAllister im NWZ-Interview. Insofern sei dem Bund zu empfehlen, mit vorbereitenden Untersuchungen an anderen Orten zu beginnen. „Demnächst“ wolle McAllister nach Gorleben fahren.
  • 01.05.2011 – EU-Energiekommissar Günther Oettinger fordert Deutschland dazu auf, eine neue, ergebnisoffene Diskussion über die Frage eines Atommüll-Endlagers zu führen. „Es kann nicht mehr sein, dass die Standortsuche wie ein ‚Schwarze-Peter‘-Spiel weitergegeben wird und bei jeder Regierung zu den unerledigten Akten kommt“, sagte Oettinger den „Stuttgarter Nachrichten“ (Montagausgabe).
  • 30.04.2011 – Die CSU widersetzt sich strikt allen Forderungen, auch in Bayern nach einem möglichen Standort für ein Atomendlager suchen zu lassen. «Bayern ist aus geologischen Gründen für einen Endlagerstandort nicht geeignet. Es wird keine Endlagersuche in Bayern geben», sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt dem «Hamburger Abendblatt» (Samstag). «Wir erkunden den Salzstock in Gorleben ergebnisoffen. Bevor die Untersuchung nicht abgeschlossen ist, muss man über weitere Fragen nicht nachdenken.»
  • 29.04.2011 – Mecklenburg-Vorpommern will sich nicht an der Suche um Alternativen zu Gorleben beteiligen. Der für Strahlensicherheit zuständige Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hat Erkundungen nach einem möglichen atomaren Endlager in Mecklenburg-Vorpommern ausdrücklich abgelehnt. „Dafür sehe ich keine Notwendigkeit“, bekräftigte er.
  • 29.04.2011 – McAllister: McAllister: Es muss nicht Gorleben sein – „Bundesumweltminister Norbert Röttgen hat angekündigt, dass er die Frage der End- und Zwischenlager in die Energie-Konsensgespräche mit einfließen lassen will. Meine Unterstützung hat er dafür! (…) Ich möchte an dieser Stelle einmal klar darauf hinweisen: Niedersachsen trägt bisher die gesamte nationale Verantwortung für das Thema Endlagerung von Atommüll alleine. Jetzt sind auch andere Regionen Deutschlands vorrangig gefragt, ihren aktiven Beitrag zu leisten.“
  • 29.04.2011 – Deutsches Endlager in Fukushima? Georg Erdmann, Präsident der Gesellschaft für Energiewissenschaft und Energiepolitik, hält das für eine gute Idee – mehr
  • 28.04.2011 – Bei der Suche nach einem sicheren Atomendlager müssen nach Ansicht von Naturschützern auch bayerische Standorte geprüft werden. Eignen könnte sich zum Beispiel das Fichtelgebirge mit seinen Granitvorkommen. Granit-, Ton- oder Salzvorkommen seien als Endlager geeignet, sagen Experten. Es sei deshalb möglich, dass im Fichtelgebirge, im Oberpfälzer Wald, dem Bayerischen Wald oder in den Tonlagerstätten in Niederbayern ein möglicher Endlager-Standort gefunden werde, sagte der Vorsitzende des Bundes Naturschutz, Hubert Weiger, dem Bayerischen Rundfunk. „Wir sagen nicht, dass es geht, wir sagen nur, dass es geprüft werden muss“, so Weiger. Die Staatsregierung bleibt derweil bei ihrem Nein zu einem Endlager in Bayern.
  • 28.04.2011: Studie: Landkreis Osnabrück für Atommüll-Lager kaum geeignet
    Im Osnabrücker Land gibt es Tonvorkommen, die geeignet erscheinen, ein Atommülllager aufzunehmen. Das hat die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in einer Studie festgestellt. „Das ist nur ein Hinweis, mehr nicht“, sagt ein Sprecher des Landkreises. Die Studie gebe lediglich geologische Vorbedingungen wieder, ein konkretes Standortverfahren sei nicht geplant.
  • 27.04.2011 – CDU: Niedersachsen bei weiterer Endlagersuche tabu
    Im Falle einer neuen Suche nach einem Atomendlager müssen aus Sicht des niedersächsischen CDU-Fraktionschefs Björn Thümler weitere Standorte in Niedersachsen ausgeschlossen werden. «Bislang hat nur Niedersachsen Verantwortung für die Suche eines Endlagers für Atommüll übernommen», teilte Thümler am Mittwoch in Hannover mit. Das norddeutsche Bundesland sei aber nicht der Atommüllplatz der Bundesrepublik. Deshalb schließe er eine weitere Standortsuche über Gorleben hinaus in Niedersachsen aus.
  • 27.04.2011 – Das Umweltministerium in München teilte am 27.04. mit, Bayern sei für einen Endlagerstandort „aus geologischen, nicht aus politischen Gründen“ ungeeignet. Umweltminister Markus Söder sagte: „Bayern scheidet aus geologischen Gründen als Standort für ein Endlager aus. Es geht hier um Geologie, nicht um Ideologie.“ Mehrere Studien aus der Vergangenheit seien zu diesem Ergebnis gekommen. Auch Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) lehnt eine Diskussion über ein Endlager in Bayern ab: „Daran werden wir uns nicht beteiligen.“
  • 27.04.2011 – Der Generalsekretär der baden-württembergischen SPD, Peter Friedrich, hält den ins Spiel gebrachten möglichen Standort in Baden-Württemberg für ein atomares Endlager für nicht geeignet. Der BUND-Landesverband hatte ein Gebiet mit Tonschichten bei Riedlingen im Kreis Biberach genannt. Friedrich sagte am Mittwoch im Südwestrundfunk (SWR), er könne „nahezu ausschließen“, dass es aufgrund der Geologie und der Trinkwasservorkommen geeignet sei. Der Regionalverband Donau-Iller sprach sich bereits 2006 gegen jede weitere Untersuchung der heimischen unterirdischen Tongesteinsformation zur Endlagerung radioaktiver Abfälle aus.
  • 26.04.2011 – Der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) hat einen Vergleich des Salzstocks Gorlebens mit anderen potenziellen Standorten eines Endlagers für hochradioaktiven Müll verlangt. „Auch wenn der Salzstock geeignet ist, muss man ihn dann mit anderen potenziellen Standorten vergleichen. Wettbewerb belebt das Geschäft“, sagte der FDP-Politiker am 26.04.. Gorleben müsse allerdings in jedem Fall zu Ende erkundet werden. „Wenn es ein Endlagersuchgesetz des Bundes gibt, muss Baden-Württemberg konkrete Standortvorschläge machen“, sagte er. Er erwarte, „dass Grüne und SPD das auch in ihren Koalitionsvertrag schreiben“. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU): „Da die Grünen so darauf drängen, mit einer alternativen Standortsuche zu Gorleben zu beginnen, könnten sie in Baden-Württemberg mit gutem Beispiel voran gehen und mögliche Standorte benennen. Das wäre konsequent!“

Rückblick

Die Entscheidung für Gorleben fiel in den 70er Jahren aus politischen Gründen: der damlige Ministerpräsident Albrecht wollte der DDR einen Denkzettel verpassen, da diese ihm das Endlager Morsleben an die Grenze gebaut hatten. Rot-Grün vereinbarte mit dem Ausstieg von 2000 ein 10jähriges Moratorium. Das Bundesamt für Strahlenschutz genehmigte im Oktober 2010, nach Auslaufen des Baustopps, die Weitererkundung. Gegen eine Klage von Atomkraftgegnern wurde Sofortvollzug angeordnet. Das scherwiegendste Argument in Gorleben weiterzumachen sind 1,5 Milliarden Euro, die nachweislich nicht nur in die Erkundung sondern in den Ausbau zu einem Endlager geflossen sind.

1974: Standort-Auswahlverfahren für Entsorgungszentrum

Im Auftrag der Industrie legt am 30. September 1974 das Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung (NlfB) in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Bodenstoffe (BfB) eine Machbarkeitsstudie einer Wiederaufarbeitungsanlage mit einer Bewertung der Standorte vor: Im gesamten Bundesgebiet wurden 26 Standortmöglichkeiten ermittelt, von denen 8 – sämtlich norddeutsche Salzstöcke – als besonders günstig eingestuft wurden.

Drei Standorte wurden zur näheren Untersuchung für ein nukleares Entsorgungszentrum vorgeschlagen:

  • Salzstock Lutterloh/Faßberg,
  • Salzstock Lichtenhorst/Ahlden und
  • Salzstock Waten/Börger.
  • Nach Aussage des an der Auswahl der Salzstöcke beteiligten Erlanger Geologieprofessors Gerd Lüttig gehörte der Standort Gorleben „nicht in die günstigste Kategorie“.

Bei der Auswahl wurden Sicherheitskriterien (geologischer und hydrogeologischer Aufbau, seismologische, hydrologische und meteorologische Verhältnisse), Umweltkriterien (Bevölkerungsdichte, Viehwirtschaft, Ausschluss von Ferien- und Erholungsgebieten) sowie wirtschaftliche Kriterien (Verkehrsdichte, Wasser- und Energieversorgung und industrieller Entwicklungsstand) berücksichtigt. Das Bundesministerium für Forschung und Technologie bewilligt im August 1975 Mittel für die Untersuchung der drei Standorte.

Aufgrund politischer Widerstände an den Standorten wurden die Erkundungsmaßnahmen seitens der Bundesregierung im August 1976 eingestellt. Die niedersächsische Landesregierung bat die Bundesregierung, die Arbeiten an den drei Standorten so lange auszusetzen, bis die Landesregierung von sich aus einen Standort benannt hat. Parallel und unabhängig von den Untersuchungen des Bundes führte eine interministerielle Arbeitsgruppe der niedersächsischen Landesregierung im Jahre 1976 eine Auswahl von Standorten durch. Ziel war es, die Möglichkeiten einer Realisierung des nuklearen Entsorgungszentrums in Niedersachsen zu prüfen.

Die Untersuchung erfolgte in 4 Phasen:

  • Phase 1: Überprüfung von 140 Salzstöcken, ob ein ausreichend großes Standortgelände vorhanden war.
  • Phase 2: Die verbleibenden 23 Standorte wurden auf Ausschlusskriterien wie Größe und Tiefenlage des Salzstockes, Lage und Besiedlungsdichte und konkurrierende Nutzungsansprüche hin untersucht.
  • Phase 3: Die verbleibenden 13 Standorte wurden u. a. anhand einer Bewertungsrichtlinie des BMI im Hinblick auf Beschaffenheit des Baugrundes, Erdbebengefährdung, Flugverkehrsdichte, meteorologische Gegebenheiten, radiologische Vorbelastung sowie die mögliche Lage des Betriebsgeländes über dem Salzstock und die Tiefenlage untersucht. Ebenso wurde berücksichtigt, ob Grundwasservorranggebiete, Landschaftsschutz- oder Naturschutzgebiete einer Nutzung entgegenstehen.
  • Phase 4: Danach blieben 4 Standorte übrig: Wahn, Lichtenhorst, Gorleben, Höfer.

Drei dieser Standorte wiesen gegenüber Gorleben Nachteile auf, Wahn (Truppenübungsplatz), Lichtenhorst (Grundwasservorranggebiet für Hannover), Höfer (mit 25 qkm relativ klein). Damit wurde mit 40 qkm Größe, der Tiefenlage von 300 m bis 3 500 m und der Unverritztheit der Salzstock Gorleben als optimaler Standort im Winter 1976 von der niedersächsischen Landesregierung vorgeschlagen.

AkEnd: Auswahlverfahren für Endlagerstandorte

Karte der untersuchungswürdigen Steinsalz- und Tonsteinformationen in Deutschland; BGR 2007

Karte der untersuchungswürdigen Steinsalz- und Tonsteinformationen in Deutschland; BGR 2007

Das Bekenntnis von Grün-Rot, Verantwortung zu übernehmen – in Baden-Württemberg stehen vier der 17 Atomkraftwerke – könnte dazu führen, dass die Vorschläge des Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AK End) von 2002 aus der Schublade geholt werden. Dieser hatte zu rot-grünen Zeiten ein Konzept erarbeitet, das eine Erkundung von mindestens zwei Standorten vorsah. Die Wahlniederlage 2005 und Widerstand im Süden verhinderten eine Umsetzung der Idee.

BGR – Untersuchung von alternativen Endlagerstandorten

2007 veröffentlichte die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) eine Karte der untersuchungswürdigen Steinsalz- und Tonsteinformationen in Deutschland, in denen neben Gorleben die Standorte Wahn, Zwischenahn, Waddekath, Gülze-Sumte (alle Norddeutschland) genannt wurden. Ein konkreter Standort in Süddeutschland fehlt.

Als Ergänzung zu den Untersuchungen in den Wirtsgesteinen Salz und Ton wurde lange Zeit die Möglichkeit der Endlagerung in kristallinen Gesteinen – zum Beispiel Granit – betrachtet. Die BGR hatte 1995 hierzu einen Katalog von untersuchungswürdigen Kristallinformationen für die Endlagerung hochaktiver wärmeentwickelnder Abfälle veröffentlicht, die sogenannte Kristallinstudie (Download PDF 3,8 MB). Kristalline Gesteine werden jedoch aufgrund der ungünstigeren geologischen Verhältnisse im Vergleich zu den Salzstöcken und den Tonformationen in Deutschland als Wirstgesteine für die Endlagerung radioaktiver Abfälle nicht favorisiert.

  • Kristallingestein liegt in Bayern, im Erzgebirge, im Bereich der Lausitzer Scholle sowie im Raum Halle-Wittenberg vor.

1994 wurde von der BGR ein Katalog zusammengestellt, in dem die Salzstrukturen in Deutschland beschrieben und im Hinblick auf ihre Nutzung als Endlagerstandorte bewertet werden, die sogenannte Salzstudie (Download PDF, 6,3 MB).

BGR 1995: Untersuchungswürdige Formationen in Deutschland

BGR 1995: Untersuchungswürdige Formationen in Deutschland

Übersicht – Vorschläge zur Atommüllendlagerung