IPPNW: UNSCEAR-Bericht zu Fukushima vertuscht gesundheitlichen Folgen der Atomkatastrophe

Der heute vorgelegte Bericht des Komitees der Vereinten Nationen für die Folgen von Strahlung (UNSCEAR) spielt das wahre Ausmaß der gesundheitlichen Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima systematisch herunter. UNSCEAR behauptet in seinem 300-seitigen Abschlussbericht, dass „keine signifikanten Veränderungen künftiger Krebsraten zu erwarten sind, die mit der Strahlenexposition durch den Unfall in Verbindung gebracht werden können.“. Ärzte und Ärztinnen der IPPNW dagegen gehen in ihren Berechnungen von mehreren Zehntausend zusätzlichen Krebserkrankungen aus.

Da die Zahl der Krebserkrankungen in der japanischen Bevölkerung aber ohnehin schon hoch ist, wird die Mehrzahl dieser Fälle nicht kausal mit der Strahlenexposition in Verbindung zu bringen sein. Die Tatsache, dass eine Krebserkrankung keine Herkunftsbezeichnung trägt und sich nie eindeutig auf eine einzelne Ursache zurückführen lässt, wird von der Atomindustrie und auch von UNSCEAR genutzt, um jegliche Kausalität abzustreiten. Eine Taktik, wie man sie schon lange von der Tabakindustrie oder der Asbestwirtschaft kennt.

„Die Geschichte wiederholt sich. Wie damals nach der atomaren Katastrophe von Tschernobyl werden die Risiken für die Menschen in den kontaminierten Gebieten vertuscht, verharmlost und verschwiegen,“ kritisiert der stellvertretende Vorsitzende der IPPNW, Dr. Alex Rosen.

Die IPPNW moniert zudem, dass sich die Mitglieder von UNSCEAR in ihrem Bericht im Wesentlichen auf die Angaben der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO), der Betreiberfirma TEPCO und der japanischen Atombehörden stützen. Neutrale unabhängige Institute und Forschungseinrichtungen werden ignoriert. So beruhen die Dosisberechnungen der betroffenen Bevölkerung im Bericht maßgeblich auf Nahrungsmittelproben IAEO, einer Organisation, die mit dem Ziel gegründet wurde, „weltweit die Nutzung der Atomenergie zu befördern“. Unliebsame Ergebnisse von unabhängigen Nahrungsmittelstichproben werden ignoriert. Zur Schätzung des Gesamtausstoßes von Radioaktivität werden Studien der japanischen Atomenergiebehörde herangezogen, statt die deutlich höheren Berechnungen unabhängiger Institute zu berücksichtigen. Die Strahlendosen der Kraftwerksarbeiter wurden größtenteils direkt von der umstrittenen Betreiberfirma TEPCO übernommen. Die Vielzahl an Berichten über Manipulationen und Ungereimtheiten dieser Messwerte übersehen die Autoren wohlwollend.

Bei 47 % der untersuchten Kinder in der Präfektur Fukushima wurden Knoten und -zysten gefunden. Bei 33 Kindern stellten die Ärzte jetzt schon Schilddrüsenkrebs fest und mussten die Schilddrüse operativ entfernen, 42 weiteren Kindern mit akutem Krebsverdacht steht eine solche Operation noch bevor. Diese Zahlen entsprechen einer Häufigkeit von 13,0 pro 100.000 Kindern. Vor Fukushima lag die jährliche Zahl der Neuerkrankungen in Japan bei nur 0,35 pro 100.000 Kindern. Die Zahl der Schilddrusenkrebsfälle in Fukushima sind somit besorgniserregend hoch.

Unumstritten ist: jede noch so kleine Dosis von Radioaktivität geht mit einem erhöhten Risiko für Krebserkrankungen einher. Statt die betroffenen Menschen offen über diese Risiken aufzuklären, versuchen die Autoren des Berichts jedoch auf der Basis fragwürdiger Annahmen, selektiver Stichproben und geschönter Strahlendosen die industriegefällige Botschaft zu streuen, dass man in Fukushima noch einmal mit dem Schrecken davon gekommen sei.

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Quelle: ippnw.de, 02.04.2014