Atommüll-Streit eskaliert: AKW-Betreiber wollen nicht zahlen

Der Neustart der Endlagersuche steckt in der Sackgasse. Der Konflikt eskaliert: Die Konzerne weigern sich für die Projekte Schacht Konrad und Gorleben zu zahlen. Atomkraftgegner fordern die Bundesumweltministerin zum Handeln auf.

Anti Atom Camp: Atommüllentsorgung

Anti Atom Camp: Atommüllentsorgung

Die vier großen Stromkonzerne RWE, EON, Vattenfall und EON haben Jahrzehnte an dem Betrieb ihrer Atomkraftwerke nicht nur einen großen Berg Atommüll erzeugt sondern vor allem kräftig Geld verdient. Für die milliardenschwere Entsorgung der strahlenden Hinterlassenschaften sind steuerfreie Rückstellung – etwa 30 Milliarden Euro – gebildet worden, um u.a. den Bau der Endlager zu finanzieren. Anfang des Monats hat das „Bundesamt für kerntechnische Entsorgung“ (BkE) seine Arbeit aufgenommen und damit auch die ersten Kostenbescheide verschickt. Doch die Atomkonzerne haben Widerspruch gegen ihre Kostenbeteiligung an den Projekten Gorleben und Schacht Konrad eingelegt. Es lägen „Widersprüche für 2013 und 2014“ vor, so ein Sprecher des Bundesamts für Strahlenschutz in Hannover. Begründungen für die Zahlungsverweigerung seien darin aber nicht genannt. Es geht um rund 230 Millionen Euro.

Das ehemalige Erzbergwerk Schacht Konrad bei Salzgitter wird derzeit zum Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll ausgebaut. Der Salzstock Gorleben wurde bisher als mögliches Endlager für hoch radioaktiven Atommüll erkundet. Beide Standorte sind umstritten, um Gorleben beginnt offiziell ein Neustart und die Inbetriebnahme von Konrad verzögert sich weiter und wird immer teurer. Die Atomkonzerne setzen weiter auf beide Standorte und fordern den raschen Einlagerungsbeginn in Konrad – unter Verzicht auf Sicherheitsaspekte. Ihre Zwischenlager quillen über, der Neubau von zusätzlichen Hallen kostet Millionen.

Die aktuelle Zahlungsverweigerung sei „absurd“, meint Jochen Stay von ausgestrahlt, denn die AKW-Betreiber würden „gleichzeitig auf die Inbetriebnahme von Konrad drängen“.

Die Standort-Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad versucht es mit einer positiv-ironischen Interpretation: Es sei als „gutes Zeichen“ zu werten, „wenn die Konzerne der Bundesregierung damit zeigen wollten, dass diese beiden Atommüll-Projekte keine Zukunft haben und das Geld, statt es für diese sinnlosen Projekte zum Fenster heraus zu schmeißen, lieber für ein tragfähiges Atommüll-Konzept verwendet werden sollte“. Es sei aber wohl eher eine „Offensive“, dass die Betreiber nicht länger gewillt sind, die Verantwortung für ihre strahlenden Hinterlassenschaften zu übernehmen, wenn sie in Zukunft keine horrenden Gewinne mehr mit der Produktion von Atomstrom einfahren können.

Gegenüber Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erneuerte die BI Lüchow-Dannenberg ihre Forderung, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Rückstellungsmilliarden für die Atommüllentsorgung in eine öffentlich-rechtliche Stiftung übertragen werden können.

„Das Atommülldesaster wird immer deutlicher. Schwierigkeiten beim Rückbau der Atomkraftwerke, das Castor-Dilemma, genau an dieser Stelle tauchen die Abfallverursacher ab. Diese 30 Milliarden Euro werden nach Expertenangaben bei weitem nicht reichen. Die Stiftung wäre aber ein wichtiger erster Schritt“, unterstreicht BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

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Quellen (Auszug): spiegel.de, ausgestrahlt.de, bi-luechow-dannenberg,de; 10,./11.9.2014