Störfall in Jülich wurde jahrzehntelang vertuscht

Ein schwerer Störfall des Atom-Versuchsreaktors im Jahr 1978 in Jülich ist über Jahrzehnte vertuscht worden. Zu diesem Ergebnis kommt laut „Aachener Zeitung“ eine Expertenkommission, die vom Forschungszentrum Jülich eingesetzt wurde, um die Vergangenheit des ehemaligen Versuchsreaktors aufzuarbeiten.

AVR Jülich; Bild: google

AVR Jülich; Bild: google

Der Dampferzeuger-Störfall von 1978 stelle eine hochgefährliche Situation dar und wurde damals nach Ansicht der Kommission heruntergespielt. Weil Mitarbeiter der Forschungseinrichtung einen Sicherheitsschalter manipuliert hatten, konnten durch ein Leck 27.000 Liter Wasser in den Reaktorkern gelangt. Der Vorfall wurde damals in die niedrigste Zwischenfallkategorie eingeordnet. Die Expertengruppe kommt nun zu dem Ergebnis, dass es sich um einen Störfall der zweithöchsten oder höchsten Meldekategorie (A) gehandelt habe: ein „sicherheitstechnisch unmittelbar signifikanter Störfall“.

Die Kommission deckte außerdem zahlreiche weitere Mängel beim Betrieb des Versuchsreaktors auf, berichtet die „Aachener Zeitung“ weiter. So konnte die Temperatur im Reaktorkern nie richtig kontrolliert werden, was dazu führte, dass der Kern stark radioaktiv verseucht wurde. Außerdem sei radioaktiv verseuchtes Wasser ins Grundwasser gelangt.

1988 wurde der Jülicher Versuchsreaktor wegen zahlreicher technischer Mängel endgültig abgeschaltet. Im September soll der 26 Meter hohe und 2.100 Tonnen schwere Reaktor aus seinem Stahlbetonmantel gezogen werden. Ein weltweit bislang einzigartiges Vorhaben. Denn im Vergleich zu anderen Reaktoren, die bei ihrem Rückbau in aller Regel demontiert werden können, ist das Jülicher Exemplar derart mit gefährlichen Nukliden wie Strontium, Cäsium und Kohlenstoff 14 verseucht, dass man ihn an einem Stück aus seinem Reaktorgebäude ziehen muss. In einer eigens errichteten Lagerhalle soll der Behälter dann unweit seines Ursprungsortes erstmal abgestellt werden. Doch was danach mit dem Reaktor passiert, ist weitgehend ungeklärt. Der offizielle Plan sieht vor, den Behälter in 30 bis 60 Jahren zu zerlegen und abzutransportieren. Doch selbst Experten zweifeln daran: dann wird von dem Teil immer noch hohe Strahlung ausgehen. Dabei ist vor allem der Kohlenstoff 14 (C14), der in großen Mengen im Reaktorkern lagert, problematisch. Seine Halbwertzeit beträgt 5.730 Jahre.

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Quelle (Auszug): presseportal.de / Aachener Zeitung, antiatomplenum.blogsport.de; 06./25.04.2014