Geschacher um Castoren weiter ohne Ergebnis

Ein Bund-Ländergespräch zur Unterbringung der 26 noch aus dem Ausland nach Deutschland zu transportierenden Castorbehälter ist ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Niemand will den Müll haben. Tag für Tag wird in Deutschland trotzdem weiter radioaktiver Abfall produziert.

Wohin mit den 26 Atommüllbehältern aus Sellafield und La Hague? Bei der Frage nach dem Wo gab es auch bei aktuellen Treffen keine Annäherung. Im Gegenteil betonten die Länder mit vorhandenen Zwischenlagern, warum sie ausgeklammert werden müssten. Niedersachsen macht seine Vorbelastung mit der Asse, Schacht Konrad und Gorleben geltend, Mecklenburg-Vorpommern verweist darauf, dass das Zwischenlager Nord bei Greifswald nur für DDR-Müll vorgesehen sei. Bayern und Hessen verweisen zur Zeit noch auf die langen Transportwege.

  • Der Atommüll in den Castorbehältern kommt zu 20 Prozent aus Baden-Württemberg, zu 21 Prozent aus Bayern und zu 23 Prozent aus Niedersachsen.

Nur Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg haben sich schon vor Monaten zur Castor-Aufnahme bereit erklärt – unter der Bedingung, dass noch ein drittes Land mitzieht. Zuletzt war Hessen mit dem Standort Biblis im Gespräch, doch gibt es dort noch keine Zustimmung. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) will in den kommenden Wochen – es heisst „bis Ostern“ in Einzelgesprächen mit den Ministerpräsidenten der betroffenen Länder eine Lösung ausloten.

Castortransporte künftig nicht mehr nach Gorleben? Karte: googleearth

Castortransporte künftig nicht mehr nach Gorleben? Karte: googleearth

Doch die scheint noch weit entfernt, denn nach einer politischen Einigung muss auch der jeweilige Kraftwerksbetreiber, dem die Zwischenlager gehören, überzeugt werden. Die Betreiber kündigen millionenschwere Umrüstungen und langjährige Genehmigungsverfahren an, die eine Einlagerung ab nächstem Jahr – so der angekündigte Zeitplan für die Rückführung des Mülls – unmöglichen machen würden. Und verweisen auf das Zwischenlager Gorleben: dort bestünden nötige Genehmigungen, die Einlagerungsbedingungen sind erprobt und das Endlager wäre vor der Tür…

„Bislang scheint mir die Lösung nicht greifbar“, bilanziert Schleswig-Holsteins Energieminister Robert Habeck (Grüne). Es fehle nach wie vor die klare Bereitschaft anderer Länder, mit Verantwortung zu übernehmen. Es sei doch schließlich „deutscher Atommüll, und wir müssen ihn irgendwo unterbringen“.

Thomas Lenz, Staatssekretär im Innenministerium von Mecklenburg-Vormpommern, schließt eine Lagerung im Zwischenlager Nord bei Greifswald-Lubmin aus: Es brauche „niemand ernsthaft zu glauben, dass wir in Ostdeutschland die westdeutschen Atomprobleme lösen“, sagte er dem „Nordkurier“ am Freitag. Außerdem benötige das Zwischenlager „eine komplett neue Genehmigung mit einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung und den vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren“, was eine Einlagerung ab 2015 nicht möglich mache. Das Bundesumweltministerium habe laut Hinz „erkennen lassen, dass es diese Argumente nachvollziehen könne“.

Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth betonte nach dem Treffen: „An einer Stelle wird sich irgendjemand bewegen müssen“, nach Analyse von Transportwegen, Stellplätzen und technischen Voraussetzungen sei das Bild aber „nicht klarer, sondern komplexer“. Zu Ostern soll ein Ergebnis vorliegen. Klappt das nicht, könnte Berlin ein Machtwort sprechen.

Atomkraftgegner fordern erneut, dass die Produktion von immer neuem Müll in den letzten neun AKW sofort beendet werden muss. Wenn es nichtmal möglich ist, eine Lösung für die im Vergleich zur Endlagerung nur kurzfristige Zwischenlagerung von bestehendem Atommüll zu finden, ist es absolut verantwortungslos, Tag für Tag weiteren radioaktiven Abfall zu produzieren. Zudem muss allen Beteiligten klar sein: finden sich keine alternativen Lagerorte, dann wird die Lösung Gorleben heissen. Eine Lücke im Atomgesetz kann einen weiterer Atommüllzug ins Wendland sogar möglich – doch eine neue Endlagersuche dann unmöglich machen.

  • 26 Castoren sind nur die Spitze des Eisbergs
    14. Februar 2014 – Seit fast einem Jahr streiten sich Bund und Länder um 26 Castor-Behälter. Keiner will sie gerne haben. Bis Ostern soll nun eine Entscheidung gefallen sein, wohin die Behälter rollen. Nicht nach Gorleben, darin sind sich die beteiligten Politiker einig. Atomkraftgegner bemängeln, dass niemand über den Atommüll spricht, der in den noch laufenden Atomkraftwerken entsteht.
  • Castor-Kuddelmuddel: Antwort des BfS wirft neue Fragen auf
    7. Februar 2014 – Für die Gorleben-Gegner ist der angekündigte Castor-Stopp eine Beruhigungspille. Es solle abgelenkt werden von dem politischen und geologischen Desaster, dass Gorleben als Endlagerstandort in einem Suchverfahren fortgeschleppt wird.
  • Gorleben: Laut Betreiber sind künftige Castortransporte “gesetzlich ausgeschlossen”
    27. Januar 2014 – Kein Castor soll mehr nach Gorleben rollen, so haben es die Peter Altmaier (CDU), Stephan Weil (SPD) und Stefan Wenzel (Grüne) im Rahmen des “Neustarts der Endlagersuche” versprochen. Das Atomgesetz wurde entsprechend novelliert. Doch Atomkraftgegner haben Zweifel. Die will der Betreiber des Zwischenlagers nun offenbar ausräumen.
  • Gesetzeslücke ermöglicht neuen Castortransport nach Gorleben
    16. Januar 2014 – Ein gebrochenes Versprechen: Die Bundesregierung hat versichert, dass keine Castoren mit Atommüll mehr ins Zwischenlager Gorleben rollen dürfen. Eine Greenpeace-Kurzexpertise belegt aber: Nach derzeitiger Gesetzeslage fällt ein im Jahr 2015 aus Frankreich anstehender Transport nicht unter die Neuregelung des Atomgesetzes – weil es sich um eine andere Kategorie Atommüll handelt.

Quelle (Auszug): taz.de, dpa, nordkurier.de; 14./15.03.2014